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Dank Tesla-Gratisstrom zum Bitcoin-Millionär? Wir haben das mal durchgerechnet

Ein findiger Facebook-Nutzer behauptet, mit seinem Tesla ordentlich Bitcoin zu minen. Kann das funktionieren?
Bild: Facebook

Kryptowährungen haben ein Energieproblem. Das gesamte Bitcoin-Netzwerk verbraucht inzwischen mehr Energie im Jahr als Irland, und mit dem Verbrauch einer einzigen Bitcoin-Transaktion kommt ein durchschnittlicher Haushalt eine ganze Woche lang aus. Auch mit der Energiebilanz von Ethereum, der zweitbeliebtesten Kryptowährung, sieht es nicht viel besser aus. Das sind nicht nur schlechte Nachrichten für die Umwelt, sondern auch für die Menschen, die Kryptowährung mit ihren Rechnern generieren wollen – denn ihre Stromrechnung kann schnell astronomische Ausmaße annehmen.

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Daher überrascht es nicht, dass Miner nach den kostengünstigsten Energieformen suchen, um ihren Gewinn zu maximieren. In China, wo die größten Bitcoin-Minen der Welt angesiedelt sind, nutzen Miner den extrem günstigen Strom aus Wasserkraft. In Europa experimentieren Krypto-Jünger dagegen bereits mit windbetriebenen Mining-Rigs.

Folgt Motherboard auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter

Ein Tesla-Besitzer scheint nun jedoch auf eine clevere Lösung gestoßen zu sein, sogar völlig kostenlos an Bitcoin und Co zu kommen: Er behauptet, dass er ein Mining-Rig in seinem Kofferraum eingerichtet habe und nun mit dem Gratisstrom, der ihm als Tesla-Besitzer zusteht, entspannt Krypto-Kohle scheffelt. Denn wer sein Elektroauto vor Januar 2017 kaufte, bekam von Tesla unbegrenzten Gratisstrom an den Aufladestationen zugesichert.


Ebenfalls auf Motherboard: Zu Besuch in der chinesischen Bitcoin-Mine


Der Blog Eco Motoring News berichtete zuerst über dieses ungewöhnliche Mining-Rig. Doch als passionierter Miner bin ich misstrauisch: Das Ganze klingt eigentlich zu gut, um wahr zu sein. Daher beschloss ich, die Sache genauer unter die Lupe zu nehmen.

Alles begann in der Facebook-Gruppe "Tesla Owners Worldwide", in der sich Tesla-Besitzer rund um den Globus über ihrer Fahrzeuge austauschen. Nachdem ein Nutzer gescherzt hatte, dass man doch einen von Elon Musks Elektrowagen für den Krypto-Abbau verwenden könnte, postete ein anderer Nutzer ein Foto von einem Mining-Rig im Kofferraum seines Tesla.

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Das Foto zeigt viel teures Equipment – Bitcoin kann man damit aber nicht minen

Als ich mir das Foto ansah, stellte ich fest, dass der Tesla allerdings höchstwahrscheinlich nicht dazu verwendet wird, Bitcoin zu minen. Um Bitcoin abzubauen, braucht man nämlich spezielle Computerchips (ASICs), die millionenfach pro Sekunde komplizierte Mathegleichungen lösen, um Bitcoin-Transaktionen auf der Blockchain zu verifizieren. Dieser Vorgang wird als Hashing bezeichnet. Auf dem Fotos sind allerdings keine ASIC-Chips zu erkennen. Anstatt spezielle Computer-Hardware zu verwenden, können Bitcoin und andere Kryptowährungen aber auch mit handelsüblichen Grafikprozessoren (GPUs) generiert werden; also mit denselben Prozessoren, die auch beim Gaming zum Einsatz kommen.

Diese wiederum kann man auf dem Facebook-Foto erkennen: Man sieht vier Motherboards und vier Netzteile, die anscheinend auf Holzplatten montiert sind. Die blauen Kabel sind mit Steigleitungen verbunden, die genutzt werden, um mehrere GPUs mit einem Motherboard zu verbinden. In diesem Fall gibt es vier GPUs pro Motherboard.

