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Anti-Kater-Mittel

Ein kleines Pflaster könnte dich vorm nächsten Kater bewahren

Haben wir endlich den heiligen Gral gefunden? Kann dieses Vitamin-B1-Pflaster tatsächlich den Morgen danach erträglicher machen? Im Praxistext versuche ich herauszufinden, ob das Wundermittel hält, was es verspricht.

„Leute! Mein Mund fühlt sich an, als hätte ich gestern Abend einem Typen den Arsch geleckt, der seit 20 Jahren auf der Straße lebt. Aber mit dem Pflaster habe ich keinen Kater und das jetzt schon das zweite Mal. Normalerweise hänge ich zwei Tage richtig durch."

Manchmal braucht es keine hochtrabenden Worte, um Begeisterung auszudrücken. Das ist, wie euch vielleicht schon denken konntet, keine Rezension für ein Sternerestaurant, sondern die ehrliche Meinung eines einfachen Typen auf Amazon in den Bewertungen des neuen Anti-Kater-Pflasters Be On 1. Damit gehört die Angst vor dem Morgen danach, dem Erbrechen, dem Zittern und all den anderen üblen Nachwirkungen endlich der Vergangenheit an, so die kühnen Versprechen.

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Aber das ist nicht der einzige sprachliche Erguss zu den Wunderwirkungen dieses Pflasters: „OMG! Warum werden die nicht von der Krankenkasse bezahlt? Die sind echt gut. Während eines drei Tage langen Besäufnis habe ich mich trotzdem jeden Tag wie ein Mensch gefühlt. Und normalerweise will ich am nächsten Tag nur noch meinen Kopf in den Mixer stecken. :((("

Die Bewertungen sprechen also für das Pflaster, das über einen Zeitraum von 24 Stunden Thiamin bzw. Vitamin B1 über die Haut abgibt. Die Hersteller sagen, dass 82 Prozent der Nutzer nach der Anwendung einen „deutlichen Unterschied gespürt" haben.

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Be On 1 gibt kontinuierlich B-Vitamine an den Körper ab und soll so einem Kater vorbeugen. Alle Fotos vom Autor.

Haben wir also endlich den heiligen Gral gefunden? Ist das das Ende des Katers?

Ich habe Ernährungsexpertin Jo Travers von The London Nutritionist dazu befragt und ihre Antwort lässt sich ziemlich kurz zusammenfassen: „Ähm…" Heute Abend werde ich mir im Selbstversuch eines der Pflaster aufkleben, Jo erklärt mir vorher noch alle gesundheitlichen Fakten und was das Pflaster wirklich kann.

„Ja, durch Alkoholkonsum kann der Vitamin-B-Haushalt geschwächt werden, aber ein Vitaminmangel tritt erst bei starkem Alkoholismus auf", klärt mich Jo auf. „Alkohol kann die Magenschleimhaut schädigen, wo Nährstoffe aufgenommen werden. Aber auch die Leber, wo die B-Vitamine normalerweise verarbeitet werden, kann betroffen sein. Aber es gibt keine Beweise dafür, dass man sich allein durch Vitamin B1 besser fühlen wird. Man bräuchte einen Vitamincocktail, um den geschwächten Nährstoffhaushalt wieder auszugleichen. Dafür reicht aber auch eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung und Lebensweise. Ein schneller Vitamin-B1-Kick hat auch keine unmittelbaren positiven Auswirkungen."

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OK, die guten Nachrichten zuerst: Ich bin kein Alkoholiker, theoretisch müsste ich mir also kein Extra-Thiamin über die Haut zuführen. Dennoch beginne ich mein 24-Stunden-Experiment mit meinem Pflaster und einer guten Bloody Mary.

Das Pflaster auf meinem Oberarm anzubringen war ein großer Fehler: Meine Freunde reißen es sofort ab, als ich in den Pub komme. Sieht immerhin aus wie die Schutzfolie von meinem Smartphone.

Das Pflaster auf meinem Oberarm anzubringen war ein großer Fehler: Meine Freunde reißen es sofort ab, als ich in den Pub komme. Sieht immerhin aus wie die Schutzfolie von meinem Smartphone.

Naja, wir werden schon sehen, wer morgen gut Lachen hat.

