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Es ist 2017 und rechte Gamer nehmen die Nazis im neuen Wolfenstein in Schutz

Eine afroamerikanische Rebellenführerin und ein Kommunist sind offenbar zu viel für die Alt-Right-Anhänger, die massenhaft die Kommentare zum neuen Wolfenstein-Trailer spammen.
Screenshot: Youtube

Sonntagabend stellte Bethesda Softworks im Zuge der weltgrößten Videospielmesse E3 seine neuen Games vor. Darunter ist auch die sehnlich erwartete Fortsetzung von Wolfenstein: Wie es sich angesichts der jahrzehntelangen Tradition des Ego-Shooters gehört, gehen die Protagonisten auch in Wolfenstein II: The New Colossus wieder munter auf Nazi-Jagd.

Das ist der Trailer für Wolfenstein II: The New Colossus, der rechte Gamer gerade zum Ausrasten bringt. Viele der Kommentare finden sich unter dem Enthüllungstrailer von Bethesda Softworks, der in Deutschland jedoch nicht verfügbar ist.

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Doch gerade diese recht eindeutige Storyline gefällt einigen Menschen da draußen offensichtlich ganz und gar nicht. Der Grund dafür ist nicht etwa, dass das Spiel die Schrecken des Zweiten Weltkriegs herunterspielen oder Gewalt verherrlichen würde – eher im Gegenteil: Das Spiel scheint bei den Anhängern der Alt-Right einen wunden Punkt getroffen zu haben.

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Offenbar ist die neurechte Online-Bewegung, die Anhänger von Nazi-Ideologien, Verschwörungstheoretiker, Trolle und junge Trump-Fans verbindet, wütend darüber, dass das "politisch korrekte" Spiel Nazis degradiere und "anti-weiß" sei.

Dieser Unmut zeigt sich schon anhand einiger Reaktionen und Kommentare auf den Wolfenstein-Trailer, die auf 4Chan, Reddit und YouTube zu lesen sind:

"Wolfenstein 2: Sei ein Weißer 'Ally' in Drumpfs Amerika", schreibt Redditor lyra833, der sich auch sonst eher Pro-Trump und "Anti-SJW" gibt. Auch antisemitische Kommentare finden sich unter dem internationalen Trailer für das neue Wolfenstein: "Wir brauchen eine Revolution gegen Juden in Amerika. Sie sind es, die dieses Land besetzen", schreibt etwa ShadyxFiascoX 32, und bekräftigt auf Nachfrage eines anderen Nutzers mit einem Spongebob-Patrick-Avatar, dass das schon das richtige Video für einen solchen Kommentar sei. Es ist allerdings inzwischen schwer zu sagen, wie viele Kommentare von Menschen stammen, die sich wirklich mit den Wolfenstein-Nazis identifizieren, und wie viele bloß Shitposting betreiben. So distanziert sich lyra833 später von den eigenen Kommentaren und gibt zu, einfach überreagiert zu haben.

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Wolfenstein II: The Colossus ist das Sequel zu Wolfenstein: The New Order von 2014. Beide Spiele basieren auf Wolfenstein 3D von 1992, welches als einer der ersten Ego-Shooter das Genre bedeutend prägte. Im Wesentlichen unterscheidet sich The Colossus nicht groß von seinem Vorgänger oder dem Original: Die Handlung spielt in einer Alternativwelt, in der die Nazis den Zweiten Weltkrieg gewonnen haben und nun über die USA herrschen. In der Rolle des William "B.J." Blazkowicz organisiert der Spieler eine Widerstandsbewegung und versucht, so viele Nazis wie möglich auf grausame und blutrünstige Weise zu töten.

Warum fühlen sich die Alt-Right also ausgerechnet von diesem Spiel angegriffen? Ein Grund ist anscheinend eine Szene aus dem Trailer, in dem man zwei KKK-Mitglieder in weißer Kapuzenkluft in freundschaftlicher Unterhaltung mit einem Nazi-Offizier sieht. Viele Kommentatoren scheinen an dieser Gleichstellung Anstoß zu nehmen. Scheinbar glauben sie nicht, dass die Bestrebungen der Nazis mit der Ideologie des KKK gleichzusetzen sind – gleichzeitig ist von den erzürnten Kommentatoren aber auch kein schlechtes Wort über die Nazis zu vernehmen.


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Außerdem werden im Trailer zwei Charaktere vorgestellt, die der Alt-Right gehörig gegen den Strich gehen: Eine Afroamerikanerin, die anscheinend eine Rebellenführerin im Kampf gegen die Nazis ist, und ein weißer Südstaatler, der einige Bemerkungen über das "Proletariat" fallen lässt und gegen die Wall Street und den Imperialismus wettert. Bei der Rebellenführerin wittern die empörten Kommentatoren Rassismus gegen Weiße, weil sie Blazkowicz als "white boy" beziehungsweise in der deutschen Synchronfassung als "Weißbrot" bezeichnet. Und der Südstaatler ist Kommunist, was in den Augen der empörten Kommentatoren scheinbar tausendmal schlimmer zu sein scheint, als Nazi zu sein.

Offenbar ist die Netzkultur und insbesondere die Gaming-Kultur 2017 an einem Punkt angelangt, an dem Leute öffentlich Nazis verteidigen. Wie auch Whitney Phillips kürzlich in einem Beitrag für Motherboard schrieb, ist es sehr schwer, wenn nicht sogar unmöglich, zu unterscheiden, welche der Online-Kommentare ernsthaft Nazi-Ideologien unterstützen und welche Kommentare einfach nur provozieren sollen. Doch wenn man sich die aktuelle Empörungswelle gegen Bethesda anschaut, ist diese Unterscheidung eigentlich auch überflüssig, denn das Ergebnis bleibt dasselbe: Eine laute Horde im Netz meint, dass es unfair sei, Nazis als Bösewichte darzustellen.