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Die supersicheren Smartphones der Drogenbosse – und wie das FBI deren Hersteller jagt

Die Firma Phantom Secure soll ihre Smartphones gezielt an Kriminelle und Gangs verkaufen. Von den Sicherheitsfeatures der Handys können normale Nutzer nur träumen. Nun ist die Firma dem FBI in die Falle getappt.
Ein FBI-SWAT-Team stürmt im Oktober 2006 das Haus eines vermeintlichen Drogendealers in Kalifornien | Bild: imago | ZUMA Press 

Bereits seit Jahren haben Ermittler zwielichtige Firmen im Visier, die besonders sichere Smartphones verkaufen. Sie bieten umgerüstete BlackBerrys oder Android-Geräte an, die nur verschlüsselte Nachrichten über private Netzwerke verschicken. Einige dieser Firmen stehen im Verdacht, hauptsächlich kriminelle Organisationen zu beliefern. Nun hat das FBI den Geschäftsführer von Phantom Secure festgenommen, einer der bekanntesten Firmen in diesem Bereich. Die Festnahme erfolgte im Rahmen einer großangelegten Polizeiaktion, wie Gerichtsdokumente und Quellen, die mit dem Fall vertraut sind, bestätigen.

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"Das FBI lässt seine Muskeln spielen", sagte eine Quelle gegenüber Motherboard, die uns von der Festnahme berichtete, bevor sie öffentlich bekannt gegeben wurde. Wir haben den Quellen in diesem Artikel Anonymität gewährt, da es sich um sensible Informationen über den Handel mit sicheren Smartphones handelt. Die Quelle sagte, das FBI habe die Operation gemeinsam mit kanadischen und australischen Behörden durchgeführt.

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In der Anklage, die am Donnerstag in einem kalifornischen Gericht eingereicht wurde, wird dem Gründer von Phantom Secure, Vincent Ramos, Beihilfe zu organisiertem Verbrechen und Drogenhandel vorgeworfen. Ramos wird außerdem beschuldigt, Phantom Secure explizit gegründet zu haben, um kriminelle Aktivitäten zu unterstützen.

Die Hells Angels sollen zu den Kunden gehören

Aus der stark geschwärzten Anklageschrift, die vom FBI-Sonderermittler Nicholas Cheviron verfasst wurde, geht hervor, dass auch Mitglieder des bekannten Sinaloa Drogenkartells Geräte von Phantom Secure genutzt haben sollen. Auch die "obere Führungsriege" von internationalen kriminellen Gruppen sollen Smartphones gekauft haben. Eine zweite Quelle sagte gegenüber Motherboard, dass die Geräte in Mexiko, Kuba und Venezuela und an die Hells Angels verkauft worden seien. Cheviron schätzt, dass weltweit etwa 20.000 Phantom-Smartphones genutzt werden, die dem Unternehmen einen Gewinn von mehreren Millionen US-Dollar einbringen.

In der Anklage werden einige phantasievolle E-Mail-Adressen von Kunden angeführt, die auf kriminelle Aktivitäten anspielen: "Leadslinger", "the.cartel", "trigger-happy" oder "knee_capper9".

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Sicherheit heißt: Keine Kamera, kein Mikrofon, kein GPS

Um die BlackBerrys für ihre Kunden sicher zu machen, schaltet Phantom nicht nur Mikrofon und Kamera ab, sondern auch das GPS, Web-Browser und normale Messenger-Dienste, heißt es in der Anklage. Anschließend installiert Phantom PGP-Software, damit Nachrichten verschlüsselt über Server im Ausland verschickt werden. Phantom kann auch aus der Ferne alle Daten von Geräten löschen, falls sie von den Behörden beschlagnahmt werden sollten.

Um Phantom Secure zu überführen, gaben sich kanadische Polizisten als Drogenschmuggler aus und kauften die veränderten Smartphones. Auf die Frage, ob sie bedenkenlos Nachrichten wie "Ecstasy nach Montreal senden" verschicken könnten, antwortete Phantom, das sei "völlig in Ordnung". Die Ermittler gaben außerdem vor, dass eines ihrer Telefone beschlagnahmt worden sei und baten Phantom Secure, alle Daten darauf zu löschen.

Im Februar 2017 trafen sich außerdem mehrere Undercover-Agenten, die sich als Drogendealer ausgaben, mit Ramos in Las Vegas. Bei dieser Gelegenheit sagte Ramos ihnen, dass die Smartphones speziell für das Drogengeschäft gedacht wären.


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Mehrere Firmen im Visier der Ermittler

Das FBI hat laut Anklage wenigstens einen Zeugen, der bereits ist zu kooperieren: einen verurteilten Drogendealer des Sinaloa-Kartells. Dieser Zeuge und ein gewisser Marc Emerson, der im Jahr 2017 an einer Überdosis starb, waren Kunden von Phantom Secure und nutzten die modifizierten Smartphones für ihre internationalen Drogengeschäfte.

Am vergangenen Mittwoch wollte das FBI den Fall nicht kommentieren und hat auf unsere Nachfrage am Samstag nicht geantwortet. Auch Ramos' Anwalt hat auf unsere Anfragen zu dem Fall nicht reagiert.

In den letzten Jahren sind Strafverfolgungsbehörden hart gegen Smartphone-Anbieter vorgegangen, die angeblich mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung stehen. Im Jahr 2016 verhafteten niederländische Polizisten den Besitzer von Ennetcom, zu deren Kunden Auftragskiller, Drogendealer und andere Kriminelle gehören sollen. Im Jahr 2017 nahmen niederländische Behörden die Firma PGP Sure hoch, die ebenfalls kriminelle Gruppen beliefert haben sollen.