Berufswahl: Darknet-Drogendealer
Bild: Anthony Ryan, FlickR / Lizenz: CC BY-SA 2.0

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Berufswahl: Darknet-Drogendealer

Ich habe mit einem erfolgreichen Händler eines Internet-Schwarzmarkts über Drogen, Politik und die Moral seines Geschäftsmodells gesprochen.

Viele Bitcoin-Fans wollen nicht, dass ihr liebstes Zahlungssystem unter dem Ruf leidet, die Währung der Wahl von Internet-Drogendealern zu sein. Dass sogar manche Pfadfinder die Kryptowährung inzwischen akzeptieren, ist schön und gut—aber um zu verstehen, wo in diesem neuen digitalen Wirtschaftszweig das große Geld gemacht wird, musst du einen Blick auf die Deepweb-Schwarzmärkte werfen.

Ich habe mir also eines Nachmittags den Tor Browser heruntergeladen, im Subreddit  /r/darknetmarkets nach einschlägigen Seitenempfehlungen gesucht, und eine Tour ins Darknet unternommen, um mich über die Vor- und Nachteile des Berufsbildes Internet-Drogendealer aufklären zu lassen.

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Natürlich hatte ich schon von den einschlägigen Deepweb-Seiten gehört, aber die bunte Angebotspalette von Heroin, Methadon, MDMA, Gras, Kokain und allen nur denkbaren Drogen auf meinem eigenen Computerbildschirm vor mir zu sehen, war dann doch gleichermaßen eindrucksvoll wie beängstigend. Alle Waren versprachen vakuumverpackt an eine Adresse meiner Wahl geliefert zu werden—es war fast wie bei Amazon, nur eben für illegale Drogen und mit Bitcoin als Zahlungsmittel.

Bild: Screenshot Blue Sky

Wie bei jeder anderen E-Commerce-Website bekommst du hier als Verkäufer einen Benutzernamen und eine Bewertung. So wissen die Kunden, welcher Drogenverkäufer vertrauenswürdig ist. Ein Name stach besonders aus der Masse heraus, ein Verkäufer mit Hunderten Transaktionen und einer fast einwandfreien Bewertung.

Ich gab mich als Journalist zu erkennen und verschickte eine Anfrage für ein Interview. Zu meiner Überraschung hatte ich schon kurz darauf eine Antwort in meinem Posteingang: Er oder sie war gerne bereit, mit mir zu chatten—aber unter der Bedingung, dass wir per PGP-Verschlüsselung kommunizieren und ich keinen Benutzernamen in meinem Artikel erwähne. Er oder sie wählte für unser Interview den Decknamen „RainDuck". Und wir—der Einfachheit halber—für ihn das männliche Geschlecht.

In der darauffolgenden Woche tauschten wir uns über verschiedene Themen aus—die Arbeit als Verkäufer auf der  Website Evolution; Integrität auf dem Schwarzmarkt; was es bedeutet, ein von Bitcoin abhängiges Geschäftsmodell zu haben; und zu guter Letzt der Krieg gegen die Drogen—und das alles zu einer Zeit, wo dieser Kampf mehr und mehr im Netz ausgefochten wird.

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Die Menge, der über das Internet verkauften Drogen, ist schwer zu beziffern, aber laut UN haben sich die Verkaufszahlen in den vergangenen Jahren schon vervielfacht. Um den Internethandel zu stoppen, seien einem UN-Bericht zufolge Postkontrolleure, Zollbeamten sowie „andere Behörden essentiell, die sicherstellen, dass einzelne Punkte der Lieferkette effizienter ausgeschaltet werden können, um es für potentielle Käufer zu erschweren, an gewisse Produkte heranzukommen."

Eine Reihe von Fragen, die ich RainDuck gestellt hatte, blieben leider unbeantwortet: Als ich mich etwa nach seinem Alter erkundigte, meinte er entschuldigend: „Tut mir leid, aber ich kann auf deine Frage nicht einmal eine ungefähre Antwort geben. Ich bin für diese Art von Geschäften alt genug, aber noch nicht so alt, dass ich bald eines natürlichen Todes sterben könnte. Darum lautet die beste Antwort, mit der ich dienen kann: irgendwas zwischen 25 und 90." Auch die Antworten auf meine Fragen zur moralischen Dimension seines Geschäftsmodells wurden leidernur knapp beantwortet.

