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Die Polizei hat das Haus des vermeintlichen Bitcoin-Erfinders gestürmt

Ist der Tech-Unternehmer Craig Wright das Bitcoin-Phantom Satoshi Nakamoto? Vieles deutet darauf hin, doch den letzten Beweis bleiben bislang alle schuldig.
Das ist der Bitcoin-Experte Herr Wright, aber ist er auch Satoshi Nakamoto? Bild: Screenshot Youtube/ bitcoininvestor.com

Nur wenige Stunden, nachdem die Magazine Wired und Gizmodo unabhängig voneinander berichtet hatten, hinter dem mysteriösen Bitcoin-Erfinder „Satoshi Nakamoto" stecke in Wirklichkeit ein australischer Geschäftsmann namens Wright, durchsuchte die australische Polizei am Mittwochnachmittag (Ortszeit) ein Backsteinhaus in Sydney.

Die Forensiker trugen dabei jede Menge Computerequipment aus Haus und Garage, welches der Bewohner hier samt einem dreiphasigen Stromanschluss installiert hatte—wie der Besitzer des Gebäudes gegenüber Reuters bestätigte.

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Gemeldet ist in dem Haus ein gewisser Craig Stephen Wright, seines Zeichens Tech-Unternehmer. Ob es sich bei den beschlagnahmten Geräten unter anderem um den Supercomputer zum Mining für einen Bitcoin-Millionenschatz—Dinge, die Nakamoto angeblich besitzt— handelt, ist bisher nicht geklärt.

Eine Mail von „Wright", die dem Magazin Gizmodo zugespielt wurde. Bild: Screenshot Gizmodo

Die australische Bundespolizei beteuerte gegenüber Reuters allerdings, dass die Razzia in Wrights Haus „nichts mit den Medienberichten vom Vortag zum Thema Bitcoin zu tun" habe, sondern in Zusammenhang mit möglichen Steuerstraftaten stünde. Auch das Büro des Australiers wurde von der Polizei durchsucht.

Die Identität des Erfinders von Bitcoin ist ein gut gehütetes Geheimnis, das Krypto-Fans und Journalisten gleichermaßen seit Jahren zu knacken versuchen—und bislang immer gescheitert sind. Selbst ein angeblicher Scoop der Newsweek, die einen Mann an der Westküste angeblich als Nakamoto identifiziert haben wollte, stellte sich später als Ente heraus—peinlich für das Nachrichtenmagazin, das einen Unbeteiligten regelrecht gejagt hatte.

Nicht jeder will Bitcoin, aber alle machen Wind um die Blockchain—wieso?

„Satoshi Nakamoto" ist eine Gruppe oder ein Mensch, der als Autor des Bitcoin-Protokolls und Papers gilt und der staaten- und bankenunabhängigen Währung zum Aufschwung verholfen hat. Als früher Bitcoin-Miner hätte „Nakamoto" ausgesorgt, wie der Bitcoin-Experte Sergio Damian Lerner berichtete: Nakamoto besitze rund eine Million Bitcoin, die zum derzeitigen Wechselkurs rund 400 Millionen Dollar wert sind. Eine Sicherheit über die Identität des größten Bitcoin-Paketbesitzers wäre somit letztlich auch für die Zukunft der Kryptowährung wichtig.

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Die beiden US-Onlinemagazine stützen ihre Behauptungen, dass Craig Stephen Wright der geheimnisvolle Bitcoin-Erschaffer sei, auf ihnen zugespielte Dokumente und die Enthüllungen eines Hackers.

„Ich hab nach Kräften versucht zu verstecken, dass ich seit 2009 hinter Bitcoin stecke, aber ich glaube, am Ende wird die halbe Welt das verdammt nochmal wissen."

Zwar tritt Wright nicht besonders prominent auf, doch ist er kein Unbekannter in der Bitcoin-Szene: Im Oktober bestritt er in einem Bitcoin-Panel einen Auftritt als Experte einer Konferenz über die Kryprowährung. Als die Moderatorin ihren per Video aus London zugeschalteten Gast fragt, wie seine Beziehung zu Bitcoin genau aussähe, gerät er ins Stottern. „Äh. Ich habe damit schon länger was am Hut… ich versuche, kein zu großes Aufhebens zu machen…" Mit dem Pseudonym Satoshi Namamoto wurde er allerdings zuvor noch nie in Verbindung gebracht.

