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Meine Scherz-Kryptowährung war 2 Milliarden Dollar wert – spinnt ihr alle!?

Eigentlich war die Kryptowährung "Dogecoin" mit dem niedlichen Hunde-Meme als Satire gedacht. Doch dank des Krypto-Hypes explodierte ihr Wert. Für den Erfinder ist das repräsentativ für die gesamte Branche.
Screenshot: YouTube

Jackson Palmer ist australischer Unternehmer und Programmierer, der als Erfinder der "Scherz"-Kryptowährung Dogecoin bekannt wurde. Momentan arbeitet er als Produktmanager in San Francisco, beschäftigt sich jedoch immer noch aktiv mit Kryptowährungen. Jackson hat in verschiedene Kryptowährungen investiert, sein Anteil an Dogecoin ist weniger als 50 US-Dollar wert. Ihr könnt Jackson auf Twitter und YouTube folgen.

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Alles begann 2013 mit einem Tweet: Ich postete scherzhaft, dass ich nun in Dogecoin investieren würde, sie wären jetzt das nächste große Ding nach Bitcoin. Niemals hätte ich mir träumen lassen, dass die Kryptowährung, die ich mir als Parodie auf Bitcoin ausgedacht hatte, 2018 immer noch existieren würde – geschweige denn, dass sie einen totalen Marktwert von zwei Milliarden US-Dollar erreichen würde.

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Im letzten Jahr stieg das öffentliche Interesse an Kryptowährungen ins Unermessliche. Die Menschen investierten so viel in Bitcoin, Ethereum und Co wie noch nie zuvor. War 2017 das beste Krypto-Jahr aller Zeiten? Diese Annahme ist ziemlich verlockend. . Ich finde es jedoch kurzsichtig, diese Marktexplosion mit nachhaltigem Wachstum zu verwechseln – tatsächlich glaube ich, dass 2017 das wahrscheinlich schlechteste Jahr in der Geschichte der Kryptowährungen war. Denn durch meine Erfahrung mit Dogecoin habe ich so einiges über den Markt, enthusiastische Investoren und abgebrühte Spekulanten gelernt.

Aus einer Spaßwährung wird bitterer Ernst

Dogecoin begann als Parodie auf die unzähligen alternativen Kryptowährungen, oder "Altcoins", die damals den Markt überschwemmten. Als das Interesse an Dogecoin dank Social Media und einer sehr aktiven Reddit-Community stieg, wurde es zu einer Art spielerischem Einstieg für Menschen, die sich zum ersten Mal mit Kryptowährungen beschäftigten – dank des niedrigen Preises und einer aufgeschlossenen Gemeinschaft, die neue Mitglieder mit offenen Armen empfing.

2013 schien die Zukunftsvision für Kryptowährungen noch ganz klar: Sie sollten eine Alternative zu staatlichen Währungen darstellen, die völlig dezentralisiert stattfand. Man wollte sich von Finanzinstituten emanzipieren, die während der Finanzkrise bewiesen hatten, wie skrupellos und korrupt sie waren. Die Krypto-Bewegung wurde 2009 durch Bitcoin in Gang gebracht, das die nötigen technischen Innovationen mitbrachte, um dieser Vision gerecht zu werden. Damals hoffte ich, dass ein Projekt wie Dogecoin mit Hilfe der Community ein noch größeres Bewusstsein für die Blockchain-basierte Technologie schaffen und sie weiter vorantreiben könne.

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Doch ich musste schnell einsehen, dass eine begeisterungsfähige Gruppe, die bereitwillig Geld um sich schmeißt, das perfekte Angriffsziel für Finanz-Haie und andere Betrüger ist. So wurde die Dogecoin-Community 2014 von einem Scammer infiltriert, der andere Nutzer um mehrere Millionen erleichterte.