Motherboard: Wie wurdest du zu einem Darknet-Dealer?

RainDuck: Nachdem ich schon genug Erfahrung als Käufer gesammelt hatte, wurde ich schließlich auch zu einem Händler. Als ich die Darknet-Marktplätze für mich entdeckt habe, erkannte ich sofort ihr großes Potential. Dort konnte ich Drogen kaufen, ohne das zwielichtige Drumherum, dass mit der Beschaffung über den Freundesfreund eines Bekannten einhergeht. Endlich konnte ich Rauschgift von jemandem kaufen, über dessen Service und Produkte ich Dutzende von Online-Bewertungen lesen konnte. Und auch (fast) sicher sein, dass ich das bekommen würde, wofür ich bezahlt habe.

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Leider können Online-Dealer ihre Kunden genauso abzocken wie „normale" Straßen-Dealer auch. Im Allgemeinen ist der Online-Kauf recht sicher, es gibt aber auch ein paar Verkäufer, die erst eine Weile seriös auftreten, bevor sie mit reichlich Geld im Gepäck türmen.

In der Welt der Drogen mangelt es an gutem Service—diese Marktlücke mache ich mir zunutze

Ich habe die Chance erkannt, mich mit einem besonders guten Service von der Konkurrenz abheben zu können. Als Verkäufer lege ich größten Wert darauf, innerhalb der Community als ehrlich und aufrichtig zu gelten. Ich habe mir schnell einen Namen gemacht und habe mittlerweile den Ruf ein Verkäufer zu sein, dem du vertrauen kannst.

Ich hatte mehrfach die Gelegenheit, Leute abzuziehen, ohne dafür mit Konsequenzen rechnen zu müssen, aber ich habe nicht einen einzigen Kunden übers Ohr gehauen. Der Ruf ist beim Deepweb-Drogenhandel alles. Und von meinem Image als zuverlässiger Verkäufer habe ich schon deutlich mehr profitieren können, als wenn ich eine Karriere als Internetbetrüger eingeschlagen hätte. Kurzum: Ich habe erkannt, dass es in der Welt der Drogen an gutem Service mangelt und habe mir diese Marktlücke zunutze gemacht.

Warst du schon vorher im Drogengeschäft tätig? Und wenn ja, seit wann?

Ja, ich habe schon vor der Eröffnung meines Benutzerkontos mit Drogen zu tun gehabt. Leider kann ich nicht in die Details gehen. Denn Anonymität ist für jeden Verkäufer unentbehrlich, dem seine Freiheit am Herzen liegt. Im Gegensatz dazu ist es nicht immer die beste Idee, im Mittelpunkt zu stehen. Wenn zu viel Aufmerksamkeit auf dich gerichtet ist, tust du gut daran, mal für eine Weile unterzutauchen. Das gilt sowohl für konventionelle als auch im Internet operierende Dealer.

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Du bietest deine Dienste aktuell auf einem zentralisierten Marktplatz an. Was ist deine Meinung zu dezentralisierten Marktplätzen wie zum Beispiel dem DarkMarket-Projekt und was bedeuten sie für die Zukunft des Internethandels?

Gute Frage. Für die, die es nicht wissen: Zentralisierte Marktplätze verwalten das gesamte Geld der User. Zehntausende Käufer und Verkäufer müssen dem Marktplatz ihr Geld anvertrauen. Und die Marktplätze zahlen die Gelder erst aus, wenn Käufer und Verkäufer bestätigt haben, dass die Transaktion abgeschlossen ist.

Auf längere Sicht werden wir wohl nur noch über dezentralisierte Marktplätze handeln.

Der Nachteil an diesem Model ist, dass die Marktplätze mitunter über Hunderte Millionen von Euro verfügen, und dieses Geld befindet sich in den Händen einer Person, die sich jeder Zeit absetzen kann. Im letzten Jahr haben sich die Betreiber von mehreren zentralisierten Marktplätzen aus dem Staub gemacht und einen Gesamtschaden von fast einer Milliarde Euro angerichtet. Die Existenzen vieler Personen wurden auf diese Weise ruiniert, weswegen die Community nach den jüngsten Betrugsfällen das Vertrauen in dieses Business-Modell weitgehend verloren hat.

Bild: Screenshot Evolution. Einer der größeren Online-Schwarzmärkte.

