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Happy-End im Hacker-Krimi: Die Firma ohne Menschen rettet 53 Mio. Dollar

Ethereum hat soeben einen kontroversen Hard Fork überstanden.

Die Kryptowährung und Code-Plattform Ethereum hat am Mittwoch einen der wichtigsten und gefährlichsten Meilensteine für eine jede Software erreicht: Ein „Hard Fork" im Ethereum-Code, durch den zwei unterschiedliche Versionen der Währung Ether entstanden sind.

Der Fork musste durchgeführt werden, um eine Lücke zu schließen, die es einem anonymen Hacker im Juni erlaubt hatte, Ether im damaligen Gegenwert von 53 Millionen Dollar von der DAO zu klauen und

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auf ein Unterkonto zu verschieben

. Die Dezentrale Autonome Organisation ist die erste Investment-Firma der Welt ohne Mitarbeiter, die nur als Code existiert und die kurz vor dem Hack das erfolgreichste Crowdfunding der Geschichte für sich entscheiden konnte. Jetzt soll der DAO und den aktiven Mitgliedern das gestohlene Geld zurückerstattet werden.

Durch den Hard Fork gibt es nun zwei Blockchain-Stränge (Blockchains sind die stetig wachsenden Logbücher, in denen jede Ether-Transaktion eingeschrieben ist)—einen mit dem alten Code, und einen mit dem neuen. Ein- und Auszahlungen von Ether auf beliebten Plattformen wie Poloniex und Kraken konnten so lange nicht vorgenommen werden, bis die Ethereum-Community durch ein Software-Update endgültig zur neuen Chain gewechselt war—das Geld des Hackers war also de facto eingefroren.

„Für mich bedeutet dieser Umzug aber nicht, dass wir bei allen zukünftigen Vorfällen auf der Ethereum-Blockchain wieder einen Fork vornehmen werden."

Vitalik Buterin, einer der Programmierer von Ethereum, erklärte gegenüber Motherboard, dass es „eine klare Gewinner-Chain" gäbe, für die sich 80 Prozent der Community entschieden hätten.

Hintergrund: So funktioniert die DAO, die erste Firma ohne Menschen

„Ich freue mich sehr, dass die Community das gemeinsam bewältigt und einen so reibungslosen Wechsel ermöglicht hat", schrieb Buterin. „Für mich bedeutet dieser Umzug aber nicht, dass wir bei allen zukünftigen Vorfällen auf der Ethereum-Blockchain wieder einen Fork vornehmen werden."

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So lief der Hack ab, der die DAO fast zerstört hätte

Dieses Mal habe Ethereum nochmal „großes Glück" gehabt, so Buterin. Ein weiterer Hard Fork würde wahrscheinlich nicht so leicht durchzusetzen sein, wenn die Plattform weiter wächst und mehr Investoren mit ihrem Geld der Community beitreten—und so auch Stimmrechte erhalten. Grundlegende Veränderungen am Code, wie sie durch eine Hard Fork vorgenommen werden, sind in der libertär eingestellten Community der Anhänger von Kryptowährungen grundsätzlich sehr umstritten. Zunächst setzten viele in der Szene darauf, dass die Regeln des Codes, so wie sie entwickelt wurden, nicht durch zentrale Vorgabe über die dann abgestimmt wird, geändert werden.

Im Gegensatz zur schnellen Notfallentscheidung in der Ethereum-Community wird bei Bitcoin bereits seit einem Jahr über das Für und Wider eines möglichen Forks der Software diskutiert—bislang ergebnislos.

Doch auch beim Ethereum-Umzug gibt es kritische Stimmen. Einige Nutzer wollen sich weigern, auf die neue Blockchain zu wechseln, indem sie ihre Software nicht updaten—mit der Begründung, dass der Hard Fork die Idee der Unveränderbarkeit der Blockchain aufgehoben hätte.

Dennoch wurde der erfolgreiche Fork von manchen Beobachtern als Sieg für Ethereum gewertet. Ein so fundamentaler Wandel ist ein Prozess, der nur gelingen kann, wenn die gesamte Community zusammenarbeitet und erstens die neuen Bedingungen akzeptiert und dann auch tatsächlich zur neuen Version der Software wechselt.

Zusätzlich stand die Community unter Zeitdruck, da es durch einen festgelegten Code notwendig war, innerhalb eines Monats nach dem Hack im Juni zu entscheiden, wie der nächste Schritt aussehen soll. Andernfalls hätte der Hacker die Millionen vier Wochen nach seinem Angriff vom Unterkonto der DAO weiter bewegen können und das Geld wäre endültig verloren gewesen.

Doch ein erfolgreicher Fork bedeutet nicht, dass Ethereum sich jetzt entspannt zurücklehnen kann. Der Hacker und Forscher von der Cornell University Emin Gün Sirer wies am Dienstag in einem Blog darauf hin, dass der neue Code des Forks abgesehen von dem Fehler, der es dem Hacker erlaubte, die Millionen zu stehlen, von dem Vertrauen in die alte DAO abhängt. Sollte der Fehler aber tiefer liegen, als ursprünglich angenommen, könnte dies Ärger für Ethereum bedeuten. Ein zweites Mal würde sich die Community nämlich wahrscheinlich nicht mehr so leicht von der Notwendigkeit eines Hard Forks überzeugen lassen.

Einige Tauschbörsen für Kryptowährungen sollen seit gestern jedoch bereits wieder Ein- und Auszahlungen von Ether bearbeiten. Auch der Kurs der Kryptowährung steigt nach dem Hard Fork langsam an.

Fürs Erste sieht es also ganz danach aus, als habe Ethereum seine erste Feuerprobe erfolgreich überstanden.