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Darauf haben wir gewartet—ein selbstgemachtes Magazin über Zombies

Dass Zombies ein eigenes Magazin verdient haben, ist klar. Dass dieses Magazin DIY sein muss, natürlich auch. Wir haben mit Markus Haage, dem alleinigen Herscher von DER ZOMBIE, gesprochen.

Horrorfans teilen mit Metalfans das Schicksal, von der Mehrheit ihrer Zeitgenossen nicht für ganz voll genommen zu werden. Und das nur weil jemand einen Torture-Porn-Streifen einer Romantic Comedy vorzieht? Jeder hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Das dachte sich auch Markus Haage und beschloss, sein eigenes Filmmagazin zu machen.

Zombie lautet der Titel, und der ist durchaus programmatisch zu verstehen. Wie Der Spiegel oder Focus, meint Markus zu mir. Der Junge hat also schon mal Humor, was auch für sein Magazin gilt, das sich vom Rest deutscher Horrorpublikationen durch seine brutale Subjektivität unterscheidet. Markus hat das Heft nämlich in Eigenregie produziert, was in Zeiten von Facebook und Twitter irgendwie niedlich anmutet, aber unseren vollsten Respekt verdient. In der ersten Ausgabe gibt es ein umfangreiches, sorgfältig recherchiertes Special über Sam Raimis Evil Dead-Trilogie, das sich gut liest. Außerdem kurze, nicht ganz unironische Besprechungen von Horror- und Actionfilm-Klassikern wie Dämonen 2 oder Universal Soldier (je, genau: Dolph Lundgren vs. Jean-Claude Van Damme) sowie eine Hommage an das VHS-Videoformat (sozusagen das Stahlbad für jeden Horrorfan über 30). Fans durften auch mitmachen und Cover-Artworks ihrer Wunschfilme gestalten. Markus will sein Heft trotz des Titels aber nicht als reines Horrormag verstanden wissen.

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Romantic Comedys, schätzen wir mal, sind aber auch in der zweiten Ausgabe, die bereits in der Mache ist, eher nicht zu erwarten. Wir haben mit ihm anlässlich der ersten Ausgabe über die Leiden des jungen Horrorfans, die Zukunft von Horrormagazinen und die anhaltende Zombie-Apokalypse in den Multiplexkinos gesprochen.

Markus Haage

VICE: Gratulation zur ersten Ausgabe von Zombie. Du bist Herausgeber, einziger Autor, Graphiker, machst die Anzeigenakquise und vertreibst das Heft selbst. Steht dahinter der alte DIY-Gedanke oder war das eher aus der Not geboren?
Markus Haage: Ich hatte im ersten Heft einen Gastautoren. Der Ansatz war eher aus der Not geboren, weil ich kein Geld hatte, um jemanden für das Layout zu bezahlen. Aber es war auch eine Herausforderung. In dem Heft steckt viel Herzblut. Aber das ist bei diesen Nischenmagazinen auch wichtig, man muss immer den Kontakt zum Leser halten. Diese Nähe ist schon auch die Idee dahinter. Die Fans konnten zum Beispiel im Vorfeld auf Facebook über das Cover der ersten Ausgabe entscheiden. Das Heft weiter zu professionalisieren, würde der ganzen Idee eigentlich zuwiderlaufen.

Wie kommt man eigentlich auf die Idee, heute noch ein Horrormagazin zu machen—und nicht gleich einen Filmblog? 
Ja, der Markt ist eigentlich dicht und einige der großen Mags haben in den letzten Jahren ja auch schon schlapp gemacht. Aber als Nischenmagazin richten wir uns an eine ziemlich treue Zielgruppe. Solange ich das Heft in Eigenproduktion herstellen kann und selbstvertreibe, rechnet sich das einigermaßen. Bisher habe ich knapp 2000 Hefte verkauft, darum werde ich bei der zweiten Ausgabe, an der ich schon wieder arbeite, mit einer Auflage von 2500 einsteigen.

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Erste Ausgabe

Die legendäre Splatting Image, an die mich dein Heft erinnert, gibt es seit Kurzem auch nur noch in digitaler Form.
Das hatte ich mir anfangs auch überlegt. Einige Leser drängen mich sogar schon dazu, Zombie als Kindle-Version rauszubringen. Aber das Heft ist eigentlich für Sammler gedacht. Ich sammle selbst alte Zeitschriften und es ist einfach was Anderes, wenn man den kompletten Jahrgang eines Magazins im Regal stehen hat. Irgendwann plane ich für Zombie auch einen Sammelordner.

Und warum der Titel „Zombie“? Deine erste Ausgabe deckt ja ein viel breiteres Spektrum ab.
Die Antwort auf die Frage ist ganz banal. Ich wusste lange nicht, wie ich das Magazin nennen sollte. Und da die Zombie-Filme von George Romero zu meinen Lieblingsfilmen gehören, habe ich mich schließlich für diesen Titel entschieden. Viele denken daher auch, Zombie sei ein reines Horrormagazin. Davon würde ich aber eigentlich gerne weg. In Zombie soll alles vorkommen, was im weitesten Sinne mit dem Fantastischen Film zu tun hat.