Dezentralisierte Marktplätze beschneiden ihre eigene Macht. Anstatt das Geld der User auf seinem eigenen Konto zu bewahren, besitzt der Marktplatz hier nur die „Schlüssel" zu den Benutzerkonten, auf denen das Geld liegt. Zwei Personen müssen jeweils ihren Schlüssel verwenden, um an das Geld auf dem Treuhandkonto zu gelangen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei diesen zwei Personen um den Käufer und den Verkäufer, den Käufer und den Marktplatz oder um den Verkäufer und den Marktplatz handelt. So hat der Marktplatz die Möglichkeit, in Streitfällen einzugreifen, ohne sich mit großen Geldsummen aus dem Staub machen zu können.

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Der Nachteil bei diesem Modell besteht darin, dass es von der technischen Seite her äußerst komplex ist. Bei den meisten dezentralisierten Online-Marktplätzen brauchen User gewisse Programmierkenntnisse oder eine externe Software. Für den durchschnittlichen User sind sie einfach viel zu kompliziert gestaltet. Darum gibt es auf ihnen auch weniger Traffic. Ich denke aber schon, dass wir auf längere Sicht nur noch auf dezentralisierten Marktplätzen handeln werden. Es könnte jedoch noch ein bis zwei Jahre dauern, bis die Seiten so optimiert sind, dass sowohl Käufer als auch Verkäufer den dezentralisierten Marktplatz ohne Probleme nutzen können.

Wie viel Umsatz und Gewinn machst du durchschnittlich im Monat?

Auf diese Frage kann ich leider keine Antwort geben. Ich kann dir aber sagen, dass du in diesem Geschäft verdammt viel Geld verdienen kannst, und ich für meinen Teil mache mehr als genug.

Die Arbeit als Online-Dealer ähnelt der eines normalen Geschäftsführers—abgesehen davon, dass die Regierung unser Business für illegal hält.

Hattest du schon Erfahrung in der Wirtschaft gesammelt, bevor du zu dieser Industrie gekommen bist?

Ja, hatte ich. Die meisten Leute leben in dem Irrglauben, dass das Drogengeschäft nicht den normalen Gesetzen der freien Wirtschaft unterliegt, wohingegen erfolgreiche Online-Dealer wissen, dass hinter dem Verkauf von Drogen ein normales—und erfolgreiches—Geschäftsmodell stecken muss. Du brauchst ein gutes Zeit-Management und musst dich gut mit Buchhaltung und Kundenservice auskennen. Die Arbeit als Online-Dealer ähnelt der eines stinknormalen Geschäftsführers—mit dem Unterschied, dass die Regierung unser Business für illegal erklärt.

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Was ist deiner Meinung nach das größte Missverständnis in Bezug auf Darknet-Marktplätze?

Ich glaube, es existieren zwei gleich große—wenn auch gegensätzliche—Missverständnisse. Manche Leute glauben, dass es extrem gefährlich ist, im Darknet Drogen zu kaufen. Sie befürchten, dass die paar Gramm Gras, die sie sich zuschicken lassen, sie schon ins Gefängnis bringen können. Andere hingegen wiegen sich zu sehr in Sicherheit und geben sensible Informationen preis, die zu einer Festnahme führen können.

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Aus Sicherheitsgründen müssen potentielle Käufer in den meisten Foren ihre Adressen mittels einer speziellen Software verschlüsseln. So kann nur eine bestimmte Person auf die Adressdaten zugreifen. Es gibt aber auch eine erschreckend große Anzahl von Personen, die ihre sensiblen Daten nicht verschlüsseln und sich somit indirekt zu Straftaten bekennen, die leicht zu ihrer Verhaftung führen können—vorausgesetzt, die Informationen geraten in die falschen Hände.

Gleichzeitig sind die Strafverfolgungsbehörden größtenteils hinter Großdealern und -abnehmern her. Und obwohl dich die Polizei auch für den Kauf von kleineren Mengen Gras festnehmen kann, haben Gelegenheitskonsumenten viel weniger zu befürchten und müssen nicht für die gleichen Schutzmaßnahmen sorgen wie etwa solche Kunden, die in regelmäßigen Abständen Drogen im Wert von mehreren Tausend Euro kaufen.

