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Warum ‘BioShock’ auch 10 Jahre später noch ein perfektes Spiel ist

Manchmal träume ich noch heute von den Bewohnern der moderigen Neonlicht-Stadt Rapture und ihrer pseudo-utopischen Gesellschaft.
Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von 2K Games

Der erste Teil der BioShock-Reihe war lange eines meiner Lieblingsspiele. Um mein Herz zu gewinnen, muss ein Spiel vor allem zwei Kriterien erfüllen: Es muss mir lange im Gedächtnis bleiben, und ich muss beim Spielen etwas gefühlt haben. BioShock erfüllt beide Voraussetzungen auf so großartige Weise, dass ich selbst heute noch gelegentlich von der dystopischen Unterwasserstadt Rapture träume.

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Bei diesen Träumen stehen jedoch nie BioShocks größenwahnsinnige Charaktere oder der zentrale Plot-Twist im Mittelpunkt. Ich träume von der abgefuckten Welt des Spiels – zerfallen, feucht, vermodert und abstoßend. Eine Welt, in der große Ideen und große Träume ein dramatisches Ende gefunden haben. Eine Welt, in der einst wunderschöne Häuserfassaden und leuchtende Neonschilder vor deinen Augen kaputt gehen. Das Beste daran: Du hast in dieser Welt übermenschliche Kräfte, um deiner Umgebung die Stirn zu bieten.

BioShock kann auch heute noch mit anderen großen Games mithalten; vor allem, wenn man es nicht als Ego-Shooter betrachtet, sondern es als 'Immersive Sim' spielt – also sich von der besonders detailliert simulierten Welt mitreißen lässt. Am meisten Spaß macht es, Maschinen zu hacken oder meine abgefahrenen Superkräfte dazu einzusetzen, das Ökosystem aus dem Gleichgewicht zu bringen. So kann ich zum Beispiel Splicer – das sind mutierte Rapure-Bewohner und die am häufigsten vorkommenden Feinde im Spiel – in flache Gewässer locken und dann unter Strom setzen oder einen Big Daddy in eine tödliche Falle manövrieren.

Zwar gehen die Simulationen nicht ganz so tief wie bei anderen Games des Immersive Sim-Genre á la Dishonored oder Deus Ex, aber trotzdem macht es Spaß, mit diesen Elementen zu spielen. Außerdem bringen sie dem Game die nötige Abwechslung, um es immer und immer wieder durchspielen zu wollen.

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Die dramatischen Szenen und Auftritte finde ich auch heute noch großartig – unvergessen ist mir Sander Cohen, wie er im Fort Frolic theatralisch die Treppe herunterschreitet oder natürlich der zentrale "Would you kindly?"-Moment. All diese Sequenzen sind, genau wie die Schilder und Statuen im Spiel, alles andere als subtil. Man kann dem Spiel vielleicht vorwerfen, hier und da etwas zu dick aufzutragen, aber die gewaltige Inszenierung erfüllt ihren Zweck: Die entscheidenden Szenen haben sich für immer in mein Gedächtnis gebrannt.

Ganz spezielle Shoutouts gehen an den ersten "Boss", den komplett durchgeknallten Möchtegern-Hannibal Lector Dr. Steinman, und an den Wissenschaftler Dr. Langford, der stirbt, während er dir Code in den Nebel von Arcadia schreibt. Und natürlich an Tenenbuam, der dich dazu drängt, die Little Sisters zu retten, damit du nicht zum Kindermörder wirst.

Die sorgfältig ausgearbeiteten Details Raptures Einwohner berühren mich auch heute noch. Auf der Stelle kann ich mich in die pseudo-utopische Gesellschaft hineinversetzen, die so grausam scheiterte und dabei das Leben seiner Einwohner zerstörte. Das Spiel kann regelrecht deprimierend sein, wenn man sich auf die Grundstimmung einlässt und zum Beispiel viel Zeit in den Ruinen verbringt oder sich all die kleinen Geschichten anhört, die von der Entstehung der Big Daddys und Little Sisters erzählen.

BioShock 2 wurde bei seiner Veröffentlichung mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Meiner Meinung nach stellt der Nachfolger jedoch eine fantastische Weiterentwicklung des Spielkonzepts dar, vor allem durch das Jagd- und Fallen-System und aufgrund der viel subtileren moralischen Entscheidungen, durch die der Spieler den Ausgang der Geschichte beeinflussen kann. Für den dritten Teil, Infinite, konnte ich mich jedoch nie richtig begeistern. Das liegt vor allem daran, dass die Handlung darauf besteht, alle Seiten der Geschichte genau zu beleuchten und somit auch die Aktionen der Unterdrücker zu rechtfertigen scheint.

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BioShock 1 ist da weit weniger zynisch, auch wenn es seine ganz eigenen Schwächen hat und an einigen Stellen zu dramatisch ist. Auch wenn Fontaine Idealismus und eine soziale Ader vorgibt, um Andrew Ryan zu stürzen, werden die beiden nicht als ebenbürtig dargestellt. BioShock 1 vermittelt vielmehr die Botschaft, dass unkontrollierter Idealismus und Macht die Menschen korrumpieren kann. Das Spiel behauptet nicht, dass die Unterdrückten genauso schlimm wie ihre Unterdrücker sind. BioShock 1 belässt die Schuld ganz klar bei den Tyrannen, die ihre Macht missbrauchen, selbst wenn sie sich hinter dem schönen Schein ihrer brennenden Städte verstecken.

All die Dramatik, die Gewalt und die bröckelnden Fassaden in BioShock 1 haben ihre Berechtigung. Denn sie sind gute Gründe, um immer wieder in diese Welt zurückzukehren, die so schrecklich und wunderschön ist.