Ich bin Urologe - das hat mir geholfen, ein guter Winzer zu sein

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Weinbauer

Ich bin Urologe - das hat mir geholfen, ein guter Winzer zu sein

„Hat nicht schon Voltaire gesagt, dass es auf Erden nichts Ernsteres gibt, als den Weinbau?" Nierensteine wohl.

Nach einer Wette bei einem feucht-fröhlichen Abend unter Urologenkollegen habe ich mich entschlossen—obwohl mich alle auslachten—auf einem einem Hang auf Grundstück von mir in Wallonien Rebstöcke anzubauen.

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Reinier Opsomer in seiner Praxis. Alle Fotos von Hadrien Duré

Mein Name ist Reinier Opsomer und ich bin Sexualforscher und Urologe am Uniklinikum in Brüssel. Dieser Beruf und alle Aspekte an ihm faszinieren mich einfach: Fortpflanzung, Flüssigkeiten und ihr Fluss. Ich mag es, meine Patienten zu bitten, in einen Plastikbecher zu pinkeln, und herauszufinden, was ihnen fehlt.

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Dr. Opsomer hat auch ein Buch veröffentlicht: Harninkontinenz bei Männern

Ich liebe die Wissenschaft des Urins.

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Nach einigen Jahren in der Praxis brauchte ich jedoch noch etwas anderes neben der Arbeit, das aber immer noch mit meinem Fachgebiet, der Urodynamik, zu tun hat.

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Der Trichter, ein wichtiges Instrument für Urologen

Bei urodynamischen Untersuchungen überprüft man, wie gut der Harntrakt funktioniert. Meine kleine Nebenbeschäftigung habe ich dann im Wein und Weinanbau gefunden. Meiner Meinung nach haben beide viel mit der Urologie gemeinsam.

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Man pflegt eine Rebe eben genauso wie einen Patienten. Man macht eine klinische Untersuchung und guckt sich die Blätter an, dann folgt eine Diagnose und man überlegt sicheine Therapie und verhindert Krankheiten. Im Weinberg bewegt man sich genauso wie in einem Krankenhaus. Das Einzige, was fehlt, ist der Kontakt zu Menschen.

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In den 90er Jahren habe ich mich dann auch getraut, eine richtige Lehre im belgischen Huy zum Winzer anzufangen. Ich war einer der ersten in Wallonisch-Brabant, der Wein anbaute. Von Anfang an behandelte ich meine Reben wie die Patienten in meiner Praxis: Ich spreche mit den Trauben, ich horche die Äste ab, taste das Gehänge— also die Traubenab,um das Innere zu untersuchen und eine Diagnose zu stellen.

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Ein Rebstock hat für mich etwas Phallisches. Weinblätter stehen symbolisch für Fruchtbarkeit und die Blattkrankheiten sehen genauso aus wie Genitalwarzen.

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Genauso wie ein Winzer hat auch ein Urologe bestimmte Werkzeuge und Techniken: Die Harnstrahlmessung zum Beispiel zur Inkontinenzbestimmung. Hat der Patient einen normalen Harnfluss und kann die Blase den Urin lange genug halten?

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Es gibt dieses berühmte „Französische Paradox": Wein—gerade auch Rotwein—kann gut für die Gesundheit sein, vor allem für das Herz-Kreislauf-System. Ernährungsexperten raten heute dazu, täglich ein bis zwei Gläser Wein zu trinken, aber nicht mehr, weil ansonsten der positive Effekt zunichte gemacht wird.

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Hat nicht schon Voltaire gesagt, dass es auf Erden nichts Ernsteres gibt, als den Weinbau? Für mich ist das der rote Faden, der sich durch meine Forschung zieht, auch wenn ich für mich eher sagen würde, dass es nichts Ernsteres gibt, als die Urodynamik und den Wein.

Aufgezeichnet von Hadrien Duré.