Dieser fette Fisch hat die nerdigste Netzdebatte des Monats ausgelöst

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Dieser fette Fisch hat die nerdigste Netzdebatte des Monats ausgelöst

Ein viraler Facebook-Post rief Meeresbiologen und Fischfreunde zur Verteidigung des wohl absurdesten Fisches der Welt auf den Plan.

Er ist etwa drei Meter lang, vier Meter hoch, hat in etwa die Form eines umgekippten Mühlsteins und schwimmt mit einem leicht dümmlichen Gesichtsausdruck durch den Ozean. Die Rede ist vom Mondfisch (Mola mola). Für die einen ist er der erbärmlichste Fisch des Meeres, andere halten ihn für den „Fisch der Zukunft" – der Mondfisch spaltet die Gemüter. Nun ist eine Online-Debatte darüber eskaliert.

Alles begann mit einem Post der Facebook-Nutzerin Scout Burns, in dem sie leidenschaftlich ausführt, warum der Mondfisch ihrer Meinung nach die lächerlichste Kreatur der Welt sei. Sie bezeichnete ihn als kosmischen Essteller, den „Gott beim Abwaschen wohl aus Versehen fallen gelassen und sich nicht weiter darum gekümmert hat".

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Die Hasstirade von Burns, die inzwischen allein auf Facebook über 75.000 Mal geteilt wurde, wollte die Meeresbiologie- und Tiermedizinstudentin Zenia Sherman nicht einfach so stehen lassen. Als „Fan von richtig großen Fischen" eilte sie dem Mola mola zu Hilfe:

Sherman erzählte uns, dass ein Freund ihr den Facebook-Post gezeigt habe, und sie als Antwort darauf ein eigenes kleines Research-Paper verfasste, inklusive Bibliographie versteht sich.

Aber ist der Mola mola denn wirklich so wertlos, wie viele seiner Spötter glauben? Wenn man sich den Mondfisch genauer anschaut, ist es verständlich, dass einige Leute ihn lächerlich finden. Das spiegelt sich schon in den zahlreichen Spitznamen wider, die der Fisch in unterschiedlichen Ländern genießt – schwimmender Kopf in Deutschland, putol („durchgeschnitten") auf den Philippinen und Klumpfish („Klumpfisch") in Dänemark und Norwegen. In Taiwan wird der Mondfisch gar mit einem Autowrack verglichen.

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Der Mola mola ist ein wahrer Riese. Tatsächlich hält er den Guinness-Rekord als schwerster und fruchtbarster Knochenfisch der Erde. Der schwerste bekannte Mondfisch wog stolze 2,3 Tonnen, auch wenn das Durchschnittsgewicht der Fische eher bei einer Tonne liegt. Ein Mola mola aus dem Monterey Bay Aquarium musste mit Hilfe eines Helikopters aus seinem Becken gehoben und in die Bucht entlassen werden, nachdem er innerhalb von 14 Monaten beachtliche 360 Kilogramm zugenommen hatte und für sein Becken schlicht zu groß geworden war.

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Vielleicht ist es kein Zufall, dass das nutzloseste Pokémon aller Zeiten, Karpador, den gleichen Gesichtsausdruck wie der Mondfisch trägt. Sein Gesicht mit dem halb geöffneten Mund und runden Lippen sieht so aus, als ob er sich permament frage, ob er zuhause den Herd angelassen hat.

Bild: Shutterstock

Man könnte meinen, dass allein sein Aussehen den Mola mola zum perfekten Mobbing-Opfer des Meeres macht. Doch wenn man einmal über ihren extrem dümmlichen Gesichtsausdruck hinwegsieht, gelangt man schnell zu der Erkenntnis: Obwohl die Evolution den Mondfischen übel mitgespielt hat, lassen sie sich nicht davon unterkriegen. Sie existieren einfach unbekümmert weiter – und das schon seit vielen Millionen Jahren.