Dieser Vorfall veränderte die Dynamik in der Community: Die, die auf die Scammer hereingefallen waren, verschwanden 2015 langsam und das Interesse an Dogecoin nahm ab – und somit sank auch sein Wert. Zur selben Zeit wurde auch das Vertrauen in Bitcoin erschüttert: Hacking-Attacken und Betrugsfälle dominierten die Schlagzeilen und mit der Etablierung als universelles Zahlungsmittel klappte es nicht mal annähernd so gut, wie prognostiziert. Trotz dieser Rückschläge flossen nach wie vor hohe Risikokapitalsummen in Krypto-Unternehmen, die wie Pilze aus dem Boden schossen. Diese Unternehmen konnten meist nichts weiter aufweisen als eine mit Buzzwörtern gefüllte Website; über ein ausgereiftes Geschäftsmodell verfügten die wenigsten.

Angesichts dieser Entwicklungen beschloss ich 2015, mich aus der Krypto-Welt zurückzuziehen. Die Weiterentwicklung von Dogecoin vertraute ich einem Team aus der Community an. Damals ging ich ganz offen damit um, dass ich alle Dogecoins, die ich damals besaß, für wohltätige Zwecke spendete und dass ich keinen Gewinn aus dem Projekt geschlagen hatte. Alle Dogecoin, die ich heute besitze, habe ich von anderen Doge-Fans als kleines Dankeschön erhalten.

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Obwohl schon damals feststand, dass die Kryptowährungen bald vor großen technischen Problemen stehen würden, sahen Investoren nur die Gewinnmöglichkeiten, statt Energie in die technische Weiterentwicklung zu stecken. In den nächsten zwei Jahren beobachtete ich die Entwicklungen nur aus der Ferne. Ich beobachtete, wie sich der Fokus immer mehr von der Technologie hinter diesen Netzwerken wegbewegte, hin zu glänzenden neuen Projekten, die so oft wie möglich das Wort "Blockchain" fallen ließen.

Merke: Wenn dein Taxifahrer dir Finanztipps gibt, ist alles zu spät

In Finanzkreisen gibt es einen nützlichen Merksatz: "Wenn dein Taxifahrer dir empfiehlt, in eine bestimmte Aktie zu investieren, dann weißt du, dass du verkaufen musst." Wenn also ein Außenstehender mit (vermeintlich) wenig Erfahrung im Aktiengeschäft anfängt, dir Ratschläge zu erteilen, ist das ein guter Indikator, dass der Markt bereits überlaufen ist. Als mir mein Uber-Fahrer 2017 begeistert von Ethereum erzählte, wusste ich, dass wir nun den Punkt einer spekulativen Krypto-Hypes erreicht hatten.

Kein Trend macht das so deutlich wie die sogenannten Initial Coin Offerings oder ICOs. Im vergangenen Jahr nahmen tausende neue Unternehmen insgesamt über eine Milliarde US-Dollar im Austausch für virtuelle "Token" ein, die die Käufer dann sofort auf einem Sekundärmarkt verkaufen konnten – oft mit hohen Gewinnen. Das erinnerte mich an die Scams, die ich im Dogecoin-Netzwerk miterlebt hatte. Ein Token namens PlexCoin beispielsweise sammelte fast 15 Millionen US-Dollar in einem ICO, bevor kanadische und US-amerikanische Behörden das Vermögen des Inhabers einfroren und er in Kanada zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde.

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Ebenfalls auf Motherboard: Zu Besuch in der chinesischen Bitcoin-Mine


Diese beunruhigenden Beobachtungen haben mich dazu gebracht, wieder in die Krypto-Sphäre einzusteigen – denn ich möchte meinen Kollegen, Freunden und Familienmitgliedern helfen, die mich fragen, ob sie ihr Geld in Kryptowährungen investieren sollen. Wenn ich meine Aufgabe gut mache, wissen sie am Ende besser über die möglichen Risiken Bescheid, die eine solche Investition mit sich bringt.

Nimmt man alle Kryptowährungen zusammen, so ist ihr totaler Marktwert auf über 700 Milliarden US-Dollar angeschwollen – hauptsächlich durch Spekulationsgeschäfte. Fast jeden Tag taucht ein neuer Bericht über einen 20-Jährigen auf, der über Nacht zum Bitcoin-Millionär geworden ist. Oder darüber, wie eine Währung, die seit 2015 kein Software-Update mehr erhalten hat, plötzlich über zwei Milliarden US-Dollar wert ist – so wie es bei meiner eigenen Währung, Dogecoin, vor 10 Tagen für einen kurzen Moment der Fall war.