Gizmodo hatte am 12. November Tipps per E-Mails erhalten, in denen Wright sich als Bitcoin-Erfinder zu erkennen gibt. In einer Email von März 2008 schreibt der Absender Craig S. Wright an seinen Geschäftspartner (und mutmaßlichen Mitgründer) Dave Kleinman: „Ich brauche deine Hilfe mit einem Paper, das ich Ende des Jahres rausbringen möchte. Ich habe an einer neuen Art elektronischer Währung gearbeitet. Bit cash, Bitcoin… (…) Ich kann das nicht unter meinem Namen veröffentlichen. (…) Ich brauche deine Hilfe und damit das funktioniert, brauche ich eine Version von mir, die besser ist als ich. Craig".

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In einer weiteren Email an Dave Kleinman schrieb Wright: „Ich kann den Satoshi-Teil nicht mehr machen. Die hören nicht mehr zu. Ich bleibe besser ein Mythos."

Gizmodo veröffentlichte Screenshots dieser Mails in einem Video, in dem sich ein australischer Reporter an die Tür von Wrights Wohnhaus in Sydney schleicht. Dort wimmelt eine Frau namens Ramona den stalkenden Journalisten höflich, aber bestimmt ab.

Wired schreibt, dass ein Teil des Dokumentenpakets eine Erklärung Kleinmans sei, in der er die Kontrolle über einen Fonds mit 1,1 Millionen Bitcoin übernehmen wollte. Unterdessen starb der vermeintliche Mitgründer Dave Kleinman, ein querschnittsgelähmter Army-Veteran, 2011 zurückgezogen zwischen leeren Flaschen und einer geladenen Waffe in den USA—sein Bitcoin-Vermögen belief sich womöglich auf mehrere hundert Millionen Dollar.

Wright ist der Vorsitzende einer australischen Firma namens DeMorgan Ltd., die sich laut Eigenbeschreibung mit „alternativen Währungen" beschäftigt. Auf Websites seiner vielen selbstgegründeten Unternehmen jedoch gibt sich Wright weniger bescheiden und bezeichnet sich als: „nachweislich weltweit führender IT-Experte". Auch selbst veröffentlichte er Artikel bei The Conversation; zumeist solche, die sich gegen das Hackerkollektiv Anonymous richten. Seine LinkedIn-Seite legt wiederum nahe, dass er bereits mit der Führungsriege der NSA zusammengearbeitet hat:

Screenshots von Wrights LinkedIn-Profil.

Gerade in Australien wird die Debatte um Bitcoin sehr lebhaft geführt. Die australische Steuerbehörde wollte Bitcoin als Vermögen klassifizieren anstatt als Währung, um den Besitz zu versteuern—und im Zuge der Regulierungsdiskussion sah sich Wright (als CEO der Bitcoinfirma DeMorgan) offenbar mit seinem Anwalt bei einem Termin bei der Steuerbehörde wieder, bei dem er ganz lässig fallen ließ: „Ich hab nach Kräften versucht zu verstecken, dass ich seit 2009 hinter Bitcoin stecke, aber ich glaube, am Ende wird die halbe Welt das verdammt nochmal wissen". Diese Information geht aus einem vermeintlichen Transkript der Sitzung hervor, dass der Hacker-Informant dem Magazin Gizmodo in PDF-Form neben den E-Mails von „Nakamoto" bzw. Wright zuspielte.

Wie genau der Hacker, der Gizmodo die Informationen zugespielt haben soll, an diese gelangt sein sollte, ist nicht genau geklärt. Beide Medien haben bereits eingeräumt, dass sie die Echtheit der Dokumente nicht verifizieren können. Aus genau diesem Grund habe er die ihm bereits im Oktober angebotenen Unterlagen letztlich abgelehnt, schreibt derweil Nathaniel Popper von der New York Times.

Oder die Sache liegt ganz anders, meint Kashmir Hill bei Fusion und verweist auf den Umstand, wie Wright geoutet wurde: Der Leaker könnte vielleicht sogar Wright selbst sein. Ein letzter Beweis ist das allerdings auch nicht. Der PGP-Schlüssel, der in den Emails mit Satoshi Nakamoto in Verbindung gebracht wird, lässt sich nämlich auch ganz einfach von einem Dritten auf einen Keyserver hochladen und rückdatieren. Es bleibt also bislang nicht viel Gesichertes:

„Entweder ist Wright der Erfinder der Bitcoins oder er ist ein brillanter Lügner, der wirklich will, dass wir glauben, er sei es", resümiert Wired.