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Sei vernünftig und schütz unbedingt deine Daten. Aber keine Sorge: Eine große Menge an Leuten kauft regelmäßig über diese Seiten ihre Drogen, und 99,99 Prozent der Benutzer wird nie Probleme mit dem Gesetz bekommen. Das System ist so ausgelegt, dass es für die Käufer relativ sicher ist, und in den meisten Fällen landest du eher im Gefängnis, wenn du im wahren Leben—und nicht über das Internet—Drogen kaufst.

Meine Kunden sollen sicher sein können, dass sie für ihr Geld auch wirklich Kokain bekommen—und nicht etwa Waschpulver von dem „Dealer" aus dem Park um die Ecke.

Hast du keine Bedenken, dass du mit deinen Geschäften die Probleme von Drogenabhängigen am Leben hältst?

Am Anfang hatte ich die schon, doch nachdem ich mich mehr mit der Community befasst hatte, sah ich die Sache mit anderen Augen. Selbst bei „harten Drogen" wie Methadon und Heroin ist es nicht gesagt, dass alle Kunden automatisch abhängig sind. Die meisten Menschen denken einfach nur in Stereotypen. Die Wahrheit ist aber, dass es neben den Menschen, die Drogen probiert haben und abhängig geworden sind, auch überraschend viele Personen gibt, die regelmäßig Drogen nehmen, ohne dass jemand aus ihrem Bekanntenkreis jemals Verdacht schöpfen würde. Ich bekomme immer wieder Post von Leuten, die mir mitteilen, dass sie beruflich äußerst erfolgreich sind, aber niemand von ihrem Drogenkonsum etwas weiß, da er sozial so geächtet ist.

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Verbote haben noch nie etwas bewirkt. Sie haben schon bei Alkohol nicht funktioniert und auch bei Drogen funktionieren sie nicht. Ich finde, dass die Leute selbst entscheiden sollten, was und wie viel sie konsumieren wollen. Mich interessiert nur, dass meine Kunden ihre Drogen auf sicherem Wege und zu einem günstigen Preis erhalten. Und vor allem sollen sie sicher sein können, dass sie für ihr Geld auch wirklich Kokain bekommen—und nicht etwa Waschpulver von dem „Dealer" aus dem Park um die Ecke. Natürlich können Drogen gefährlich sein, aber ihre Illegalität—und die daraus notwendig werdenden Abstecher in die Unterwelt—können noch mehr Gefahren bergen als die Drogen selbst.

Konsumierst du deine eigenen Produkte?

Gelegentlich, obwohl ich nicht alle Drogen probiere, die ich selbst verkaufe. Und selbst wenn ich das wollte, würde mir meist die Zeit dazu fehlen. Ich trenne nämlich Arbeit und Freizeit. Wenn ich meine eigenen Produkte konsumiere, dann fast nur zu Testzwecken und um zu garantieren, dass sie sicher sind.

Die Forderung nach einer Legalisierung von Drogen findet bei immer mehr Sachverständigen Gehör. Glaubst du, dass sich die Drogenindustrie in 20 Jahren immer noch zwielichtiger Internetseiten bedienen muss?

Ja und nein. Der politische Druck für eine Legalisierung nimmt zu, wobei der Fokus fast ausschließlich auf Marihuana liegt. Außerdem werden in den USA entsprechende Entscheidungen nur auf Bundesstaatenebene getroffen und leider nicht direkt in Washington. Was in 20 Jahren sein wird, kann man unmöglich vorhersagen. Es gibt aber einfach viel zu viele Personen, die davon profitieren, dass Drogen illegal sind. Gefängnisse, Polizisten, Tabak- und Alkoholkonzerne würden unglaublich viel Geld verlieren, wenn du auf legalem Wege an Drogen herankämet.

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Es ist schon echt traurig, dass die Mehrheit der Gefängnisinsassen dafür einsitzt, dass sie kleine Mengen von Drogen besessen oder verkauft hat. Aber leider ist das ein regelrechtes Katz-und Maus-Spiel, bei dem riesige Geldsummen aus den Taschen der Steuerzahler direkt auf das Konto großer Unternehmen fließen, die von der heutigen Gesetzgebung profitieren.

