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Sex

Im Meth-Kosmos homosexueller Tumblr-Nutzer

Auf Tumblr existiert eine Subkultur aus schwulen Männern, die Meth nehmen und anschließend Sex haben. Das Ergebnis ihres Trips: Bilder und Videos, die selbstzerstörerischen Drogenkonsum zu einem Fetisch verklären.
Illustration by Brandon Bird

Laut einer 2006 veröffentlichten Studie der International Antiviral Society konsumieren homosexuelle Männer im städtischen Raum fünf bis zehn Mal häufiger Meth als der Durchschnittsbürger. Zwischen den späten 1990er- und den frühen 2000er-Jahren hat sich die Droge zu einem immensen Problem in der LGBT-Szene entwickelt. So gibt es unter anderem auch Sexpartys, zu denen sich manche Männer treffen, um Meth zu nehmen und stundenlang Sex zu haben. Da war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis homosexuelle Methkonsumenten Videos von nackten Männern auf Crytal Meth beim Mastubieren und/oder beim Sex auf der inoffiziellen Plattform für alle Fans von expliziten Gifs posten: Tumblr.

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Auf der Blogging-Seite zelebrieren viele schwule Männer ihren Methkonsum. Sie diskutieren über „Slamming" (ein Wort aus dem Jargon schwuler Methkonsumenten, das den Konsum von Meth oder anderen Partydrogen bezeichnet), „Clouds", also Wolken aus Methrauch, und „Tina". (Wie mir einer aus den Szene erklärt hat, nennen sie Meth gerne Tina, weil es an Tina Turner erinnert, was der Droge einen stilvollen Anstrich verpassen soll.) Viele der Männer verwenden Begriffe, die von Grindr bekannt sind, zum Beispiel „pnp", was so viel heißt wie „party 'n' play" beziehungsweise Meth und Sex.

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Die Blogger reden auf Tumblr so viel über Meth, dass man ihre Accounts auch Methblr-Accounts nennen könnte. Viele von ihnen verwenden Nutzernamen wie SlammedAngel, Smokeslut und Slamhunter. Einer der User nennt sich bbklynlation und beschreibt sich selbst mit den Worten: „NSFW - (+) Tina rauchender, urophiler Perversling mit einer Vorliebe für Barebacking und Fisting und der Freund eines anderen Schweins aus der Bronx in NEW YORK! Das sind unsere Lieblingsbeschäftigungen, die meine und seine versaute, sexuelle Seite am besten beschreiben!"

Vor Kurzem hat Slamhunter ein Bild eines Mannes geteilt, der sich von einem muskulösen Typen durchnehmen lässt, von dem er Meth gespritzt bekommen hat. „Ich, wie ich zuerst high und dann durchgefickt werde", schrieb der User unter das Bild. Solche Fotos sind ziemlich verbreitet. Ein User namens Fitslzlad postete ein Video mit dem Titel: „Sein allererster Schuss." Die Videos tauchen später auch auf PornHub immer wieder auf. Ein Video heißt einfach nur „tumblr pnp" und zeigt einen Typen, der einen runtergeholt bekommt, während er Meth raucht. Das Video wurde 28.000 Mal aufgerufen.

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Die Methblr-Blogs glorifizieren Crytal Meth. Es gibt sogar Zeichnungen von „Crystal-Wolken", die aussehen wie Fanart, oder Bilder, die Peter Pan beim Meth rauchen zeigen. (Bobby Driscoll, die englische Synchronstimme von Peter Pan, verstarb übrigens an akutem Herzversagen infolge einer schweren Drogensucht.) Die extreme positive Darstellung der Droge ist auf mehreren Ebenen problematisch. Viele homosexuelle Männer und ehemalige Methkonsumenten sind demzufolge absolut zu Recht besorgt, dass schwerwiegende Drogenprobleme durch die Videos so weit sexualisiert werden könnten, dass sie zu einem Fetisch werden.

