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Hinter einem der größten Fails der Gaming-Geschichte steckt wohl ein Tippfehler

Die Aliens in 'Aliens: Colonial Marines' sollten furchterregend kluge Bestien werden. Am Ende spottete die Gaming-Welt über sie, sie seien "bedrohlich wie Feldsalat". Nun wird bekannt, dass dafür ein banaler Tippfehler verantwortlich ist.
Frontal ins Dauerfeuer: So simpel waren die Aliens in der Original-Version des Spiels | Screenshot: Aliens: Colonial Marines | Gearbox Software | SEGA

Aliens: Colonial Marines ist ein katastrophal schlechtes Spiel. Der Shooter, der 2013 erschien, ist bis heute eine Art Treppenwitz unter Gamern. Die Entwicklung endete in einem Desaster: Entwickler Gearbox und Publisher Sega stritten vor Gericht, es gab – trotz überraschend guter Verkaufszahlen von über 1 Million Spielen – Anschuldigungen über veruntreute Gelder, gebrochene Verträge. Und zwischen all dem: Das Spiel. Ein Ballerspiel, langweiliger als ein typischer Zombie-Shooter. Die Geschichte, ein uninspirierter Abklatsch vom Kultfilm Aliens, die Grafik enttäuschend und die künstliche Intelligenz der Aliens ein Witz. Jetzt stellt sich raus: Vielleicht war an diesem Desaster nur ein einzelner Buchstabe schuld.

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Was die Aliens von 'Colonial Marines' so dumm gemacht hat

In den Filmen jagen die mörderischen Alien-Monster raubtierhaft nach Marines in dunklen Raumstationen. Sie pirschen, sie lauern, sie sind die blutrünstigsten Jäger des Universums. Im Spiel laufen sie frontal ins Dauerfeuer, stellen sich auf ihre Hinterbeine und versuchen dann ihre Feinde mit Ohrfeigen zu besiegen. Die Kritiken von Presse und Gamern dafür waren vernichtend. Die Aliens seien "reines Kanonenfutter", "bedrohlich wie Feldsalat", hieß es beispielsweise im Test der GameStar. Ab da war für viele Spiele-Fans klar: Aliens: Colonial Marines sollte am besten schnell vergessen werden.

Doch einige wenige Modder und Hacker hielten dem Spiel die Treue. Und fanden unglaubliches heraus: "Ein Tippfehler in der INI-Datei scheint der Grund für die furchtbare künstliche Intelligenz im Spiel zu sein", schreibt ein Nutzer mit dem Namen jamesdickinson963. Er ist der Chef-Entwickler des Mod-Projekts "TemplarGFX's Aliens: Colonial Marines Overhaul", das Jahre nach Erscheinen die gröbsten Fehler der Original-Entwickler beheben soll.


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Der Programmierfehler, den der umtriebige Modder entdeckt, ist absurd simpel. In der "Initialisierungsdatei", der .ini-Datei, von Aliens: Colonial Marines werden in einfach einsehbarer Text-Form bestimmte Einstellungen gespeichert. Dort findet der Modder eine Zeile, die ihn stutzig macht: "PecanGame.PecanSeqAct_AttachPawnToTeather", auf den ersten Blick sieht diese Zeile aus wie ganz normaler Code. Doch bei genauerer Betrachtung fällt auf: "Teather" ist kein echtes englisches Wort. Es ist ein Vertipper von "Tether", zu Deutsch: Leine. Der Modder entfernt das überflüssige "a".

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Im Spiel, so bemerkt jamesdickinson963, hat diese einfache Änderung einen dramatischen Effekt. "Diese Zeile bewirkt eine Menge", schreibt der Modder. "Sie kontrolliert die taktische Positionierung der Aliens. Wenn ein Xeno-Alien im Spiel erscheint, wird es mit einer Leine an eine Zone im Level befestigt. Diese Zone verrät dem Alien, was das für eine Gegend ist, in der er kämpft, und wo sich mögliche Ausgänge befinden. Im Kampf zwingt diese Zeile die Aliens Zonen zu wechseln, um Spieler zu flankieren oder sich zu verstreuen, damit sie keine Horden bilden." Zumindest ist das die Änderung, die der Modder wahrnimmt, denn Einsicht in den Quellcode des Spiels, hat auch jamesdickinson963 nicht.

Doch einen Effekt scheint die Änderung wirklich zu haben. Auch Journalisten vom Magazin PC Gamer bestätigen in ihren Tests die Verbesserungen nach der Korrektur der .ini-Datei: "Die Aliens sind aggressiver und besser darin, den Spieler zu verfolgen", heißt es im Bericht.

Die Entwicklerfirma Gearbox schweigt zum Thema

Der Modder entdeckte den Tippfehler bereits im November 2017. Doch Aufmerksamkeit bekommt das "a", das mutmaßlich die KI von Aliens: Colonial Marines sabotierte, erst jetzt. Ein Nutzer des populären Gaming-Forum ResetEra entdeckte im Forum einen Link auf die Mod-Seite von jamesdickinson963 und fand dort dann den Eintrag über den verräterischen Buchstaben. Dass es bis zur Würdigung der Arbeit von jamesdickinson963 bis heute gedauert hat, ist überraschend. "Wie ist das noch nicht viral gegangen?" schrieb ein Nutzer der Mod im November 2017.

Doch überraschender als der späte Ruhm von jamesdickinson963 als Modder und Code-Lektor ist, dass die Entwickler des Spiels, Gearbox, den Fehler bis heute nicht selbst gefunden haben. Zum Fund des Modders äußerten sich die Entwickler bisher nicht. Noch 2013 erschien ein letzter, großer Patch, der auch die KI der Aliens überarbeiten sollten. Das "a" übersahen die Programmierer des Studios.

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