Erst die Zukunft wird zeigen, was passieren wird. Ich kann mir aber nur schwer vorstellen, dass in fünf, zehn oder 20 Jahren Leute auf offener Straße Kokain, Methadon, Pilze, Heroin oder LSD konsumieren dürfen. Gleichzeitig denke ich, dass die Chancen für eine komplette Legalisierung bei Gras deutlich besser stehen, da es viel gesellschaftsfähiger ist.

Du sagst, dass „es zu viele Leute gibt, die davon profitieren, dass Drogen illegal sind", was eine flächendeckende Legalisierung sehr unwahrscheinlich macht. Glaubst du auch, dass das einer der Hauptgründe für den sogenannten „Krieg gegen Drogen" ist? Oder geht es am Ende wirklich um das Wohl der Bürger?

Ich glaube, der erste Punkt trifft es ziemlich gut. Viele Leute sehen dahinter eine Verschwörung, aber ich glaube nicht, dass das zwangsläufig der Fall sein muss. Es geht wohl eher darum, dass es gewisse Leute gibt, denen die Illegalität von Drogen in die Karten spielt und die aus diesen Gründen in Washington viel Geld für Lobby-Arbeit ausgeben. Zu denken, dass irgendein anderer Grund dahinterstecken könnte, finde ich äußerst naiv. Umfragen zeigen, dass die Öffentlichkeit größtenteils für eine Legalisierung ist (zumindest von bestimmten Drogen), aber dennoch werden auf politischer Ebene keinerlei Anstalten gemacht, am Status quo zu rütteln.

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Eines steht jedoch fest: Zumindest der Drogenkonsum muss legalisiert werden. Wenn sie uns Drogen-Dealer weiter in den Knast werfen wollen, ist das eine Sache. Aber die Tatsache, dass 98 Prozent der Verhaftungen wegen Drogendelikten mit dem bloßen Besitz von Drogen zu tun hat, ist einfach nur lächerlich. Es ist nicht ok, dass Millionen von Existenzen ruiniert werden, nur weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort erwischt wurden.

Auch wenn sich meine Antwort natürlich vornehmlich auf Marihuana bezieht, soll sie darauf nicht begrenzt sein. Es gibt übrigens fast genauso viele Menschen, die Marihuana rauchen, wie solche, die „nur" Alkohol trinken, nur dass Gras deutlich weniger Menschen umbringt. Solange wir Leute für den Besitz einer Substanz, die weitaus wenig gefährlich ist als Alkohol, ins Gefängnis werfen, würde ich nicht davon ausgehen, dass Heroin in der nahen Zukunft legalisiert wird.

Bereiten dir in deinem Geschäft die Strafverfolgungsbehörden großes Kopfzerbrechen? Wurde es schon einmal knapp?

Wenn es schon einmal richtig knapp geworden wäre, hätte ich dem Drogengeschäft wohl den Rücken gekehrt. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich mich wirklich sicher fühle. In diesem Business ist es auf alle Fälle besser, ein bisschen paranoid zu sein.

Zu wissen, dass meine Produkte das Leid vieler Leute lindern, ist der beste Lohn meiner Arbeit. Aber klar, auch die Bezahlung ist nicht schlecht.

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Was machst du gegen den Dauerstress und die Paranoia?

Dafür habe ich leider noch kein Rezept gefunden. Meine Geschäfte halten mich ständig auf Trab. Und im Gegensatz zu traditionellen Berufen habe ich auch keine Urlaubstage. Ich bin viel zu beschäftigt, um mir über den enormen Stress groß Gedanken machen zu können. Das mag sich jetzt ein wenig traurig anhören, aber im Großen und Ganzen bin ich mit meinem Leben sehr glücklich. Ich liebe meinen Beruf und weiß, dass ich einen Service anbiete, den du nur bei wenigen anderen bekommen wirst.

Vor allem dann, wenn sich Leute bei mir Drogen aus medizinischen Gründen—und nicht für Partys oder zur bloßen Entspannung—bestellen, macht mir meine Arbeit riesigen Spaß. Es kommt regelmäßig vor, dass mir Kunden mitteilen, dass meine Drogen das einzige Mittel gegen ihre Schmerzen sind. Und viele meiner Kunden sind schon so alt, dass sie nicht einfach mal durch Freunde oder Freundesfreunde an Drogen gelangen können. Zu wissen, dass meine Produkte das Leid vieler Leute lindern, ist der beste Lohn meiner Arbeit. Aber klar, auch die Bezahlung ist nicht gerade schlecht.

