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Vergiss Berlin - China hat die besten Start-Ups

Alles reden vom Start-Ups und dem eigenen Business. In New Yorks Brooklyn, in Berlin oder San Francisco. Aber habt ihr mal von Shenzhen in China gehört? Da gehts nämlich richtig ab.

In seinem Wohnzimmer betreibt Herr Chen eine eigene kleine Werkstatt für Elektronik, in seinem Garten wächst Biogemüse und auf dem Dach hält er sich sogar Hühner und Tauben. Es ist diese Form von Selbstversorgung, die jeder bio-bewussten Hipster aus New Yorks Brooklyn oder Berlins Kreuzberg neidisch werden lässt. Und es ist der Unternehmergeist, den man eigentlich nur im Silicon Valley findet.

Herr Chen aber lebt aber in der Nähe von Shenzhen in China, der am schnellsten wachsenden Stadt der Welt. Außerdem ist Shenzhen auch die größte Produktionsstätte der Welt. Die Region machte in letzter Zeit vor allem negative Schlagzeilen durch hohe Luftverschmutzung und Kinderarbeit, doch gleichzeitig hat sich die Gegend immer weiter zu einem Hotspot für Hi-Tech-Elektronik entwickelt. Das sorgt für beste Voraussetzungen für Chinas lebendige Start-Up-Szene.

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„Ich lebe jetzt seit fast zwei Jahren in Shenzhen und ich bin immer noch fasziniert von der Stadt”, sagt Zach Hoeken, ein Entwickler aus Brooklyn. „Die Menschen hier sind kreativ und die Bedingungen sind optimal, um Dinge zu bauen. Das Klima ist toll und überall sind die Menschen sehr freundlich.”

Hoeken ist „besessen von digitaler Fabrikation und Produktion in kleinen Stückzahlen”, und so lernte er Herr Chen in einem Webforum kennen. Herr Chen führte Hoeken in seine Werkstatt.

Du betrittst Herr Chens Wohnung und fühlst dich wie in einer anderen Welt. Man sieht nicht viel und nur wer ein Auge dafür hat, kann trotzdem sehen, dass hier produziert wird. In einer Ecke steht der Bestückungsautomat, den ich mir dann anschauen durfte.

Der Bestückungsautomat kostet knapp 3000 Euro—eine Maschine, die elektronische Komponenten auf Festplatten anbringt. Mit diesem Gerät entwirft und produziert Herr Chen maßgefertigte Elektronik, die er dann verkauft. Er versorgt damit eine Kundschaft groß genug, um seine Frau und Sohn zu versorgen (und die Hühner).

Wie sich herausstellte, fand ich Herr Chen interessanter als seine Maschine! Er hat sich eine kleine Nische geschaffen, indem er seine eigene Elektronik entwirft und produziert. Dann verkauft er sie auf dem berühmt-berüchtigten Huaqiangbei Markt für Elektronik. Vor ungefähr sieben Jahren hat er damit angefangen. Seitdem hat er die verschiedensten Dinge gebaut und verkauft. Heute macht er AVR ICE Programmer, aber morgen vielleicht Controller für die Lüfter, die sein Bruder in einer kleinen Lüfter-Fabrik herstellt.

Wir kamen ins Gespräch über das Selbstproduzieren und die Do-It-Yourself-Kultur und ich bekam das Gefühl, dass dieser Typ auf dem Boden geblieben war. Er verstand die sogenannte Start-Up-Szene wirklich. Er war ein echter Geschäftsmann und hatte sogar einen Slogan: 花小钱,赚大钱 was so viel bedeutet wie „weniger bezahlen und mehr davon haben”. Er erklärte mir sein Konzept: eine schlanke Produktionskette mit digitalem Produktionsgerät, wodurch er in der Lage war, sehr schnell und effizient Einzelheiten der Produktion zu verändern. Sein Heim war gleichzeitig seine Werkstatt und darum hatte er nur wenig Extrakosten. Ihm war außerdem bewusst, dass er Nischen besetzen musste, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Herr Chens Maschine bei der Arbeit:

Es ist übrigens so gut wie unmöglich, sein Verfahren in den Vereinigten Staaten oder Europa nachzuahmen (ob das gut oder schlecht ist, sei dahingestellt)—dafür sorgen schon die zahlreichen Gesundheitsbestimmungen, die er wahrscheinlich verletzt. Aber Millionen von Chinesen träumen davon, der eintönigen Arbeit am Fließband zu entkommen und für die ist Herr Chens Einfallsreichtum und Lebensstil eines Selbstversorgers eine Inspiration und Ausdruck von Chinas aufkeimendem Unternehmertum.