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Dieser Nerd-Papagei zerstört gleich drei Theorien über das Fliegen

Stanford-Forscher haben einen Vogel durch Test-Laser fliegen lassen. Ihre Ergebnisse könnten Auswirkungen auf die Zukunft von Drohnen und Flugrobotern haben.

Screenshot: Youtube

Dieser irgendwie verschroben wirkende Papagei mit Fliegerbrille hat vor Kurzem nicht eine, sondern gleich drei Theorien über das Fliegen zerstört.

In einem Experiment an der Stanford-Universität wollten Forscher herausfinden, ob die drei vorherrschenden Theorien darüber, wie Vögel fliegen, überhaupt stimmen. Die Ergebnisse waren schon alleine deswegen mit Spannung erwartet worden, weil Theorien über das tierische Fliegen vor allem beim Bau von Drohnen und Flugrobotern zum Einsatz kommen. Erkenntnisse etwa darüber, wie Vögel ihr eigenes Gewicht tragen können und welche Luftwirbel sie dabei erzeugen, haben Arbeiten an sogenannten „bio-inspirierten" Robotern vorangebracht, deren Flugmechanik sich beispielsweise an Insekten orientiert.

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Um detailgenau festzustellen, wie ein Vogel abhebt, fliegt und landet, ließ das Team von Eric Gutierrez den Papagei Obi durch eine Wolke aus Aerosolteilchen fliegen. Ein Laser beleuchtet die Teilchen während Obis Flug und sorgt so für eine detailgetreue Visualisierung.

Das Video zeigt in Zeitlupe, wie Obi durch die Teilchen-Wolke fliegt und sein Flügelschlag dabei die Teilchen durcheinander wirbelt. Durch die Laserbestrahlung konnten die Wissenschaftler ein präzises Bild des Luftwirbels gewinnen, den Obi beim Fliegen hinterlässt. Laut einer Mitteilung der Standford-Universität erschufen sie damit das genaueste Bild eines Flügelschlages, „das es bis dato gegeben hat".

Obwohl die Wolke an Aerosolpartikeln, durch die der Vogel immer wieder flog, ungiftig ist, hätte der Laser Obis Augen schädigen können. Daher baute der Ingenieur Gutierrez dem Vogel eine Schutzbrille—mithilfe eines 3D-Druckers, der Linse aus einer menschlichen Schutzbrille und etwas Klebeband vom Tiermediziner. Fertig war die kleinste Fliegerbrille der Welt.

Das Ergebnis des Experiments: Nerd-Obi kassierte alle drei vorherrschenden Modelle über das tierische Fliegen. Das junge Forscherteam verglich die Modelle mit ihren Testergebnissen und kamen zu dem Schluss, dass die existierenden Theorien nur sehr ungenau den Auftrieb beschreiben können, den ein Vogel beim Losfliegen benötigt. Die Luftwirbel, die Fliegerbrillen-Obi auf kurze Distanz erzeugte, ließen sich mit keiner der drei Theorien akkurat beschreiben.

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Normalerweise wird der Auftrieb, den ein Flugobjekt erzeugen kann, unter anderem mit Hilfe des Kutta–Joukowski-Theorem, des Vortex-Ring-Modells oder des Momentum-Theorems errechnet. Dabei handelt es sich um aerodynamische oder strömungstechnische Modelle, die zum Beispiel für die Berechnung von Auftriebskräften von Hubschraubern genutzt werden. Diese sind zwar grundlegend für viele Konstruktionen und haben sich auch seit Jahrzehnten bewiesen, sind aber andererseits auch viele Jahrzehnte oder, wie im Falle des Momentum-Theorems, über 100 Jahre alt.

Die Modelle werden allerdings noch heute eingesetzt, um die Tragkraft von Flugobjekten zu berechnen—doch im Fall von Obi mussten die Forscher feststellen, dass die Auftriebswerte, die die Modelle lieferten zu niedrig waren beziehungsweise nur für bestimmte Phasen des Flügelschlags akkurat vorhergesagt werden konnten, wie sie in einem Abstract ihrer Studie schreiben.

Screenshot: Youtube

Laut dem beteiligten Wissenschaftler David Lentink hat Obis Kurzflug nicht nur die Unzulänglichkeit bisheriger Modelle für tierische Flugeigenschaften belegt, sondern auch die Produktionskonzepte der Drohnenhersteller. „Viele Leute schauen auf die Resultate in der Forschung über den tierischen Flug, um zu verstehen, wie Flugroboter verbessert werden können," sagt Lentink in der Standford-Mitteilung. „Nun haben wir gezeigt, dass die Gleichungen, die bisher verwendet wurden, nicht so zuverlässig sind, wie wir dachten."

Lentink fordert daher neue Studien und neue Methoden, die besser beschreiben könnten, wie Tiere wirklich fliegen. Ob die Fliegerbrille für Papageien damit in Serie gehen könnte, lässt der Wissenschaftler offen.