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Die Stadt, die Bitcoin-Mining verboten hat

Nirgendwo ist Strom in den USA so günstig wie in Plattsburgh. In Zeiten des Krypto-Booms ist das zu einem echten Problem geworden – und die Stadt reagiert mit einer ungewöhnlichen Maßnahme.
Mining-Rigs in Plattsburgh | Bild: Daniel Oberhaus/Motherboard

Am Donnerstagabend hat die Stadtverwaltung in Plattsburgh, New York einstimmig beschlossen, den Bitcoin-Boom in der eigenen Stadt auszubremsen. Für 18 Monate dürfen neue Firmen in der Stadt jetzt keine Bitcoins minen. Der Grund: Mining verbraucht extrem viel Energie, um neue Bitcoin zu verdienen und die Blockchain abzusichern. Vorgeschlagen hat das Bitcoin-Moratorium des Plattsburgher Bürgermeisters Colin Read, nachdem mehreren Bürger im Januar astronomisch hohe Stromrechnungen ins Haus geflattert waren, weil Bitcoin-Unternehmen mehr Strom verbraucht haben, als der Stadt zur Verfügung steht. Das Verbot erstreckt sich nur auf neue Bitcoin-Mining-Unternehmen. Firmen, die bereits in der Stadt operieren, sind nicht betroffen.

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"Viele Bürger haben sich beschwert, dass die Stromrechnungen um 100 oder sogar 200 Dollar angestiegen waren", sagte Read Motherboard. "Da kann man verstehen, dass die Leute sich ärgern."

Laut Read hat Plattsburgh "den günstigsten Strom der Welt", was vor allem an einem hydroelektrischen Damm am Fluss St. Lawrence liegt: Die Einwohner bezahlen gerade mal 4,5 Cents per Kilowattstunde (zum Vergleich: US-Bürger zahlen durchschnittlich 10 Cents pro kwH, in Deutschland kostet die Kilowattstunde im Durchschnitt 28,5 Euro-Cents). In Plattsburgh gibt es sogar eine Gruppe, die noch weniger zahlen muss: Industrieunternehmen. Sie müssen gerade mal 2 Cents pro Kilowattstunde berappen – auch Bitcoin-Miner profitieren von diesen niedrigen Preisen.

Eigentlich sei diese niedrige Rate als Anreiz gedacht gewesen, um die Niederlassung von neuen Industriebetrieben in der Stadt zu fördern, erzählt Read. Doch sie hat eben auch viele Kryptowährungs-Miner angelockt, die auf billigen Strom angewiesen sind, um überhaupt einen Gewinn aus dem Mining zu erzielen.

Das Problem: Plattsburgh stehen nur 104 Megawatt Strom pro Monat zur Verfügung. Das größte Mining-Unternehmen in Plattsburgh, betrieben von der Firma Coinmint aus Puerto Rico, hat aber allein im Januar schon 10 Prozent des gesamten Strompakets der Stadt aufgebraucht.

Tom Pillsworth, Mitbesitzer einer Plattsburgher Bitcoin-Mine, passt ein Antminer S9 Bitcoin-Mining Rig in einen Schrank ein. Bild: Daniel Oberhaus/Motherboard

Im Januar hat Plattsburgh seine Stromzuteilung nicht nur ausgereizt, sondern komplett überschritten und musste Strom auf dem freien Markt zu weit höheren Preisen kaufen. Diese Kosten wurden auf die Bürger der Stadt umgelegt, von denen manche 100 bis 200 Dollar mehr als gewöhnlich für ihren Strom zahlen mussten. Eine solche Erhöhung könne im Winter zwar auch ohne Bitcoin-Miner schon mal vorkommen, wie der städtische Energieversorger erklärte, dennoch machte die Entwicklung den Anwohnern Sorgen: Sie befürchteten, dass die billige Elektrizität der Stadt noch mehr Bitcoin-Miner in die Stadt locken würde und der Vorteil der günstigen Strompreises sich dadurch für immer in Luft auflösen würde.

"Wir könnten in zwei Monaten locker 100 Megawatt verbrauchen, wenn wir hier jeden reinlassen", so Read. "Und dann wäre kein günstiger Strom mehr für unsere Bürger übrig. Manche der Antragsteller, die hier vorgesprochen haben, wollen 20 bis 30 Megawatt beanspruchen, und die haben wir einfach nicht."

In den kommenden 18 Monaten will die Stadtverwaltung mit den Bürgern und lokalen Bitcoin-Minern zusammenarbeiten, um gemeinsam eine Lösung für das Plattsburgher Energieproblem zu entwickeln. Laut Read gebe es bereits eine Reihe von Ansätzen. Einer davon sieht vor, die Miner für jede Überschreitung des städtischen Energiebudgets selbst zahlen zu lassen. "Die Plattsburgher müssten nicht mehr Geld für weitere Miner bezahlen, weil die Miner bereit sind, selbst für ihren Strom aufzukommen, wenn es in der Stadt sehr kalt wird", glaubt Tom Pillsworth, der nicht nur in Plattsburgh wohnt, sondern auch Mitbesitzer der zweitgrößten Bitcoin-Mine der Stadt ist. "Die Miner sind mehr als gewillt, zu zahlen."