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Bis so guet

Was Pandas und Nihilisten gemeinsam haben

Und warum die Wissenschaft alles daran setzt, dass sich das ändert.
Foto von Jamison Fose

Pandas führen vor, was am Projekt Artenschutz alles schief läuft. Der Grosse Panda (Ailuropoda melanoleuca) ist nicht nur das Logo der bekanntesten Tierschutzorganisation der Welt (dem WWF), sondern auch dessen No1 Merchandise Gag. Es gibt WWF-Panda-Shirts, Lunchboxen, Kreditkarten, usw. Es gibt zwei WWF-Panda-Klubs für Kinder (LiLu Panda und der Panda Club). Und natürlich gibt es auch das Pandamobil.

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Im Gegensatz zur täglichen Wiederkunft der Schwangerschafts-Status-Updates deiner Sandkastenliebe gelingen den Pandas echte Kardashian-Effekte in den sozialen—und allen anderen—Medien. Wenn Fu Long im Wiener Tiergarten Schönbrunn sein morgendliches Häufchen machte, stritt man sich darum, wem das schöne Stück gehören sollte.

Die chinesische Regierung setzt Pandas übrigens seit den 50ern als diplomatische Geschenke ein. Das Geschäftsmodell ist unterdessen so rentabel, dass die pummeligen Bären seit 1982 nur noch verliehen werden—gegen eine Leasinggebühr von einer Million US-Dollar pro Jahr. Bei ihrer China-Stippvisite fütterte Michelle Obama den kleinen Oreo (er ist zum knabbern süss) mit einem Apfel. Kurz: Keine andere Tierart erhielt jemals so viel Aufmerksamkeit, wie diese faulenzenden, selbstgefälligen Wollknäuel.

Foto von Frédéric Bisson ı Flickr ı CC BY 2.0

Der elende Plüschbär repräsentiert, was sich an der Natur zu retten lohnt. Er ist kuschlig, niedlich und Wahlvegetarier—ein Spass für die ganze Familie. Der Arten-schutz braucht den Panda, um zu überleben. An dieser Stelle beginnt die eigentliche Überlegung. Genau das Tier, das für die Rettung tausender Tierarten steht, weigert sich vehement, gerettet zu werden. Man hat schon alles versucht. Pornografie, Viagra, Sextraining, riesige Schutzgebiete in Sezuan. Seit 1939, also 33 Jahre vor der ersten internationalen roten Liste für Artenschutz, steht der grosse Panda unter Schutz. Und heute ist die Pandapopulation mit knapp 1600 Tieren so klein, wie nie zuvor.

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Foto von Lawrence Fung ı Flickr ı CC BY 2.0

Egal, was unternommen wird, wieviele Reagenzglas-Bären gezüchtet, wieviele Quadratkilometer Panda freundliche Zonen geschaffen werden, die verdammten Viecher wollen sich einfach nicht vermehren. 2006 wurde zum ersten Mal ein Panda ausgewildert. Das Tier wurde drei Jahre darauf vorbereitet. Kaum ein Jahr später wurde es tot aufgefunden.

Wenn wir mit Michel Foucault feststellen, dass der politische Kern moderner Gesellschaften vor allem darin besteht, „das Leben" zu produzieren, indem sie es kontrollieren (kurz: „Biopolitik" zu betreiben), ist der Panda der grosse dadaistische Mittelfinger, der jegliche Form sozialer und politischer Sinnbildung ad absurdum führt.

Foto von LWYang ı Flickr ı CC BY 2.0

Der Witz daran: Den Pandas geht das alles an ihrem plüschigen Arsch vorbei. Was uns endlich zum Nihilismus bringt. Allerdings zu einer seiner exotischsten Formulierungen, von Friedrich Nietzsche. Genauer: Bei dem Nietzsche aus „Jenseits von Gut und Böse". Im sechsten Teil des Werks beschreibt er kurz eine Art Gegenfigur zum Skeptiker der (damaligen) modernen Weltanschauung: Ein „russisches Nihilin", ein Pessimismus als „guter Wille zur wirklichen tätlichen Verneinung des Lebens", der nicht nur „Nein sagt, Nein will, sondern—schrecklich zu denken! Nein tut."

Genau hier liegt der Nihilismus der Pandas. Das Projekt, ihre „Essenz" zu isolieren, um sie der biopolitischen Ordnung verfügbar zu machen, scheitert eben nicht, weil sie sich absichtlich weigern würden (was zugegeben, auch seinen Reiz hätte). Ihre Verweigerung besteht nur darin, dass sie leben. Dass sie sich so verhalten, wie sie es halt tun. Angesichts ihres—total unter menschlicher Kontrolle stehenden—Lebensraums sind sie Verweigerung. Mit anderen Worten: Pandas sind mehr Punk, als Punk es jemals war und sein könnte.

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Foto von Jamison Foser ı Flickr ı CC BY 2.0

Das Besondere am Panda-Nihilismus ist nun, dass er gerade nicht auf der Anerkennung irgendeines fehlenden Grundes basiert, sondern auf der tatsächlichen Grundlosigkeit ihres Verhaltens (gegenüber der biopolitischen Ordnung). Die Pandas verneinen nichts. Keine Weltanschauung, keine Behandlung, keinen Zwang. Sie sind Verneinung—in allem, was sie tun. Damit ist selbst ihre Fortpflanzung nichts als Verweigerung.

Wenn wir also wild in die Hände klatschen, sobald der Wiener Wunderbär Long Hui seine Panda-Dame Yang Yang lüstern anschielt, könnten wir uns fragen, was genau wir da eigentlich zelebrieren. Aber bevor ich noch mehr Unsinn labere, habe ich einige Vorschläge, wo ihr dieses Wochenende versuchen könnt, diese Frage zu beantworten:

Heute wird es super gemütlich mit super Sofakunst.

Morgen gehen wir in die Kaserne Basel zu DJ Shadow und Cut Chemist. Wer es etwas düsterer mag, geht ins Kiff, zu Solstafir, und wer sich wirklich abschiessen will, macht das am Weinseminar im Kraftfeld.

Gavlyn & Oh Blimey

Am Samstag wird getanzt! Clubbing Noize im Coq d'Or, Gavlyn & Oh Blimey im Plaza, Rakete im Hive und die Lux Rec Night im Kauz. Was will man mehr?

Und am Sonntag spielen Dan Michaelson & the Coast Guards im Palace.