Auf dem Bild sind die GPUs jedoch nicht mit der Leitung verbunden. Es ist also unklar, ob die Person tatsächlich jemals Bitcoin mit dem Tesla generiert hat oder sich hier nur einen Scherz erlaubt. Als jemand, der kürzlich erst ein Ethereum-Mining-Rig gebaut und betrieben hat, habe ich durchaus Zweifel an der Durchführbarkeit dieses Plans.

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Denn so viele GPUs würden eine unglaubliche Hitze im Auto produzieren. Daher wäre das Mining eigentlich nur möglich, während das Auto an einer Aufladestation parkt, und der Fahrer sich nicht im Auto befindet. Außerdem gibt es im Auto keine Möglichkeit, die GPUs sicher zu befestigen. Während des Fahrens würde also ein Haufen teures Computerzubehör im Kofferraum ungesichert hin und her rutschen.

Doch selbst, wenn man diese Probleme lösen würde, wäre der Tesla wirklich eine günstigere und bessere Option, um Kryptogeld zu minen?

Für 0,05 Ether bräuchte man so viel Power wie für eine Woche Fahrspaß

Wenn wir davon ausgehen, dass jede der GPUs ungefähr 150 Watt verbraucht, dann würden die 16 GPUs insgesamt 2,4 Kilowatt in der Stunde oder 57,6 Kilowatt am Tag verbrauchen, wenn sie 24 Stunden am Stück laufen. Laut Green Car Reports kommt ein Tesla Model S mit einer Kilowattstunde etwa 4,8 Kilometer weit. Somit würde der ganztägige Betrieb des Mining-Rigs etwa 276,5 gefahrenen Kilometern mit dem Tesla entsprechen. Statistisch gesehen fährt ein deutscher Autofahrer pro Woche etwa 273 Kilometer, das ergaben 2015 Berechnungen des Kraftfahrtbundesamtes in Flensburg.

Somit würde es durchschnittlich etwa genauso viel Energie verbrauchen, das Mining-Rig einen Tag lang im Kofferraum laufen zu lassen, wie eine ganze Woche lang mit dem Tesla umherzufahren. Außerdem können nur Tesla-Kunden den unbegrenzten Gratisstrom nutzen, die ihr Fahrzeug vor Januar 2017 gekauft haben. Alle anderen müssen ab 400 Kilowattstunden pro Jahr für den Strom zahlen – somit könnten sie ihre Mining-Rigs nur etwas über eine Woche lang am Stück mit dem Gratisstrom betreiben.

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Wie sieht es also mit den Kosten aus? Nehmen wir einmal an, dass die GPUs auf dem Bild genutzt werden, um Ethereum zu generieren. Eine GPU schafft im Ethereum-Netzwerk im Durchschnitt 20 Megahashes pro Sekunde – in anderen Worten: Sie löst 20 Millionen Mal pro Sekunde ein Matheproblem. Dieser Tesla-Rig hätte somit eine Gesamt-Hashrate von etwa 320 Megahashes.

Gibt man diesen Wert in den Profitibilitätsrechner von Cryptocompare ein, könnte man mit dem Tesla etwa 0,05 Ether pro Tag minen. Aktuell entspräche das einem Wert von 19,50 Euro. Im Monat würde man damit auf etwa 585 Euro Gewinn kommen. In Deutschland liegt die monatliche Leasing-Gebühr für den Tesla Model S je nach Anbieter jedoch bei ungefähr 660 Euro bis 880 Euro, somit würde man mit dem Geschäft sogar ein Minus machen.

Selbst wenn das Fahrzeug sich durch das Mining selbst finanzieren würde, würde sich das Minen nur lohnen, wenn es nie zum Fahren genutzt wird, der Preis für ein Ether nicht unter 380 Euro fällt und der Besitzer unbegrenzt gratis Strom tanken darf. Bei dieser Rechnung ist jedoch noch nicht der Preis für die Mining-Rigs enthalten, der je nach Qualität der GPUs bei 845 Euro pro Rig liegen dürfte.

Der Gedanke, mit einem elektrischen, selbstfahrenden Auto ganz nebenbei auch noch Krypto-Kohle zu scheffeln, klingt sehr verlockend. Es lohnt sich unter den aktuellen Bedingungen aber schlicht und einfach nicht.