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Mit diesem Code markieren Neonazi-Trolle online ihre Opfer

Jüdische Journalisten haben die extreme Rechte gerade mit ihren eigenen Waffen geschlagen.
Bild: Jason Koebler

Jüdische Autoren und andere Personen des öffentlichen Lebens haben sich mittlerweile wohl daran gewöhnt, ihre Namen in Foren und in Twitter-Beiträgen von drei runden Klammern umgeben zu sehen. Yair Rosenberg ist Senior Writer beim jüdischen Online-Magazin Tablet, und sein Name taucht online beispielsweise in diesen Varianten auf: (((Yair Rosenberg))) oder (((Rosenberg))). Seit längerem ist ihm die Bedeutung der Klammern nur zu gut bekannt: Es handelt sich um eine Art Geheimcode unter Neonazis, mit dem Rosenberg online ganz offensichtlichals jüdisch „markiert" werden soll, um ihm damit zu verstehen zu geben, dass er beobachtet oder zumindest von Menschen, die ihn hassen, als Jude wahrgenommen wird.

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„Sie wollen die Juden wissen lassen, dass sie hinter ihnen her sind", sagte Rosenberg Motherboard. „Es ist ein deutliches Signal sowohl an andere Neonazis als auch an jüdische Menschen. Sie behandeln den Code nicht als Geheimnis, aber sie erklären ihn den Leuten auch nicht."

Laut Rosenberg trifft er auf besagte Schreibweise besonders häufig in scheinbar harmlosen Reddit-Posts, auf Blogs der alt-right-Bewegung, in E-Mails von Lesern und wenn sein Name auf Twitter gementionet wird.

Auf (((Echos))), wie die Kennzeichnungsmethode genannt wird, wurden vergangenen Donnerstag viele Medien aufmerksam, nachdem die Nachrichtenseite Mic.com berichtete, dass Neonazis die Erweiterung Coincidence Detector für den Google Chrome-Browser benutzten. Diese setzt die Klammern automatisch um eine spezifische Liste von aktuell etwa 100 jüdischen Namen. Mic konnte den Ursprung von (((Echos))) bis ins Jahr 2014 zurückverfolgen.

Donnerstagabend begannen Rosenberg und andere bekannte jüdische Journalisten daraufhin, die Klammern für ihre Zwecke zu verwenden. Sie wollten öffentlich auf das Verhalten der Neonazi-Trolle aufmerksam machen, öffentlich erklären, dass sie tatsächlich jüdischer Herkunft sind, aber über die immer stärker werdende alt-right-Bewegung und ihre Anhänger nur lachen können. Rosenbergs Twitter-Name lautet nun also (((Yair Rosenberg))); der Korrespondent der Zeitschrift The Atlantic, Jeffrey Goldberg, erweiterte seinen Twitter-Namen auf (((Goldberg))); der Auslandskorrespondent Jamie Kirchick ist nun (((Jamie Kirchick))) und so weiter.

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Thanks to everyone participating in this act of (((cultural appropriation))). Since the culture in question is Nazi, it's permissible.
— (((Goldberg))) (@JeffreyGoldberg) June 3, 2016

Nachdem Rosenberg und Goldberg ihre Namensänderung getweetet hatten, schlossen sich ihnen auf Twitter etliche Leute an. Jetzt haben sich sogar viele nicht-Juden mit den Journalisten solidarisiert und ebenfalls die Klammern um ihre Namen gesetzt. Rosenberg kämpft online schon lange mit Humor gegen die alt-right-Bewegung an und sagt, dass es besser ist, sich über diese Leute lustig zu machen, statt sich direkt mit ihnen auseinanderzusetzen.

Well done, Twitter, well done. pic.twitter.com/SpfogvDSmW
— (((Yair Rosenberg))) (@Yair_Rosenberg) June 3, 2016

„Meistens ist meine Strategie gegenüber Trollen, sie einfach zu ignorieren. Manchmal kann man sich aber über sie lustig machen und damit das Bewusstsein für die Existenz solcher Gruppen schärfen", sagte Rosenberg. „Wenn man sie in der Öffentlichkeit lächerlich macht, nervt sie das total, und gleichzeitig führt man der Gesellschaft vor Augen, dass es solche Leute gibt."

„Wenn man sich darüber aufregt und sauer wird, erreicht man damit nur diejenigen, die bereits der gleichen Meinung sind", fügte er hinzu. „Es ist definitiv beunruhigend, [dass die Neonazis solche Praktiken betreiben] aber mit unseren Klammern können wir die Nazis auf witzige Weise mit ihren eigenen Waffen schlagen, statt nur extrem negativ darauf zu reagieren und schlechte Laune zu verbreiten."