Ich habe Matt, Sprecher bei Be On 1, gefragt, wie sie auf die Idee zum Pflaster gekommen sind. Alles begann bei einem Männertrip:

„Wir sind spontan nach Vegas gefahren. Ein Besitzer eines Nachtclubs hatte uns so etwas wie das Pflaster gegeben, damit wir das ganze Wochenende durchfeiern konnten", erklärt er mir. „Wir wahren anfangs total skeptisch, aber die Wirkung war großartig. Als wir wieder zurück in Großbritannien waren, haben wir sofort weiter nachgeforscht, um ein ähnliches Produkt auf den Markt zu bringen."

Anders als Jo Travers ist Matt vollkommen überzeugt, dass Thiamin im Blut Wunder wirken kann, wenn man sich einen Drink gönnt.

„Vitamin B1 kann unter anderem den Stoffwechsel unterstützen und dir mehr Energie geben. Das ist beides wichtig, wenn man ein turbulentes Leben führt. Und damit tut man auch der Leber etwas Gutes", meint er. „Der Trick ist das Pflaster. Dadurch können die Vitamine direkt über die Haut aufgenommen werden und das 24 Stunden lang. Dein Körper bekommt also genau die Nährstoffe, die er braucht."

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Jo Travers aber meint: „Alkohol ist ein Diuretikum, das heißt es ist harntreibend und der Körper verliert Flüssigkeit. B-Vitamine aber sind wasserlöslich, das hat also einen großen Einfluss darauf, wie viel man tatsächlich aufnehmen kann und wie viel man wieder ausscheidet."

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Heißt: All die Extra-Vitamine, die dein Körper nicht braucht, pinkelst du einfach wieder aus.

Nach ein paar Flaschen Wein und ein paar Kurzen würde ich meinen Rausch nicht anders beschreiben als sonst: Ich bin weder mehr noch weniger betrunken. Später in einem vollen Club wird es dann aber etwas unangenehm. Jemand neben mir schnüffelt verwirrt herum und fragt mich: „Sag mal, was riecht hier so komisch?"

Scheiße. Das bin ich. Das Pflaster scheint irgendeinen komischen Geruch abzusondern, ein bisschen wie süßliche Katzenpisse. Na super. Ich glaub, ich gehe lieber nach Hause.

Am nächsten Morgen kann ich meine Augen kaum öffnen. Zeit, Bilanz zu ziehen: Ja, mir gehts ziemlich dreckig. Aber die Kopfschmerzen, die ich sonst habe, sind nicht da und ich muss mich auch nicht sofort übergeben. War das jetzt das Pflaster oder hatte ich einfach Glück?

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Ich lasse das Pflaster noch ein paar Stunden lang drauf, um mir noch ein bisschen mehr Vitamin B zu gönnen. Wovor mich aber keiner gewarnt hat, sind die höllischen Schmerzen beim Abziehen. Sofort steigt mir wieder dieser süßlich-chemische Geruch in die Nase und da wo das Pflaster war sieht mein Arm ein bisschen aus wie Rupert Murdoch: rot, faltig und irgendwie ekelhaft.

Hat das Pflaster nun tatsächlich gewirkt oder war das nur ein Placeboeffekt. Ich frage Jo Travers noch einmal nach ihrer Expertenmeinung:

„Es ist möglich, dass das Pflaster einen Placeboeffekt hatte. Und daran ist ja auch nichts verkehrt, denn wenn es dir dadurch besser geht, erfüllt es ja irgendwie auch seine Aufgabe", meint sie. „Aber ich persönlich würde sie nicht benutzen. Am besten trinkt man am Morgen danach ein großes Glas Wasser. Langsam, nicht zu schnell, dann kann der Körper das besser verarbeiten. Ein gutes gesundes Frühstück ist auch nicht verkehrt—klassisch britisch zum Beispiel mit Toast oder Kartoffelröstis für die Kohlenhydrate, pochierten Eiern für die Proteine und Tomaten mit Pilzen und Bohnen für die Vitamine. Dadurch kommst du wieder auf die Beine und fühlst dich besser."

Aha! Das gute alte Katerfrühstück also, egal welche Spezialitäten man dafür bevorzugt. Das hat zwar nicht annähernd so gute Kundenrezensionen auf Amazon, aber dafür hat es sich schon jahrelang bewährt.