Das verstörendste Game des Jahres vereint alles, wovor wir Angst haben

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Das verstörendste Game des Jahres vereint alles, wovor wir Angst haben

Verstörend absurd und unerträglich real: We Happy Few setzt neue Maßstäbe in Sachen Survival Games.

Titelfoto: Spielszene aus We Happy Few | Foto: Compulsion Games

Eine Gruppe weiß geschminkter Menschen mit Partyhüten schlägt auf eine bunte Piñata ein. Das Tier aus Pappmaché ist der Star eines jeden Kindergeburtstags, doch plötzlich siehst du, wie die Leute blutige Fleischstücke aus ihrem Inneren reißen und verspeisen. Den Umstand, dass die Piñata in Wirklichkeit eine lebendige Ratte war, konnte dein Avatar nicht ahnen—denn du stehst unter der Droge „Joy", deren Wirkung nach der Massakrierung der Ratte schlagartig aufhört zu wirken.

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Diese und andere solcher Szenen erwarten den Spieler in We Happy Few, dem neuesten, Kickstarter-geförderten Streich von Compulsion Games, dem Entwicklerteam von Contrast. Auf der Electronic Entertainment Expo (E3) in Los Angeles wurde nun neuestes Material zu We Happy Few vorgestellt, das weitere Einblicke in die psychotisch-dystopische Welt des abgedrehten Horror-Spiels gibt und dabei sehr beklemmend wirkt, gleichzeitig aber auch ziemlich neugierig macht.

We Happy Few spielt in einer fiktiven englischen Kleinstadt Namens Wellington Wells. Dass in diesem beschaulichen Nest, und vor allem in den Köpfen seiner Bewohner nicht alles in geregelten Bahnen abläuft, wird einem relativ schnell klar—Die fiktive Siedlung liegt nämlich im Süden des nach dem Zweiten Weltkrieg von den Deutschen besetzten Englands, und seine Bewohner stehen 24/7 unter Drogen, um die Gräueltaten des Krieges zu vergessen.

Das Ziel des im Juli erscheinenden Survival-Titels ist es, sich unbemerkt aus diesem Schreckenszenario zu verziehen und schnellstmöglich das Weite zu suchen.

Aus einer Stadt voller zugedröhnter Junkies zu schleichen, sollte eigentlich kein Problem sein, möchte man meinen. Doch da machen sich die anderen Bewohner dieser Stadt schneller bemerkbar, als einem lieb ist. Durch den Konsum von „Joy" versetzen sich die Einwohner von Wellington Wells in einen ständigen Drogenrausch und stürzen sich auf jeden, der unglücklich zu sein scheint oder sich anderweitig nonkonform verhält. Die Droge, die alle Erinnerungen an den grausamen Krieg verdrängt und keine unglücklichen Gefühle zulässt, hat zudem den Nebeneffekt, akute Fremdenfeindlichkeit auszulösen.

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Sollten die weißgesichtigen Bewohner also merken, dass du ein sogenannter „Downer" bist (So werden die Bewohner genannt, die nicht mehr auf der Droge und dementsprechend unglücklich sind), fangen sie ansatzlos und mit übertriebener Härte an, auf dich einzudreschen. Dabei macht man sich schon verdächtig, wenn man vergisst, die Nachbarn freundlich zu grüßen oder in deren Wohnungen nach nützlichen Informationen und Gegenständen für das Entkommen aus dem drogenverseuchten Ort sucht.

Downer werden in Wellington Wells nicht gern gesehen | Foto: Compulsion Games

Wer diese Tracht Prügel nicht übersteht, findet sich danach in einem komplett neu generierten Wellington Wells mit denselben alten Problemen konfrontiert. Im Laufe des Spiels kann man noch zwei weitere Charaktere freischalten, die jeweils mit eigenen Fähigkeiten daherkommen und mit den Hintergrundgeschichten der anderen Charakteren verwoben sind. Dies erhöht, neben dem immer wechselnden Aufbau von Wellington Wells nach jedem Scheitern, zusätzlich den Wiederspielfaktor des Spiels. Ganz davon abgesehen macht es unglaublich Spaß, einfach die Grenzen des Möglichen auszutesten, bevor einem die Stadtbewohner wieder an den Hals springen.

An möglichen Waffen mangelt es in Wellington Wells derweil nicht. Mit andauerndem Spielverlauf kann man sich ein schönes Arsenal an allmöglichem Schlagwerkzeug zusammensammeln, mit dem man sich seinen Weg aus dieser verstörenden Umgebung prügeln kann, wenn es darauf ankommt. Die wesentlich größeren Erfolgschancen hat man dagegen natürlich, wenn man es vermeiden kann aufzufallen.

Notfalls hilft ein Eisenrohr, um sich gegen die Bewohner von Wellington Wells zu verteidigen | Foto: Compulsion Games

Was aber für die konstant beklemmende Atmosphäre sorgt, ist die omnipräsente psychische Verwahrlosung und Verrohung der Stadtbewohner, die erschreckend lebensnah wirkt, und bisweilen zum Beispiel an die rasante Verbreitung von Crystal Meth in einigen Kleinstädte der USA erinnert. Schnell findet man sich im Spiel vereinsamt wieder, da man mit keiner anderen Person aus seiner Sicht normal interagieren kann. Du bist allein, stehst unter sozialem Druck, leidest unter der Ausgrenzung durch die anderen Bewohner und erfährst Ablehnung in jedem Winkel der Spielwelt.

We Happy Few ist eine Schreckensvision voller Paranoia und purem Überlebenskampf in einer kranken Umgebung mit vielen verstörenden Details. Wer sich den Film „Täglich grüßt das Murmeltier" mal als spielbaren Albtraum im „Requiem for a dream"-Gewand geben will, ist mit We Happy Few definitiv gut beraten.