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Italienisches Forschungsprojekt stellt neuen Kälteweltrekord auf

Mit Hilfe ihres überdimensionalen Cryostat ist es den Physikern gelungen 400 Kilogramm Kupfer auf frostige -273,144 Grad Celsius abzukühlen.
Bild mit freundlicher Genehmigung von INFN Gran Sasso National Laboratories

Passend zur nahenden kalten Jahreszeit hat ein Team internationaler Wissenschaftler diese Woche verkündet, einen eisigen Weltrekord aufgestellt zu haben. Sie schafften es, einen 400 Kilogramm schweren Kupferblock auf eine Temperatur von -273,144 Grad Celsius zu kühlen und 15 Tage lang dort zu halten. Und das, obwohl der dritte Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass der absolute Nullpunkt von -273,15 Grad Celsius unerreichbar ist. Doch wer lässt sich schon von physikalischen Grundsätzen in seine Grenzen weisen, wenn er wissenschaftliche Pionierarbeit leisten möchte?!

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„Die gekühlte Kupfermasse war der kälteste Kubikmeter des Universums", erklärten die Forscher des Cryogenic Underground Observatory for Rare Events (CUORE) stolz [auf ihrer Webseite](http://Der dritte Hauptsatz der Thermodynamik besagt: Der absolute Nullpunkt ist unerreichbar.). Damit kamen die Forscher dem theoretischen absoluten Nullpunkt von 0 Kelvin oder eben -273,15 Grad Celsius ungemütlich nah.

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von INFN Gran Sasso National Laboratories

Je heißer ein Objekt ist, desto schneller bewegen sich die Atome. Bei Erreichen des absoluten Nullpunkts stehen sie also still. Normalerweise wird bei solchen Kälteversuchen lediglich mit kleinen Mengen gearbeitet und wenn Laser dabei eine Art Gegengewicht erzeugen, halten die Atome für einen Moment ihre Bewegung fast an. Für eine Masse von 400 Kilogramm wäre jedoch ein enormer Laser vonnöten gewesen.

Das CUORE-Experiment wurde im Gran Sasso Gebirge, dem höchsten Punkt der Apenninen, 120 Kilometer entfernt von Rom durchgeführt. Dort schlossen die Wissenschaftler das Kupfer in einen Cryostat-Container ein. „Es ist der weltweit einzige seiner Art bezogen auf die Dimensionen, die extremen Temperaturen, den Kühleffekt und auch die sehr niedrige Radioaktivität", so die Physiker. „Kein Experiment auf der ganzen Erde hat jemals eine ähnliche Masse auf solch extreme Temperaturen herunter kühlen können. In der Natur sind solche Bedingungen nicht zu finden."

Doch die Wissenschaftler wollten nicht nur ins Guiness Buch der Rekorde aufgenommen werden, der Kupferblock soll dazu verwendet werden, winzige Mengen an Radioaktivität aufzuspüren sowie, um den bisher lediglich in der Theorie existierenden neutrinolosen Doppelbetazerfall zu belegen. Dieser Nachweis würde es den Forschern ermöglichen zum ersten Mal die Transformation von Antineutrinos in Neutrinos zu demonstrieren und eine Erklärung für die größeren Mengen von Materie gegenüber Anti-Materie im Universum liefern.

Das CUORE-Cryostat besteht aus Tellurdioxid-Kristallen, die als Bolometer, also Strahlungssensoren, fungieren. So werden selbst durch kleinste Temperaturanstiege in dem Kupferblock Radioaktivitäten angezeigt, die bei der kompletten Fertigstellung von 1000 Tellurdioxid-Kristallen erspürt werden. Dabei wird das Gerät von Blei (natürlich aus dem antiken Rom) abgeschirmt, einem Material, das für seine geringe Radioaktivität bekannt ist.

Das uralte Blei stammt aus einem römischen Schiffswrackund wurde von einem Museum in Sardinien in die Forschungsstation überführt. So finden antike und moderne Techniken zu einer eisig kalten Wissenschaftsfusion zusammen.