Ist der Online-Verkauf sicherer als der Verkauf von Angesicht zu Angesicht?

Für uns Dealer wäre ein Verkauf vor Ort mit weniger Risiken verbunden. Für die Käufer ist es genau andersrum. Die Strafverfolgung hat es vor allem auf die Dealer abgesehen, während sich die meisten Käufer keine großen Gedanken machen müssen, außer sie bestellen sehr große Mengen. Es kam wohl auch schon vor, dass Käufer verhört wurden, nachdem sie sich äußerst sorglos im Internet verhalten hatten. Im Allgemeinen ist der Kauf über das Internet aber weitaus sicherer als der Kauf beim „normalen" Dealer.

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Für einen Verkäufer kann schon eine unverschlüsselte Nachricht oder ein Fingerabdruck auf dem Paket zum Verhängnis werden, wenn die Nachricht oder das Paket in die falschen Hände gerät.

Wenn das Dealen vor Ort sicherer ist, warum verkaufst du dann über das Internet?

Der herkömmliche Verkauf ist zwar generell sicherer. Es spielen aber auch noch andere Faktoren eine Rolle, etwa was du verkaufst, an wen du es verkaufst und wie viel du verkaufst. Wenn du dein Handwerk verstehst, ist der Online-Verkauf tendenziell sicherer. Die eigentliche Gefahr lauert aber nicht in dem, was du tust, sondern in den Fehlern, die dir bei deiner Arbeit unterlaufen können. Für einen Verkäufer kann schon eine unverschlüsselte Nachricht oder ein Fingerabdruck auf dem Paket zum Verhängnis werden, wenn die Nachricht oder das Paket in die falschen Hände gerät.

Ein Verkäufer, der genau weiß, worauf es ankommt, muss sich keine großen Sorgen machen. Nur gibt es leider keine Unikurse zu dem Thema „So wirst du zu einem erfolgreichen Internet-Drogen-Dealer." Der einzige Weg zum Erfolg besteht darin, es zu probieren. Aber leider ist in dieser Branche Learning by doing ein recht gefährliches Unterfangen. Im Grunde ziehe ich den Online-Verkauf deswegen vor, weil ich glaube, dass ich über das nötige Know-how verfüge, um auf diesem Wege sicher meinem Geschäft nachzugehen. Die meisten Leute, die den gleichen Pfad wie ich eingeschlagen haben, spielen aber regelrecht Russisch Roulette und werden entweder nur wenig Geld machen und darum nach kurzer Zeit wieder aussteigen oder laufen den Gesetzeshütern dank haarsträubender Fehler direkt in die Arme.

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Arbeitest du alleine oder hast du Angestellte?

Diese Frage kann ich leider nicht beantworten.

Solange das Geschäft gut läuft, bereiten mir Bitcoin-Kursschwankungen kein Kopfzerbrechen.

Inwiefern beeinflussen Bitcoin-Kursschwankungen dein Geschäft?

Solange das Geschäft gut läuft, bereiten mir Kursschwankungen kein Kopfzerbrechen. Lahmt das Geschäft hingegen, kann ein Bitcoin-Kursverlust darüber entscheiden, ob ich Gewinn oder nur Break-even mache, oder am Ende sogar noch Geld verliere.

Bitcoin kann eine große Rolle dabei spielen, wie viel Einnahmen die Verkäufer machen, gerade bei Verkäufern, die noch am Anfang stehen. Dealer, die noch nicht das Vertrauen der Community für sich gewinnen konnten, müssen fast immer den Umweg über das Treuhandsystem gehen. Im Durchschnitt vergeht zwischen der Versendung des Pakets und der Auszahlung aus dem Treuhandkonto rund eine Woche. Wenn Probleme bei der Bestellung auftreten, kann es auch drei Wochen oder länger dauern.

Außerdem müssen die Verkäufer einen Weg finden, ihre Bitcoin-Gewinne sicher und anonym in echte Währung umzutauschen, was noch mehr Zeit in Anspruch nehmen kann. Wenn du dabei berücksichtigst, dass der Bitcoin-Kurs wochenlang stabil sein kann, um dann in nur wenigen Tagen um mehrere Hundert Dollar zu fallen oder zu steigen, wird schnell klar, dass während dieser Zeit die Profite der Verkäufer auf dem Spiel stehen.

