Erst die Arbeit, dann die Katzenvideos—so könnt ihr euer Gehirn austricksen
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Erst die Arbeit, dann die Katzenvideos—so könnt ihr euer Gehirn austricksen

Schiebt diesen Trick zur Prokrastination lieber nicht auf die lange Bank.

Wenn du das liest, bist du höchstwahrscheinlich ein bisschen faul. Du solltest jetzt gerade vermutlich etwas Wichtiges erledigen. Stattdessen hast du aber lieber auf diesen Link geklickt. Macht nichts – das kennen wir alle.

Seit Jahrhunderten bringt die Tendenz, Dinge ständig auf die lange Bank zu schieben, die Menschheit dazu, alle möglichen Deadlines zu verpassen. Schon in der Antike warnten die griechischen und römischen Gelehrten die Bürger davor, „ihre Arbeit auf morgen und übermorgen zu verschieben", und ziemlich sicher findet man auch in der Bibel eine entsprechende Stelle, in der ein fauler Bauer es ständig vertagt, seine Felder zu besäen und dann im Winter einen schrecklichen Hungertod sterben muss.

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Viele denken, dass dieses Phänomen einzig und allein durch Faulheit und Willensschwäche verursacht wird. Doch tatsächlich spielt sich im Gehirn chronischer Aufschieber unterbewusst eine ganze Reihe biologischer Mechanismen ab.

Bis heute haben Wissenschaftler nicht genau herausgefunden, was im Nervensystem eines Menschen passiert, wenn er das Bedürfnis verspürt, etwas auf morgen zu verschieben. Wie in dieser anschaulichen Erklärung von Shopify gezeigt wird, sind wir aber schon ziemlich nah dran. Eine der vielen Theorien besagt, dass zwei Hirnregionen des Prokrastinierers miteinander konkurrieren, sobald er etwas Wichtiges erledigen muss. Wie Engelchen und Teufelchen flüstern ihm die beiden dann ihre Versuchungen ins Ohr, um ihn zu beeinflussen.

Wenn ihr also etwas Dringendes fertigstellen müsst, sagt euch euer limbisches System—also die Region, die unsere Instinkte und Emotionen reguliert—, dass ihr es vermeiden solltet, weil eure negative Einstellung gegenüber der Aufgabe dem limbischen System vermittelt, dass sie potenziell lebensbedrohlich sein könnte. Es geht also um die Entscheidung „Kampf oder Flucht". Gleichzeitig klappert die rationale Region, der sogenannte präfrontale Cortex, alle Gründe ab, die dafür sprechen, sich direkt an die Arbeit zu machen. Da der präfrontale Cortex aber langsamer als das limbische System arbeitet, schieben wir die Dinge so lange auf, bis er sich schließlich zu Wort meldet und den instinktiven Drang, etwas nicht zu tun, übertönt.

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Der Mensch lernt ja bekanntlich aus seinen Fehlern. Doch offensichtlich ist die Prokrastination—egal wie schwerwiegend ihre Folgen sein mögen—die Ausnahme von dieser Regel. Notorische Prokrastinierer fallen einer nicht voll funktionstüchtigen Rückkopplungsschleife zum Opfer. Laut der Association for Psychological Science bedeutet das, dass wir durch unser paradoxes Verhalten, mit dem wir eigentlich Stress abbauen wollen, am Ende nur noch gestresster sind.

Leider gibt es nur wenige Beweise, die nahelegen, dass wir diese Rückkopplungsschleife „reparieren" könnten. Lediglich das Konzept der „Neuroplastizität" ist ein kleiner Hoffnungsschimmer am Horizont. Zwar ist das Gehirn selbst nicht imstande, sich so wie andere Organe selbst zu regenerieren, doch neurale Bahnen innerhalb des Hirngewebes können während unserer Lebenszeit wachsen und sich neu anordnen. Im Grunde bringt die Neuroplastizität unseren alten Gehirnen also neue Tricks bei.

Wissenschaftler konnte beweisen, dass wir durch Meditation unser Hirn so manipulieren können, dass es Prokrastination gar nicht erst zulässt. Bei buddhistischen Mönchen wurde während ihrer Meditation ein sehr hohes Maß an Gamma-Synchronie beobachtet. Das bedeutet, dass der Austausch zwischen den Neuronen besser kontrolliert werden kann. Wie eine Studie aufdeckte, konnten geübte Mönche nach mehreren Jahren Übung tatsächlich ihre Hirnfunktion verändern und strukturieren.

Mit Meditation kann also auch der Verstand trainiert werden. In einer experimentellen Studie sollten sich die Probanden vorstellen, dass sie die Wahl hätten, eine Hautkrebs-Behandlung hinauszuzögern. Die Teilnehmer berichteten, dass sie viel motivierter für eine Behandlung waren, als sie im Vorfeld über die negativen Konsequenzen eines Aufschubs nachdachten. Durch achtsames Überdenken der Situation gelang es chronischen Prokrastinierern, ihren Drang, die anstehende Aufgabe zurückzustellen, zu überwinden.

Wissenschaftler der Harvard University stellten ebenso fest, dass sich die graue Masse derjenigen, die täglich meditierten, positiv veränderte. Sie fanden heraus, dass diejenigen, die schon seit langer Zeit meditierten, „in den mit Aufmerksamkeit und emotionaler Integration verbundenen Regionen eine Verdickung der Großhirnrinde" aufwiesen.

Ist also eine achtsame Meditation das Patentrezept gegen Prokrastination? Wahrscheinlich nicht wirklich. Doch so lange du es weiterhin aufschiebst, wirst du es niemals herausfinden.