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Eine einzige fehlgeleitete Rakete könnte Gravity zur Realität machen

Böswillige Raketenbesitzer könnten eine schrottige Kettenreaktion auslösen, die Teile des nahen Erdorbits für die gesamte Menschheit unbrauchbar machen würde.
Eine amerikanische Anti-Satelliten-Rakete, von der Navy 2008 gestartet. Bild: US Navy

Spätestens seit dem Film Gravity wissen wir das Weltraumschrott eine echtes Problem sein kann—und das Szenario garnicht allzu weit vom echten Astronautenleben entfernt ist. Und zwar nicht nur für Weltraumspaziergänger, sondern für alles was auf Erdumlaufbahnen herumfliegt. Denn der Abschuss eines einzigen fehlgeleiteten Satelliten könnte genügen, um eine unkontrollierbare Kettenreaktion auszulösen bei der der Schrott von einem Satelliten schließlich mehrere weitere abschiesst.

Inzwischen häufen sich auch in der Tagespolitik die Hinweise das gefährliche Weltraumereignisse wahrscheinlicher werden. Obwohl die USA stolzer Besitzer von 46% aller Satelliten sind, und seit 50 Jahren den erdnahen Weltraum dominieren, besitzen oder entwickeln viele weitere Staaten Systeme, die Satelliten zerstören können. Unter diese Staaten tummeln sich natürlich die üblichen Verdächtigen, die George Bush sicher auch in diesem Fall in Windeseile auf irgendeiner Art von moralischer Achse zusammengefasst hätte: China, Nord Korea und der Iran.

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China zeigt sich dabei als besonders schießwütig—schon 2007 zerstörte das Land als freundliche Geste der Macht einen Satelliten, was mehr als 3000 detektierbare Teile an Raumschrott hinterliess, die bis heute um die Erde kreisen. Und im vergangenen Mai haben die Chinesen eine Rakete vom Xichang Satellite Launch Center in den Himmel geschossen, deren genaue Mission immer noch ungeklärt ist.

Zivile Analysten und Space-Enthusiasten sind oft die besten Spione bei chinesischen Raketenstarts. Brian Weeden nutzte Google Earth, um dieses Bild chinesischer Abschussrampen in Xichang zu zeigen. Bild: Secure World Foundation

Aufgrund von Amateurbeobachtungen wird aber mittlerweile angenommen, dass mit der Rakete der Abschuss von Satelliten im mittleren Erdorbit (20350 km über uns) getestet wurde—jener Raumschale um unseren Planeten, in der die meisten GPS-Satelliten kreisen. Zivile Enthusiasten haben sogar die vermuteten Startrampen in China mithilfe von Google Earth ausgemacht—wie auf dem Bild oben zu sehen ist.

Zu dieser Aktion Chinas sagt Brian Weeden, Technologieberater für die Secure World Foundation in seinem Artikel vom März 2014: „Auch wenn es keine eindeutigen Beweise gibt, so weisen die meisten Indizien dennoch darauf hin, dass Chinas Test Teil eines Antisatellitenssystems (ASAT) war, dass den mittleren und sogar den geostationären Orbit (in 37586 km Höhe) erreichen könnte.”

Das folgende Bild zeigt die Flugbahn der Rakete (A) und die Umlaufbahn eines Satelliten (B), der sich lediglich durch Zufall gerade nicht am Schnittpunkt der beiden Bahnen befand.

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Experten glauben, dass dies (A) die Flugbahn war China's im Mai 2013 getesteter Rakete. B: Flugbahn eines Satelliten. Bild: Secure World Foundation

Auch die Nordkoreaner schlafen nicht. Erst vor zwei Jahren haben sie Ihren ersten Satelliten ins All befördert, könnten aber bereits jetzt ihre Raketen für Abschüsse modifizieren. Und der Iran plant ein Raumüberwachunszentrum, dessen Aufgabe es sein wird herauszufinden, welche Satelliten über das Land fliegen.

Falls der Iran die Satelliten nicht mag ist es möglich, dass sie nicht lange fackeln und sie zerstören”, schreibt Micah Zenko, ein Expert der Konfliktprävention vom Council on Foreign Relations. „Irans ASAT-Fähigkeiten könnten sich dramatisch verbesser, sollten sie ihrer Ankündigung folgen ein Überwachungszentraum zu bauen.” fährt Micah fort.

Bisher jedenfalls wurde die Sicherheit des Erdorbits von den grossen weltpolitischen Mächten im All so erhalten wie es schon im kalten Krieg funktionierte—mit der gegenseitigen abschreckenden Versicherung sich vollständig zu zerstören, sollte einer es wagen als erster zu schiessen. Bisher funktionierte das auch auf den Erdumlaufbahnen. Allerdings haben kleinere Akteure, wie Nordkorea und der Iran, dort gegenüber den USA extrem wenig zu verlieren. Und nach Micah Zenko sind diese ganz nah an den Technologien, die man braucht um wenigstens einen Satelliten zu zerstören, zu besitzen.

Und wie Gravity es uns gelehrt hat könnte das durchaus reichen, um eine Menge Schaden anzurichten. Zwar hat die NASA immer noch einen ganz guten Überblick über den momentan umherrasenden Satellitenmüll der Chinesen und anderer. Aber nur wenige weitere schwebende Müllhaufen, ob nun bewusst oder aus Versehen produziert, könnten die Nutzung bestimmter Teile des Erdorbits vollständig verunmöglichen. Und die Wahrscheinlichkeit solcher Ereignisse steigt leider auch proportional mit dem Vormarsch der immer billiger werdenden kommerziellen Raumfahrt.

Eine eindeutige Lösung dieses Problems ist bisher nicht in Sicht—abgesehen von dem wohlwollenden Appell sich gegenseitig nicht so sehr aufzureiben, dass jemandem die Sicherung durchbrennt und uns allen die Nutzung des erdnahen Weltraums auf Dauer versaut wird.