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Dieser sechs Jahre alte Mac ist schneller als das neueste Apple-Modell

Eine aktive Bastler-Community rüstet betagte Macs mit hochmodernen Grafikkarten und Prozessoren auf. Im Vergleich lassen die DIY-Modelle selbst Apples neueste Produkte alt aussehen.
Bild: Big Little Frank

Der leistungsfähigste Mac auf dem Markt ist nicht der iMac Pro für knapp 5.500 Euro. Der beste Mac, den es derzeit gibt, ist bereits sechs Jahre alt und stammt von findigen Hobby-Bastlern und Drittanbietern.

Da Apple seinem Mac Pro seit 2013 kein entscheidendes Update mehr verpasst hat, nehmen Apple-Fans die Sache nun selbst in die Hand. In Gruppen und Foren tauschen sich Videoproduzenten, Tontechniker, Software-Entwickler und Grafiker darüber aus, wie sie ihre alten Mac Pros aufrüsten können. Dafür modifizieren sie ältere Mac Pro Modelle aus den Jahren 2009 bis 2012. Denn auch wenn die Geräte schon ein paar Jahre alt sind, können sie modernste Grafikkarten verwenden, mit denen der iMac Pro und die Mac Pros nach 2013 nicht kompatibel sind.

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Als Grundlage dienen der Mac Pro 4.1 und 5.1, die auf Grund ihrer Gehäuseform auch liebevoll "Käsereiben" genannt werden. Sie waren die letzten modularen Desktop Computer von Apple, die von Nutzern verändert und und aufgerüstet werden konnten. Ein Blick in die DIY-Foren wie die Facebook-Gruppe Mac Pro Upgrade zeigt: Ausgestattet mit neuen Prozessoren, Arbeitsspeicher, SSDs und modernen Grafikkarten sind die aufgemotzten "Käsereiben" Apples aktuellen Verkaufsschlagern deutlich überlegen.

Neue Prozessoren, bessere Grafikkarten, mehr Arbeitsspeicher: So werden die alten Macs aufgemotzt

Auch Drittanbieter haben erkannt, dass es einen Bedarf für leistungsfähigere Mac Pros gibt, den Apple selbst momentan nicht decken kann oder möchte. Gianluca Mazzarolo leitet das dänische Unternehmen Big Little Frank, das maßgeschneiderte Mac Pros anfertigt. "Wir benutzen das Skelett der Maschine", erklärte Gianluca Mazzarolo gegenüber Motherboard am Telefon. "Bei den Prozessoren gab es in den letzten drei bis vier Jahren keine dramatischen Veränderungen. Damit ein Gerät den Ansprüchen der professionellen Nutzer genügt, braucht man nur einen guten Grafikprozessor. Uns ist es gelungen, zwei gute Grafikprozessoren in alte Macs zu integrieren. Für einige Aufgaben eignen sie sich besser, als die Macs, die momentan verkauft werden."

"Die Nutzer wünschen sich einen leistungsfähigeren Mac. Apple erfüllt diesen Wunsch nicht, also tun wir es."

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Es gibt allerdings auch ein paar Hindernisse: Um neue Prozessoren installieren zu können, müssen sie manchmal erst "geköpft" werden – ein kniffliger Prozess, bei dem die Metallabdeckung entfernt werden muss, um die Prozessoren mit dem Mac Pro 4.1 oder 5.1 kompatibel zu machen. Andere moderne Komponenten sind nicht kompatibel, weil die nötigen Treiber fehlen. Mazzarolo musste außerdem eine Möglichkeit finden, die Stromversorgung des Mac Pros so zu modifizieren, dass sie auch für die stromintensiven modernen GPUs reichte.

Bild: Big Little Frank

Der engagierten Community und Anbietern wie Big Little Frank ist es gelungen, die meisten dieser Probleme zu lösen. Das gesammelte Wissen findet sich in der Facebook-Gruppe Mac Pro Upgrade: Listen mit kompatiblen Ersatzteilen und Tutorials, in denen sogar erklärt wird, wie man den Mac Pro 4.1 mit einem Firmware-Update in einen Mac Pro 5.1 verwandeln kann. Da es keinen Thunderbolt-Anschluss gibt, nutzen die Bastler eine 10 Gb/s Ethernet-Verbindung, um ihre Computer direkt mit der Festplatte zu verbinden.

Das Unternehmen Big Little Frank richtet sich an diese "Pro"-Community, die sich von Apple im Stich gelassen fühlt, seit sich das MacBook Pro und der Mac Pro nicht mehr aufrüsten lassen.

