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Biologen warnen: Es steht noch schlechter um die Erde, als wir bisher dachten

Neue Hochrechnungen und Bodenanalysen zeigen, dass das Problem des CO2-Ausstoßes noch größer sein könnte, als allgemein befürchtet.
Bild: Shutterstock

Der Begriff „Schneeballeffekt" mag im Zusammenhang mit der globalen Erderwärmung nach einer unglücklichen Wortwahl klingen—doch genau eine solche fatale Kettenreaktion sagt eine neue Studie voraus. Mit Hilfe umfassender statischer Berechnungen haben Klimaforscher und Umweltbiologen nämlich die bisherigen Prognosen für die weitere Entwicklung des Klimaschutz deutlich nach oben korrigiert.

Die Klimaforscher warnen, dass bis 2050 zusätzlich bis zu 55 Billionen Kilogramm Treibhausgase vom Erdboden in die Atmosphäre abgegeben werden könnten. Um diese überwältigende Zahl etwas greifbarer zu machen: Das wäre praktisch so, als würde man dem Planeten noch ein zweites mal die Vereinigten Staaten von Amerika mit ihrem Treibhausausstoße hinzufügen. Der Schneeballeffekt sieht so aus: Mehr Emissionen führen zu stärkerer Erderwärmung und eine stärkere Erwärmung führt wiederum zu mehr Emissionen.

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Dieses Albtraum-Szenario beruht auf der Annahme, dass es uns nicht gelingen wird, unseren CO2-Ausstoß zu reduzieren—ein Szenario, das durch den Wahlsieg von Donald Trump gerade ein Stückchen wahrscheinlicher geworden ist. Schließlich wird mit Trump bald ein bekennender Klimawandel-Leugner und Kohle-Fan an der Spitze der mächtigsten Wirtschaftsnation der Welt—und einem der größten Treibhausgas-Produzenten—stehen. Gelingt es der Weltbevölkerung nicht, die vereinbarten Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, so würden bis 2050 „etwa 17 Prozent mehr Emissionen durch den Menschen entstehen, als errechnet wurden", erklärt der Leitautor der Studie, Tom Crowther, in einem Statement.

Der weltweite CO2-Ausstoß durch fossile Brennstoffe und andere industrielle Prozesse | Bild:

US EPA

Die Studie, die letzte Woche in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, präsentiert die Ergebnisse einer globalen Untersuchung von Bodendaten, die im Laufe der letzten 20 Jahre erhoben wurden. Da Böden Kohlenstoff sowohl speichern, als auch in Form von Kohlendioxid wieder abgeben können, beschäftigen sich Forscher schon seit Jahrzehnten mit ihrer Rolle im Klimawandel. Laut Crowthers Angaben handelt es bei der aktuellen Veröffentlichung jedoch um die erste Studie, die Boden-Emissionen aus einer globalen Perspektive betrachtet. Denn im Gegensatz zu anderen Untersuchungen, bezog die Studie auch Kohlenstoffentweichungen von den kältesten Orten der Erde mit ein.

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In der Arktis haben sich beispielsweise über Jahrtausende riesige Kohlenstoffspeicher gebildet. Dank der eisigen Temperaturen sind die Mikroorganismen, die den CO2-Ausstoß durch Zersetzung von Pflanzenteilen verursachen, in diesen Regionen weniger aktiv. Steigen die Temperaturen aber an, könnte dies auch eine gesteigerte Aktivität der Mikroorganismen und somit auch höhere CO2-Abgaben zur Folge haben.

„Die größten Kohlestoffspeicher befinden sich in Gebieten wie der Arktis oder Subarktis [der Übergangszone zwischen arktischem und gemäßigtem Klima], in denen der Boden sehr kalt und oft gefroren ist", erklärt Crowther. „Das Erschreckende ist, dass es eben diese kalten Regionen sind, die sich aller Voraussicht nach im Zuge des Klimawandels am meisten erwärmen werden."

Der Studie zufolge werden sich die 55 Billionen Kilogramm Emissionen aus Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan zusammensetzen. Methan, das bis zu 25 mal mehr Treibhauspotenzial als CO2 besitzt, bereitet vor allem in Teilen von Sibirien Anlass zur Sorge. Hier werden durch den schmelzenden Permafrost schon heute seltsame Naturphänomene an die Erdoberfläche befördert. In einem Interview mit Alex Verbeek kommentiert Crowther, dass sich solche Auswirkungen künftig noch verstärken könnten.

Es gibt jedoch auch Wege, dem CO2-Ausstoß aus Bodenspeichern entgegen zu wirken: CO2-Sequestrierung oder Bepflanzung könnten den Ausstoß verlangsamen oder ausgleichen. Doch wie viel das am Ende bringen könnte, ist unklar—die Studie verweist darauf, dass die Nettosumme an freigesetztem CO2 bei diesen Maßnahmen noch weiter untersucht werden müsse.

„Diese Zusammenhänge zu verstehen, ist essentiell, damit wir aussagekräftige Prognosen über künftige Klimaentwicklungen treffen können", fügt Crowther hinzu. „Erst dann können wir uns auch realistische Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen setzen, die den Klimawandel effektiv eindämmen können."