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Tumblr lässt all deine Photos jetzt auf Markenlogos scannen

Mit einem kürzlich unterzeichneten Deal erlaubt Tumblr der Marketinganalysefirma Ditto alle Nutzerdaten zu untersuchen, damit PR-Firmen wissen, wie viel Spaß du mit verschiedenen Markenprodukten hast.
Bild: Ditto

Tumblr bietet einen riesigen Berg öffentlich verfügbarer Nutzerinformationen. Der perfekte Ort für PR-Firmen, die mehr erfahren wollen, über diese coolen Internet-Teenager und wie sie die diversen Markenprodukte benutzen und lieben. Sucht einfach nur mal nach Starbucks und ihr wisst, was ich meine.

Tumblr möchte nun scheinbar Unternehmen dabei helfen, aus dem wohlkuratierten Geschmack seiner Nutzer Kapital zu schlagen und hat kürzlich einen Deal mit Ditto unterzeichnet. Die Firma scannt Web-Bilder auf Markenprodukte und verkauft die Ergebnisse anschließend an ihre multinationale Kundschaft wie Coca-Cola oder Kraft. Ein Teil des Geschäfts wird Ditto auch einen vollständigen Zugang zu allen Tumblr Photos bieten—was natürlich bedeutet zu den Photos der Tumblr-Nutzer.

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„Twitter und Instagram versorgen uns bereits seit über einem Jahr mit ihren Daten. Im Auftrag von Unternehmen können wir so herausfinden, wie die Diskurse über sie in Photos aussehen", sagte der Chef von Ditto David Rose gegenüber Motherboard:

„Das besondere an Tumblr ist, dass sie uns ihre gesamte Photosammlung zur Verfügung stellen, die wir nun interpretieren können."

Dittos Algorithmus kann in den Bildern alle Marken und Produkte identifizieren, die ihm in einem maschinellen Lernprozess beigebracht wurden. Außerdem erkennt er auch die Indikatoren für die Einstellung der Nutzer gegenüber der Marke, die Smileys oder ähnliches preisgeben. Durch die Analyse der Marken und Produkte in den Bildern erstellt Ditto dann solche Verbindungs- und Assoziationsdiagramme.

„Wir schauen uns jedes Photo an und suchen nach rund 2,500 Dingen in diesen Bildern", erklärte Rosin: „In erster Linie gleicht unser Algorithmus Muster ab, und schaut nach Übereinstimmungen von Marken und Produkten, die wir unserem System beigebracht haben. Wir schauen, ob auf den Bildern Gesichter sind und untersuchen die Gesichtsausdrücke. Wir suchen jedoch nicht nach einzelnen Gesichtern."

Auch wenn das System eben keine einzelnen Nutzer identifiziert, so kann es dennoch die einflussreichsten Social-Media-Accounts herausfiltern und ihre Online-Identität Unternehmen präsentieren, die nach den größten und vielversprechendsten Fans für ihre Kampagnen suchen.

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Einen Eindruck von der Echtzeit-Funktionalität bekommst du, wenn du dir einen Livestream der Datenanalyse auf Dittos Webseite anschaust. In den erscheinenden Bildern erkennt der Algorithmus Firmenlogos und menschliche Gesichter. Die Bilder werden mit Informationen wie dem Nutzernamen verbunden und bieten die Möglichkeit sich auch zu dem persönlichen Account durchzublicken.

Auf unsere Anfragen wollte Tumblr nicht bestätigten, ob im vorliegenden Fall Bilddaten mit Accountinformationen verbunden werden, die zur Identifikation der Nutzer führen, ob Firmen Zugang zu den Daten haben werden, ob die Nutzer über das neue System informiert werden, oder ob Tumblr finanzielle Kompensationen im Gegenzug für all die Nutzerbilder erhalten wird. Rose wollte ebenfalls nicht kommentieren, ob und in welcher Höhe Tumblr von der Partnerschaft finanziell profitiert.

Es stellt sich dennoch die Frage, was Tumblr hier zu gewinnen hat. Seit die Firma in diesem Jahr von Yahoo für knapp 900 Millionen Euro gekauft wurde, steht sie unter dem Druck Profite abzuwerfen, die den Kaufpreis wieder hereinholen. Der Bildschwerpunkt von Tumblr könnte eine finanziell motivierte Partnerschaft mit Ditto zu einem äußerst lukrativen Geschäft machen.

Bilder stellen in der Tat ein ideales Medium für die Analyse von Nutzergeschmäckern da. Ditto und Tumblr bauen gerade ein ganzes Ökosystem um das Konsumverhalten der Generation Y basierend auf dem bewährten Sprichwort: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte."

„Kaum einer spricht über einen Großteil der Dinge, die in Bildern zu sehen sind", sagte mir Rose. „Keiner schreibt: ‚Ich und ein Bier am Strand'. Die Leute sagen einfach nur: ‚Mein Höhepunkt des Tages', ‚Booyaah' und so weiter. Die meisten Signale sind für die Firmen vollständig unsichtbar."

Mit anderen Worten: Ditto bietet einen nie dagewesenen Zugang zum Geschmack der Nutzer, in dem es die reichhaltigen Bildinformationen statt der relativ selektiven Textdaten analysiert. Bisher haben sich die Marketingbemühungen von Tumblr vor allem auf Blogs und Posts von Unternehmen verlassen, die bei den Usern viral gehen sollen. Dabei wurden den Feeds der Nutzer zwar gelegentliche Werbeposts untergemischt, die aber (unabhängig von ihrer kommerziellen Ausrichtung) immerhin eine gewisse Substanz hatten. Der neue Deal mit Ditto erscheint dagegen eher so, als würden die Nutzer meistbietend versteigert, ohne irgendeine Form von substantieller Gegenleistung.

Natürlich war es nur eine Frage der Zeit bis die 2007 gegründete Seite verschiedene Wege ausprobieren würde, mit denen sie möglicherweise vom reichhaltigen kulturellen Kapital, das die Nutzer auf die Plattform geladen haben, profitieren können. Aber für eine Plattform, die stolz auf eine gewisse Anonymität der Nutzer ist, und die freie Meinungsäußerung und einer gewissen digitale Selbstentfaltung unterstützen möchte, sind die aktuellen Entwicklungen mindestens beunruhigend.