Der Mondfisch war bereits in der Antike bekannt, erste Aufzeichnungen über ihn entstanden zwischen 1200 v. Chr. und dem Jahr 400. Trotzdem ist er einer der jüngsten Fische im Meer, der sich erst 50 Millionen Jahre nach den meisten modernen Fischarten entwickelte. Während seiner Evolution wuchs die Rückenflosse und die Afterflosse des Mondfischs zusammen und bescherte dem Fisch das Aussehen eines  gigantischen schwimmenden Kopfes.

Im Gegensatz zu ihren Cousins, den Kugelfischen, haben Mola mola keine Schwimmblase. Dieser Umstand macht die Mondfische allerdings noch nicht zu einem schlechten Scherz der Natur, denn auch Haie oder Thunfische kommen wunderbar ohne Schwimmblasen aus. Eine Schwimmblase würde den Mola mola nämlich davon abhalten, von der Wasseroberfläche plötzlich in 50 Meter Tiefe abzutauchen, was er sehr häufig tut.

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Mola mola verbringen viel Zeit an der Wasseroberfläche, was ihnen auch den Namen Sonnenfisch einbrachte. Sie sonnen sich jedoch nicht nur zum Spaß: Ihre flachen Körper und langsamen Bewegungen machen den Mondfisch zum perfekten Wirt für Parasiten – indem sie sich an der Wasseroberfläche treiben lassen, bieten sie Vögeln die Möglichkeit, sie von den ungeliebten Gästen zu befreien. Forscher haben außerdem die Theorie, dass die Mola mola durch das Sonnenbad ihre Nahrung verdauen, die hauptsächlich aus Quallen besteht – so wie es auch häufig bei Haien zu beobachten ist.

Doch das Leben eines Mola mola besteht nicht nur aus entspannten Sonnenbädern, denn im Ozean warten auch einige Feinde auf den Fisch. So wurden Seelöwen dabei beobachtet, wie sie die Flossen eines Mondfisches abreißen und sie wie eine Frisbee zum Spaß hin und her werfen.

Im Monterey Bay Aquarium – das einzige Aquarium, das Mola mola aufzieht und wieder in die Freiheit entlässt – sind die Mondfische so tiefenentspannt, dass schnellere Fische wie Thunfische ihnen regelmäßig das gesamte Futter vor der Nase wegschnappen. Um die liebenswerten Dummköpfe vor dem Verhungern zu retten, haben sich die Pfleger ein Farbsystem für die Mola mola einfallen lassen, das ihnen signalisiert, wann es Zeit ist, ihre behäbigen Körper Richtung Futter zu bewegen.

Noch schlimmer als gemeine Seelöwen und flinke Thunfische spielt jedoch der Mensch den Mondfischen mit: Immer häufiger ersticken sie nämlich an Plastiktüten, die sie mit Quallen verwechseln.

Seine körperlichen Defizite macht der Mondfisch durch eine außergewöhnliche Fruchtbarkeit wett: Um das Fortbestehen seiner Art zu sichern, legen Mola mola 300 Millionen Eier auf einmal.

Viele Menschen haben einen Narren an den harmlosen Riesen gefressen. Die Meeresbiologin Tierney Thys hat ihnen zu Ehren die Fanseite OceanSunfish.org eröffnet, auf der Menschen aus der ganzen Welt ihre Begeisterung für den Mondfisch bekunden und von den jüngsten Mondfisch-Sichtungen berichten. „Klar, er mag ein großer alberner Fisch sein", sagte Thys 2003 bei einem TED Talk, „aber wenn er dabei hilft, die Welt zu vereinen, dann ist er in meinen Augen definitiv der Fisch der Zukunft."

Somit ist die einzige Kreatur im Meer, die Spott und Hohn verdient hat, der Typ, der versucht hat einen Mola mola zu reiten und sich im Gegenzug jede Menge Parasiten im Schritt zuzog.