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Niederländischer Bitcoin-Cyborg implantiert sich seine Geldbörse in die Hand

Mit diesem NFC-Mikrochip brauchst du dir nie wieder Sorgen machen, dass du dein Portemonnaie verlierst.
Der Chip in der Hand. Bild mit freundlicher Genehmigung von Martijn Wismeijer

Martijn Wismeijer verwandelt nicht nur deinen miesen Internetauftritt in eine „Kick-Ass-Website", er hat sich in der vergangenen Woche auch zwei Microchips implantieren lassen, mit denen er mobile Bitcoin-Zahlungen erledigen kann. Der niederländische IT-Consultant und Sicherheitsspezialist möchte damit die Alltagstauglichkeit der virtuellen Kryptowährung demonstrieren—und handelt gleichzeitig auch nicht ganz ohne Eigeninteresse. Denn Wismeijer ist ganz nebenbei auch Gründer des Unternehmens Mr. Bitcoin, das einen Art Geldautomaten-Service für Bitcoins anbietet.

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Erfahrene Cyborgs wie  Tim Cannon können ein Lied davon singen, dass dir kein konventioneller Arzt ein technisches Gerät ohne gesundheitlichen Mehrwert unter die Haut einpflanzt. So wandte sich Winsmeijer an die seiner Auskunft nach einzige Person in den Niederlanden, die Erfahrung mit solchen Implantationen hat: den Body Modification-Artist Tom van Oudenaarden vom Piercing Studio Utrecht. Er implantierte Mr. Bitcoin einen NFC (Near Field Communication)-Mikrochip des Modells NTAG216 in seine beiden Hände. Das Modell kann sich jeder geneigte Körperaufrüster längst für schlappe 70 Euro selbst bestellen. Selbstverständlich ließ Winsmeijer die Operation filmen und unterlegte das Video mit einem dramatischen Prodigy-Song:

Der Entwickler des Biohacking-Implantats ist  Amal Graafstra von Dangerous Things, ein Pionier der DIY-RFID (Radio-Frequency Identification)-Bewegung. Der Amerikaner arbeitet längst auch an weiteren Modellen mit mehr Speicherplatz (die dann leider auch größer sein werden). Möglicherweise müssten diese Chips dann unter die Haut gefaltet werden, da eine Injektion bei der geplanten Größe nicht mehr möglich sein wird. Die beiden Implantate von Wismeijers sind zwei mal zwölf Millimeter groß und bestehen aus „biologisch verträglichem" Glas.

„Ich wollte es schon ausprobieren, bevor überhaupt das Blut getrocknet war."

Um mit der Programmierung des Chips zu beginnen, sollte der Neu-Cyborg ein paar Tage warten, bis der erste Schmerz nachgelassen hat und die Wunde verheilt ist. Doch machmal ist die Neugierde einfach zu stark. „Mach das bloß nicht so wie ich", schrieb mir Wismeijer in einer E-Mail. „Ich wollte es schon probieren, bevor überhaupt das Blut getrocknet war. Aber das Implantat ist wie ein neues Mobiltelefon, das erst einmal vollständig aufgeladen sein muss, bevor du es zum ersten Mal einschaltest." Die Wunde musste erst einmal abgeschwollen und verheilt sein, da das Risiko einer Infektion ansonsten zu groß ist und die Hand Fremdkörper abstoßen könnte.

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Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Martijn Wismeijer

Nachdem die aufgerüstete Hand also zur Ruhe gekommen war, konnte Wismeijer endlich seine neuen 888 Bytes Speicher nutzen. „Du musst allerdings ein wenig kreativ sein, um mit so wenig Speicher auszukommen." erzählte mir der Neo-Cyborg. „Ich habe mir die Chips einsetzen lassen, weil ich sie sehr gut in meinem richtigen Leben verwenden kann. Mein Telefon und Tablet sind seit zwei Jahren kompatibel und mit diesen Biohacking-Erweiterungen können wir ausprobieren, was bereits in naher Zukunft so alles möglich oder auch nicht möglich sein wird."

Zum Beginn experimentierte der Bitcoin-affine Niederländer mit den Kryptowährungen, was seiner Aussage nach eigentlich ziemlich einfach funktioniert mit einem NFC-Chip in der Hand: „Du hast zwar keine richtige Geldbörse, aber du kannst deine Bitcoins offline unter der Haut speichern. Noch besser ist es, wenn du deine Passwörter verschlüsselst, denn falls jemand deinen Chip scannt, kommt er trotzdem nicht an deine Daten heran", so Wismeijer. Das Zahlgerät bleibt also weiterhin das Smartphone, aber das Geld kommt nun quasi von den Chips.

„Wenn du damit nicht so hausieren gehst wie ich, gibt es keine diskretere Weise, deine Reichtümer zu verstecken."

„Da nun jeder von meinen Implantaten weiß, habe ich mich entschieden, zur Sicherheit lieber keine Krypto-Münzen mehr drauf zu speichern, aber wenn du damit nicht so hausieren gehst wie ich, wüsste ich keine diskretere Weise, deine Reichtümer zu verstecken." Es ist gut vorstellbar, dass nicht wenige Menschen froh darüber sind, wenn sie nicht mehr auf Banken angewiesen sind und dabei unter Umständen unfreiwillig deren Atombombengeschäfte unterstützen.

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Desweiteren nutzt er die fantastischen Möglichkeiten seines NFC-Chips als Passwortspeicher und als Wecker (natürlich trackt er auch seinen Schlaf). Wismeijer spekuliert längst auf subkutane Glukose-Sensoren, die über einen schlichten Wisch mit dem Smartphone deinen Blutzuckerspiegel preisgeben. Er wünscht sich auch Herzrhythmusmonitore oder andere gesundheitliche Überwachungsgeräte, wie sie längst auch die Wearable-Tracking-Industrie entwickelt.

„Wir werden uns daran gewöhnen wie an Piercings oder Tattoos."

„Stell dir vor, dein Tattoo beginnt rot zu leuchten, wenn du einen Herzinfarkt hast, dann wischst du einmal mit deinem Smartphone drüber und der Notarzt wird gerufen", schrieb mir der Niederländer. „Indem wir diese Biohacking-Initiativen unterstützen, werden sie gesellschaftlich immer akzeptierter. Die Menschen werden sich daran gewöhnen—wie an Piercings oder Tattoos."

Martin ist übrigens nicht der einzige Niederländer, der sich aufrüsten ließ, aber wohl der extrovertierteste: „Wir haben die Implantation an einer Gruppe von Personen durchgeführt und treffen uns bald in Amsterdam zu einer Biohacking-Veranstaltung, um unsere Erfahrungen und Ideen mit dieser neuen Technologie auszutauschen." Ich sehe schon die selbstoptimierten und automatisierten Pubcrawl-Cyborgs durch die Amsterdamer Innenstadt marodieren.