Die ersten Live-Karten für Pokémon Go sind zurück und funktionieren einwandfrei

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Die ersten Live-Karten für Pokémon Go sind zurück und funktionieren einwandfrei

Es hat nicht lange gedauert: Kurz nach der API-Änderung durch Niantic hat sich die internationale Entwickler-Community erneut Zugriff verschafft.

Titelbild: Mit Hilfe der auf GitHub veröffentlichten Installationsanleitung konnten wir eine aktuelle Pokémonkarte erzeugen, wobei unser Rechner als Server fungierte | Screenshot: Motherboard

„Es ist geschafft."—kurz und knapp verkündete die internationale Entwickler-Gemeinschaft ihren grandiosen Erfolg auf Reddit: Nur drei Tage und fünf Stunden nachdem Pokémon Go-Entwickler Niantic die Programmierschnittstelle (API) der bisher erfolgreichsten Augmented Reality-App aller Zeiten geändert hatte, konnte eine Entwicklergruppe, die unter dem Namen „Team Unknown6" auftritt, schon wieder auf die API zugreifen.

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Unknown6 ist dabei die Bezeichnung für den Key, der von den Pokémon Go Apps bei der Kommunikation mit den Servern generiert wird und den es nach der API-Änderung nun zu knacken galt. Niantic hatte den Zugriff auf die API durch die Implementierung der Unknown6-Verschlüsselung für Drittanbieter gesperrt. Laut eigenen Angaben sei der Grund dafür die zu hohe Serverauslastung durch Kartendienste wie PokéVision gewesen, welche das Spielerlebnis für die Pokémon Go-Community zu sehr beeinträchtigt hätte und sogar den Launch der App in mehreren Ländern verzögert habe. Gleichzeitig hatte Niantic an mehrere Entwickler von API-basierten Kartendiensten zur effizienteren Pokémon-Suche Unterlassungsaufforderungen verschickt, worauf sich viele Coder enttäuscht zeigten und ihre Dienste einstellten.

„Meine Intention war es, das Spielerlebnis von Pokémon Go zu verbessern, und genau das haben wir geschafft. Ohne den Segen [von Niantic] habe ich keine Motivation mehr, dieses Projekt fortzuführen", erklärte beispielsweise Programmierer Ahmed Almutawa, der mit seiner Pokémon Go Map allen Code-affinen Pokémon-Spielern als einer der ersten nützliche Übersichtskarten zur Verfügung gestellt hatte.

Dass diese nun nicht mehr genutzt werden sollten, war ein umso größeres Problem, da Niantic nicht nur die API gesperrt, sondern zeitgleich auch das App-interne Fußspuren-Feature abgeschafft hatte. Ob die Entwickler-Community auf Reddit nun primär den zunehmend orientierungslosen Pokémon-Jägern helfen wollte oder sich durch die API-Änderung seitens Niantic erst recht herausgefordert sah: Es entbrannte im Subreddit „Pokémon Go Dev" ein regelrechtes Wettrennen darum, wer als erster dem Geheimnis von „Unknown6" auf die Spur kommen würde.

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Über die speziell für die Gaming-Community entworfene Chat-App Discord wurde außerdem extra ein Kommunikationskanal für die internationalen Entwickler ins Leben gerufen. Dieser wurde dabei zeitweise so stark frequentiert, dass der Zugang auf Entwickler beschränkt wurde. Interessierte, die einfach wissen wollten, wann ihnen die Kartendienste wieder zur Verfügung stehen würde, waren so vorübergehend ausgeschlossen, stattdessen wurde der Thread zum API-Status zum öffentlichen Liveticker umfunktioniert. Schließlich eröffnete man gar einen Live Reddit Thread, um alle Interessierten in Echtzeit auf dem Laufenden zu halten—für gewöhnlich wird diese Funktion von Reddit-Usern bei aktuellen News-Ereignissen von globalem Interesse, so z.B. Terroranschlägen oder Amokläufen, eingesetzt.

Auch die Karte, die wir uns mit Hilfe der Anleitung von Team Unknown6 gebastelt haben, lädt langsam, funktioniert aber einwandfrei. Screenshot: Motherboard.

Auf Github haben die Entwickler des „Team Unknown6" nun einen Workaround veröffentlicht, der es allen Nutzern, die Grundkenntnisse in Python besitzen, erlaubt, sich auf ihrem Rechner eine aktuelle Übersichtskarte aller Pokémon in ihrer Umgebung anzeigen zu lassen.

Im Fahrwasser des Erfolgs von „Team Unknown6" haben sich nun auch weitere Kartendienste wieder zurückgemeldet, darunter Pogom, PokiiMap oder PokeMesh. PokiiMap wurde von chip.de für eine vereinfachte Installation in Form einer APK-Version zur Verfügung gestellt. Motherboard hat sich diese installiert und konnte mit Hilfe von PokiiMap tatsächlich erfolgreich Monster aufspüren und fangen.

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Außerdem konnten wir verifizieren, dass sich auch mit den durch das Team Unknown6 auf Github zur Verfügung gestellten Paketen selbständig eine Karte bauen lässt. Das zeigt einerseits, dass das Knacken der API tatsächlich erfolgreich war, andererseits Niantic es aber auch geschafft hat, die Nutzung von durch Drittanbieter angebotenen Karten umständlicher zu machen. Ganz so komfortabel wie bei PokéVision ist es nämlich nun nicht: Es reicht nun nicht mehr, eine Karten-App im Browser aufzurufen, stattdessen muss man mehrere Python-Pakete installieren und die Visualisierungen der Karten dadurch umsetzen, dass man seinen eigenen Rechner zum Server macht.

Führt man aber alle auf Github vorgeschlagenen Schritte durch, erhält man schließlich auf dem eigenen Rechner eine Karte mit allen Pokémon in der Umgebung, die sich um einen beliebigen Standort, den man in Form von GPS-Koordinaten angibt, herum aufbaut und selbständig aktualisiert. Motherboard konnte so unter anderem einen Goldini fangen.

Niantic hat bisher kein offizielles Statement zu den jüngsten Entwicklungen um die API abgegeben. Wie Redditor berichten, konzentriere sich der Entwickler aber hauptsächlich auf das Sperren von Nutzern, die ihre Pokémon von einem Bot sammeln lassen. An anderer Stelle im Pokémon-Entwickler-Subreddit heißt es, dass auch alle cloudbasierten Drittanbieter, welche die Serverkapazitäten im größtem Maße beanspruchen, nach wie vor gesperrt seien. Und so ist zum Beispiel auch PokéVision trotz der erneuten „Öffnung" der API durch die Entwickler-Community noch immer nicht nutzbar.

Ninatic hat derweil mit einem gestrigen Update für Android und iOS eine überarbeitete Version des „Nearby"-Features veröffentlicht, das bisher aber nur einer „Teilmenge von Nutzern" zur Verfügung steht. Das Aufspüren und Fangen von Pokémon soll so auch ohne jegliche externe Hilfsmittel wieder bequemer gemacht werden. Ob und wie Niantic auf die Fortschritte der Entwickler-Community reagiert, die nun wieder beginnen, die API anzuzapfen, bleibt abzuwarten.

Redaktionelle Mitarbeit: Brian Greenhill und Simon Frerichs