"Ich glaube, für viele Mitglieder dieser Gruppe ist es günstiger, ihren Mac Pro aufzurüsten, als einen neuen zu kaufen", sagt Mazzarolo. "Die Quintessenz ist jedoch eine andere: Die Nutzer wünschen sich einen leistungsfähigeren Mac. Apple erfüllt diesen Wunsch nicht, also tun wir es."

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Tatsächlich sind viele Apple-Kunden sauer, weil Apple seit 2013 keinen neuen Mac Pro auf den Markt gebracht hat. Die neuen MacBook Pros lassen sich nicht mehr erweitern und sind nur noch mit USB-C Ports ausgestattet. Letztes Jahr erklärte Apple, dass die Zeiten des Mac Pros noch nicht vorbei seien – ein neues Modell wurde bisher jedoch nicht angekündigt. Diese Lücke möchten Bastler in der Hackintosh Community oder Gruppen wie Mac Pro Upgrade füllen.

Die Vorteile der alten Mac Pros

Es gibt einige gute Gründe, warum ältere Mac Pros leistungsfähiger als neuere Modelle sein können:

  • Obwohl er mit hochmodernen Prozessoren nicht kompatibel ist (oft gibt es nicht den passenden Treiber und in einigen Fällen überlasten sie auch die sechs Jahre alte Hauptplatine), wurde der Mac Pro 5.1 so designt, dass er zwölf Kerne unterbringen kann. "Ein einzelner Kern ist nicht schnell, aber stell' dir vor, du hast zwölf mit denen du Videos und Audiodateien bearbeiten kannst – zusammen sind diese Kerne schneller als mein brandneues MacBook", sagte Mazzarolo gegenüber Motherboard. Der neue iMac Pro hat Platz für bis zu 18 Kerne, neue MacBook Pros für höchstens vier.
  • Der 5.1 kann bis zu 128 GB Arbeitsspeicher haben und steht somit einem maximal erweiterten iMac Pro in nichts nach. Er hat damit doppelt so viel Arbeitsspeicher, wie die neueren Mac Pros. Allerdings muss man bedenken, dass die Arbeitsspeicher in neueren Mac-Modellen normalerweise schneller sind, als die alten.
  • Der 5.1 kann so modifiziert werden, dass er moderne SSDs nutzen kann. Laut Mazzarolo sind diese schneller als SSDs, die im neuen iMac Pro genutzt werden.
  • Der 5.1 kann fast alle neuen Grafikkarten von den meisten Herstellern verwenden. "Wir können bessere Grafikkarten einsetzen", erklärt Mazzarolo, "und sogar zwei davon."

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In der Facebook-Gruppe Mac Pro Upgrade hat Mazzarolo ein paar Eckdaten gepostet, um zu zeigen, wie leistungsfähig sein aufgemotzter Mac Pro ist. Dazu hat er Videoclips in 5K, 6K und 8K Qualität auf verschiedenen Apple-Geräten abgespielt. Ein 15" MacBook Pro und ein neuerer Mac Pro konnten die Videos mit höchstens acht Bildern pro Sekunde abspielen. Sein maßgefertigter Mac schaffte hingegen in allen Fällen 24 Bilder pro Sekunde.

Bild: Mazzarolo

Die aufgerüsteten Macs sind nur in bestimmten Aufgaben überlegen

Um keine falschen Vorstellungen zu wecken: Auch ein extrem aufgemotzter MacPro 5.1 wird einen neuen Computer in vielen Alltagsaufgaben nicht schlagen können. Diese maßgeschneiderten Computer sind speziell auf das Schneiden von Videos, Grafikdesign und Tonaufnahmen ausgelegt und die meisten von Mazzarolos Kunden arbeiten in diesen Branchen.

Mazzarolo weiß auch, dass es seinen heutigen Job nicht ewig geben wird. Die Preise für seine Geräte schwanken zwischen 1.200 bis 7.300 Euro, inklusive separater externer Hardware für bestimmte Kunden. Er sagt seinen Kunden ganz offen, dass ein weiteres Upgrade in etwa anderthalb Jahren keinen Sinn mehr haben wird, da die Prozessoren und der Arbeitsspeicher in herkömmlichen Computern immer besser werden.

Auch Mazzarolo wartet gespannt darauf, dass Apple neue Mac Pros ankündigen wird. Bis es so weit ist, tue er Apple einen Gefallen, sagt Mazzarolo: Denn er hält die Apple-Kunden davon ab, in der Zwischenzeit zu einem anderen Hersteller zu wechseln.

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