Die US-Polizei tarnt ihre Autos jetzt als Google Street View-Wagen
Bild: Dustin Slaughter

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Die US-Polizei tarnt ihre Autos jetzt als Google Street View-Wagen

Schlechte Camouflage: Die 360°-Kamera ist in Wirklichkeit ein Scanner für Autokennzeichen.

Der besagte SUV. Man beachte die auf dem Dach angebrachten KFZ-Kennzeichenleser. Bild: Dustin Slaughter

Auf einem SUV mit verdunkelten Scheiben, der im Schatten des Kongresszentrums Philadelphia versteckt geparkt ist, prangt das allgegenwärtige Logo von Google Maps. Auf dem Dach des Fahrzeugs sind zwei leistungsstarke KFZ-Kennzeichenleser angebracht, die den durchschnittlichen Passanten davon überzeugen könnten, es handle sich tatsächlich um ein Auto von Google Street View.

Nicht aber Matt Blaze, Professor für IT-Wissenschaften an der University of Pennsylvania, der das Auto entdeckte und die Tarnung sofort durchschaute: Es handelte sich nämlich in Wahrheit um einen schlecht getarnten Überwachungswagen. Blaze teilte seine Erkenntnis sogleich mit einem Foto des Fahrzeugs mit der Bildunterschrift: „WTF?" auf Twitter mit.

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Und seine verblüffte Reaktion ist mehr als gerechtfertigt. Warum sollte eine Regierungsbehörde es nötig haben, einen Überwachungswagen derart zu tarnen?

Wie ein Sprecher des Philadelphia Police Department mittlerweile gegenüber Motherboard per Email erklärt hat, gehört das Fahrzeug tatsächlich zu seiner Behörde: „Wir wurden darüber informiert, dass dieses Fahrzeug zum Police Department gehört. Allerdings wurde das Platzieren eines Aufklebers auf dem Auto durch keinerlei interne Instanz genehmigt. Vor diesem Hintergrund wurde, nachdem wir darauf aufmerksam gemacht wurden, umgehend angeordnet, den Aufkleber zu entfernen."

Man werde außerdem eine interne Untersuchung einleiten, wie der Aufkleber auf das Fahrzeug gekommen sei. Zuvor war nach Blazes Tweet von Usern und später zahlreichen Medien wild spekuliert worden, was es mit dem Fahrzeug auf sich habe.

Die Plakette, die angibt, das Auto gehöre der Stadt Philadelphia. Bild: Dustin Slaughter

Eine Plakette auf dem Armaturenbrett gibt an, dass der SUV beim Philadelphia Office of Fleet Management registriert ist, welches die 6.316 Fahrzeuge, die zur Stadtverwaltung gehören, wartet. Das wies schon mal darauf hin, dass das Auto von einer lokalen Behörde genutzt wird.

Mit dem Einsatz von Kennzeichen-Lesern können pro Minute tausende von Kennzeichen abfotografiert werden

Christopher Cocci, Fleet Manager von Philadelphia, dessen Unterschrift sich auf der Plakette befindet, hatte allerdings erklärt, dass das Fahrzeug weder zur Staatspolizei Pennsylvania gehöre, die dafür bekannt ist, automatische Kennzeichenerkennung anzuwenden, noch zur Philadelphia Parking Authority (PPA). Die PPA ist eine lokale Agentur, die ebenso die KFZ-Kennzeichenleser einsetzt.

„Alle Stadtfahrzeuge wie Polizei-, Feuerwehrwagen etc… sind bei der Stadt registriert. Andere quasi-[öffentliche] Agenturen wie die Philadelphia Parking Authority (PPA), das Wohnbauministerium, PGW und School District sind bei ihren jeweiligen Behörden registriert", schrieb Cocci in einer Mail an Motherboard, nachdem er sich die Fotos des betreffenden Autos angesehen hatte.

Auch zwei Sprecher der Polizeibehörde Pennsylvania hatten die Angelegenheit nicht kommentieren wollen. Die Polizei von Philadelphia nutzt bereits seit 2011 mindestens zehn mobile Kameras und verheimlicht diese Tatsache keineswegs.

Der Einsatz von Kennzeichen-lesenden Geräten wird in den USA sehr kontrovers diskutiert, weil damit pro Minute tausende von Kennzeichen abfotografiert werden können und so die Reisegewohnheiten des durchschnittlichen Bürgers ausgelesen und gespeichert werden können. In Philadelphia darf die Polizei diese Daten bis zu einem Jahr lang speichern, selbst wenn die Mehrheit der Bewohner nicht Gegenstand von Ermittlungen sind. Im Gegensatz dazu dürfen Informationen über Kennzeichen, die für Ermittlungen relevant sind, laut einer Richtlinie der Polizeibehörde auf unbestimmte Zeit gespeichert werden.

Google erklärte derweil auf Nachfrage von Motherboard, dass man die Angelegenheit untersuche, aber derzeit nicht weiter Stellung beziehen wolle. Google-Sprecherin Susan Cadrecha wollte uns nicht sagen, ob das Unternehmen besorgt oder verärgert darüber sei, dass eine lokale Behörde einfach einen Wagen mit genauso leistungsstarkem wie kontroversem Überwachungsequipment ausstattet und sich dabei als Google-Street-View-Fahrzeug ausgibt: „Wir werden zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Kommentare abgeben". Gleichzeitig wies sie aber darauf hin, dass das Unternehmen mehr zu der Angelegenheit zu sagen haben könnte, sobald es selbst mehr darüber wüsste.