Wenn eine Zahnarzt-Währung plötzlich eine Milliarde wert ist, stimmt etwas nicht

Der rasante Wertanstieg von Dogecoin ist auf den Bitcoin-Hype zurückzuführen. Unerfahrene Investoren kauften auf Verdacht günstige Token, in der Hoffnung, dass sie einmal so groß wie Bitcoin werden würden. Die ständigen Tal- und Bergfahrten, die man zur Zeit bei fast jeder Kryptowährung beobachten kann, lassen sich dadurch erklären, dass auf dem größtenteils unregulierten Markt, ahnungslose Enthusiasten auf abgebrühte Player stoßen, die die Situation für sich ausnutzen. Die Dogecoin-Community auf Reddit ist in letzter Zeit wieder aktiver geworden, aber der Großteil der Diskussionen dreht sich heute um die Preisentwicklung.

Zwar ist es schön zu sehen, wie sehr sich der Mainstream für Kryptowährungen begeistert, aber der Fokus auf den Preis und die Verheißung des schnellen Geldes lenkt von den idealistischen Zielen ab, mit denen Projekte wie Bitcoin einst gestartet wurden. Auch darf man nicht vergessen, dass die Technologien hinter den Netzwerken immer noch große Probleme mit der Skalierbarkeit haben, die unbedingt gelöst werden müssen. Momentan kostet jede einzelne Transaktion im Bitcoin-Netzwerk ungefähr 30 US-Dollar. Gleichzeitig erreichte ein Token, der sich selbst als "die Blockchain-Lösung für die weltweite Zahnarztbranche" bezeichnet, vorletztes Wochenende einen totalen Marktwert von einer Milliarde US-Dollar. Hier kann doch etwas nicht stimmen.

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Während FOMO-getriebene Möchtegern-Investoren sich in der Hoffnung auf den großen Gewinn auf den nächstbesten ICO stürzen, ist Bitcoin so weit davon entfernt, zum universellen Zahlungsmittel zu werden, wie noch nie zuvor. Erst kürzlich haben große Unternehmen wie Microsoft oder die Videospiel-Plattform Steam die Option, mit Bitcoin zu zahlen, aus ihren Online-Shops entfernt.

Gleichzeitig wirkt es so, als ob Bitcoins ursprüngliche Vision immer weiter verwässert. Inzwischen fließt Geld von großen Kapitalanlegern auf den Kryptomarkt und an der Börse lässt sich mit "Bitcoin Future" auf die Preisentwicklung der Währung wetten. Was ist aus der Idee geworden, die vermeintlich korrupten Finanzinstitute aus der Gleichung zu entfernen?

Die Frage ist nicht, ob die Blase platzt. Die Frage ist, was danach passiert

Schaut man auf die immense Preissteigerung und den großen Medienhype, kann man 2017 leicht für das erfolgreichste Jahr der Kryptowährungen halten. Für mich war es jedoch das genaue Gegenteil: 2017 war das Jahr, in dem es bei Kryptowährungen nicht mehr um technisch innovative Dezentralisierung ging, sondern sie sich stattdessen zu einem neuen, unregulierten Aktienmarkt entwickelten. 2017 war auch das Jahr, in dem die Institutionen, die Bitcoin ursprünglich entmachten wollte, begannen, sich in den Krypto-Markt einzukaufen.

Trotzdem möchte ich noch nicht das Ende der Kryptowährungen verheißen. Es ist schwer vorherzusagen, wie sehr sich die aktuelle Krypto-Blase noch aufblähen wird, und wann sie platzen wird (denn das wird sie). Mir brennt am meisten folgende Frage unter den Fingernägeln: Wenn die Blase erstmal geplatzt ist und mit ihr auch der Hype verschwindet, wird die Community dann den Willen und die Energie haben, wieder eine echte, innovative Technologie aufzubauen?