Viele alteingesessene Verkäufer bekommen ihr Geld vom Treuhandkonto, noch bevor das Paket zugestellt wird. Aber auch in diesem Fall können zwischen der Bestellung und dem Eintreffen des Geldes mehrere Tage ins Land gehen, auch wenn sich das mit der Zeit ausgleicht. Wenn ein Verkäufer über längere Zeit gute Geschäfte macht, kann er kurzzeitige Bitcoin-Kursverluste locker kompensieren, auch vor dem Hintergrund, dass er wieder mehr Geld verdienen wird, sobald auch Bitcoin wieder an Wert gewinnt.

Wie machst du deine Bitcoin-Gewinne zu Geld?

Auch diese Frage kann ich aus Sicherheitsgründen nicht beantworten. Ich unternehme große Anstrengungen, um meine Bitcoin-Gewinne auf sicherem Wege in echtes Geld umzutauschen, aber wie ich das genau mache, will ich hier nicht preisgeben.

Hat sich Bitcoin unter „echten" Drogen-Dealern schon einen Namen gemacht?

Überhaupt nicht. Die Mehrheit der „konventionellen" Drogen-Dealer hat keine Ahnung, was Bitcoin sein soll, oder hat nicht einmal von dessen Existenz gehört. Die hingegen, die es kennen, werden den Teufel tun und diese Information mit anderen Dealern teilen. Drogen-Dealer haben die Möglichkeit, viel Geld zu verdienen, indem sie die richtigen Produkte weiterverkaufen. Der Konkurrenz wird dieser Tip natürlich nicht gegeben. Es gibt einige Leute, die Drogen in Darknet-Foren kaufen, um sie dann im Großhandel weiterzuverkaufen. Dabei machen sie sich den günstigen Preise von Drogen made in China zunutze. Prozentual gesehen trifft das aber nur auf sehr wenige Dealer zu.

Händler im Darknet gehörten mit zu den ersten, die sich für ihre Geschäfte massiv der Bitcoin-Währung bedienten. Hältst du es trotzdem für möglich, dass Bitcoin eines Tages eine weit verbreitete Zahlungsmethode werden könnte, die über illegale Geschäfte hinausgeht? Oder glaubst du, der Nutzen von Bitcoin auf seine heutige Verwendung beschränkt ist?

Ich glaube schon, dass Bitcoin das Potential hat, als Zahlungsmittel eine breite Anwendung zu finden. Leider war Bitcoin bis vor Kurzem alles andere als stabil, und nur wenige seriöse Unternehmen sind wohl dazu bereit, eine Zahlungsmethode zu akzeptieren, die innerhalb weniger Tage um 20 Prozent an Wert einbüßen kann. Die meisten Unternehmen, die Bitcoin akzeptieren, gehören Personen, die an sein langfristiges Potenzial glauben. Bisher sind es aber noch sehr wenige. Es gibt dennoch einige wenige Großunternehmen, die jüngst ihre Absicht mitgeteilt haben, Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren, und ich glaube, dass dadurch auch kleinere Unternehmen ermutigt werden, es ihnen gleichzutun.

Aktuell überwiegen in der Community die Nutzer, die Bitcoin als Investment ansehen, sowie solche, die es für ihre illegalen Zwecke gebrauchen. Zum Glück nutzen immer mehr Investoren Bitcoin auch für legale Zwecke. Ebenso kann bei immer mehr Unternehmen mit Bitcoin bezahlen—Hotelzimmer oder Flüge buchen, sowie bei Einzelhändlern für Elektronik oder Möbel damit bezahlen.

Es ist aber noch zu früh um zu sagen, wie das Ganze ausgehen wird. Es gibt genug Leute, die vom langfristigen Potential von Bitcoin überzeugt sind, weswegen ich glaube, dass es bei mehr und mehr legalen Transaktionen angewendet werden wird. Auf jeden Fall wird Bitcoin so schnell nicht von der Bildfläche verschwinden.

Willst du noch lange in diesem Geschäft bleiben?

Ja, will ich. Ich habe schon verschiedene Jobs gehabt, aber nichts war bisher so erfüllend wie die Arbeit als Internet-Dealer. Es ist zwar stressig, gefährlich und nimmt viel Zeit in Anspruch, dafür locken aber großartige Verdienstmöglichkeiten.