Ein Print-Fanzine zu machen, ist heute ja an sich schon ein nostalgisches Unternehmen. Im Heft drehen sich dann die meisten Themen auch um Horrorklassiker, 80er-Jahre-Actionfilme und die guten alten VHS-Videos.
Ja, thematisch richtet sich die erste Ausgabe an eine Zielgruppe, die mit diesen Filmen aufgewachsen ist. Die VHS-Kassette spielt in dieser Sozialisation eine entscheidende Rolle. Ich bin in einer niedersächsischen Kleinstadt aufgewachsen, meine einzige Bezugsquelle war Anfang der Neunziger Jahre unsere Videothek. Ich kann diese Faszination für VHS gar nicht richtig erklären. Es hat wohl damit zu tun, dass man etwas in der Hand halten möchte, das auch einen persönlichen Wert besitzt und physisch immer präsent ist—und nicht bloß in einem Download-Ordner steckt.

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Ist diese Faszination heute überhaupt noch nachvollziehbar? Diese Horrorstreifen in der westdeutschen Provinz über die obskursten Kanäle zu besorgen, grenzte damals ja fast an Beschaffungskriminalität. Es dauerte Monate, bis man endlich Peter Jacksons Braindead in dritter VHS-Generation mit holländischen Untertiteln aufgetrieben hatte.
Der Reiz bestand für uns ja auch darin, diese Filme zu finden. Ich erinnere mich, dass ich Evil Dead erstmals auf einer völlig ausgenudelten VHS-Kassette fast ohne Farbe gesehen habe. Das war ein großes, prägendes Filmerlebnis. Heute versteht das niemand mehr. Da findet man die bei uns immer noch verbotene Fassung mit zwei Klicks auf YouTube.

Zweite Ausgabe

Denkst du, dass sich jüngere Horrorfans diese Filme heute anders ansehen als wir früher?
Man kann heute einfach in viel kürzerer Zeit viel mehr Filme konsumieren. Das macht sie, egal wie gut sie sind, etwas beliebiger. Der Aufwand, den man betreiben musste, um die Filme zu finden, war ja Teil der Erfahrung, wenn man einen Film schließlich zu sehen kriegte. Das hatte schon auch was Romantisches.

Heute sind Zombies im Mainstreamkino omnipräsent, und das Remake von Evil Dead läuft in jeder Kleinstadt im Multiplex. Was sagst du als alter Romero-Fan dazu?
Ich bin zwiegespalten. Auch Romero hat ja den ursprünglichen Zombie-Begriff, der aus der karibischen Voodoo-Tradition stammt, verändert, von daher stehe ich Entwicklungen offen gegenüber. Am Ende entscheidet die Qualität. Ich fand zum Beispiel 28 Days Later großartig, das war thematisch etwas total Neues. Grundsätzlich begrüße ich die Zombie-Welle, weil ich die Hofnung habe, dass in der Masse dieser Filme dem Genre viele neue, interessante Aspekte abgerungen werden. Warm Bodies zum Beispiel hat mir extrem gut gefallen. Ich kenn aber auch genug Horrorfans, die den guten alten Romero-Zombie für sich behalten wollen. Aber der Zombie ist unwiderruflich im Mainstream angekommen. Das war im Zeitalter des Internets, das von den Geeks beherrscht wird, wohl unausweichlich. Geeks lieben Zombies.

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Du hast also kein Problem mit der neuen Spezies des schnellen, ultra-aggressiven Zombies? Romeros schlurfende Zombie waren ja auch eine Gesellschaftskritik, sie personifizierten die Klasse der Unterprevilegierten und Rechtlosen. 
Das ist natürlich richtig, im klassischen Zombie-Film scheitern die Menschen, nicht die Zombies, wohingegen im aktuellen Zombie-Film die Untoten als anonyme Bedrohung dargestellt werden. Das war im Genre aber eigentlich schon immer so. In den letzten Jahren kamen wieder unglaublich viele B-Movies raus, die erzählerisch nicht besonders originell waren. Das läuft dann meist auf dieselbe Situation hinaus: Eine Gruppe Menschen ist irgendwo eingeschlossen und muss möglichst kreative Wege finden, möglichst viele Zombies abzuschlachten.

Das Besondere am Zombie ist für mich sein sozialer Status. Der Vampir zum Beispiel stammt aus einer ganz anderen gesellschaftlichen Schicht. Gibt es unter Horrorfans eigentlich dogmatische Zombie- und Vampir-Fraktionen?
Das würde ich nicht sagen, aber es gibt natürlich Fans mit starken Präferenzen. Ich kann mit Zombies auf jeden Fall mehr anfangen. Das liegt vielleicht auch daran, dass der Zombie eine anarchische Figur ist. Er lebt außerhalb der gesellschaftlichen Konventionen.

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