„Es war nicht sexy, als ich es genommen habe oder Typen dabei zusah, wie sie es nahmen", erklärt Taylor*, ein 25-jähriger homosexueller Mann, der früher auch Meth genommen hat. „Dennoch glaube ich, dass es Männer gibt, für die es ein Fetisch ist."

Reines, kristallines Methamphetamin-Hydrochlorid, auch bekannt als Crystal Meth. Foto: Radspunk | Wikimedia Commons | GNU Free Documentation License

Laut der amerikanischen Vereinigung NAADAC, der National Association of Addiction Specialists, konsumieren viele schwule Männer insbesondere in städtischen Regionen Crystal und auch in anderen Teilen der Welt nimmt der schwerwiegende Drogenmissbrauch zu. In England beispielsweise gibt es sogenannte Chemsex-Partys, bei denen homosexuelle Männer gemeinsam Meth und/oder andere Drogen nehmen und anschließend Sex haben. Und auch in Berlins schwuler Clubkultur ist die Droge längst angekommen.

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Während das Problem für die NAADAC mehrere Ursprünge hat—so leiden schwule Männer beispielsweise häufiger an Depressionen—, sind die Beweggründe oftmals sehr viel einfacher. Sex auf Meth macht Spaß und es baut viele Hemmungen ab. „Sex mit Fremden wird dadurch richtig, richtig gut", sagt Taylor. „Man kann länger und man fühlt sich so selbstbewusst wie noch nie zuvor. Man fühlt sich einfach besser denn je."

Darüber hinaus hat die Droge den Nebeneffekt, dass die Männer immer weiter abmagern, was für viele genauso ein Fetisch ist wie muskelbepackte Typen. Doch nach dem Sex auf Meth folgt der tiefe Absturz. Wie es im „VICE Guide to Chemsex" heißt: „[Zombie] ist das richtige Wort, um einen Typen zu beschreiben, der die Party nach drei Tagen ohne Schlaf verlässt."

Auf Tumblr wird Sex auf Meth jedoch dargestellt, als wäre es ein erstrebenswerter Lifestyle. Pornografische Inhalte sind auf Tumblr erlaubt. Ihre Inhaltspolitik ermutigt Leute dazu, „durchzudrehen und Eier zu zeigen", solange sie ihren Blog mit NSFW (Not Safe for Work) kennzeichnen. Aber die Methblr-Community wirbt für selbstzerstörerischen Sex mit einer Menge Methamphetamin, weshalb die Subkultur stark an Pro-Ana-Blogs erinnert. Letztes Jahr hat Tumblr „selbstschädigende Blogs" verboten. In einem Post sagten sie, dass das Verbot „Inhalte miteinschließt, die die Leser dazu aufrufen oder ermutigen, sich selbst zu schaden oder zu verletzten, die Anorexie, Bulimie oder andere Essstörungen zelebrieren oder für Suizid werben, anstatt sich z.B. Hilfe zu suchen oder in Behandlung zu begeben oder sich zu Diskussionen zusammenzuschließen, die diejenigen unterstützen sollen, die an Depressionen oder anderen Erkrankungen leiden oder dabei sind, sich davon zu erholen." Nutzer, die Drogenmissbrauch romantisieren, fallen für Tumblr jedoch nicht unter diese Kategorie.

In seiner Kurzbeschreibung bezeichnet sich Gay Tina Clouds selbst als: „NSFW. Dünner Typ mit einem Riesenschwanz"—eine Beschreibung, die man eher auf Grindr erwarten würde. Zusätzlich teilt er regelmäßig Bilder anderer Methkonsumenten, als hätte er einen One-Direction-Fanblog. Unter anderem hat er auch ein Bild von sich von Methpup geteilt. Die Bildunterschrift lautete: „Pornos schauen und Methwolken machen."

Viele der Nutzer sagen, dass sie nicht wollen, dass andere Leute ihren Lifestyle imitieren. „Ich bin nicht hier, um für das, was ich tue, zu werben", schreibt Tweaksyd. Wenn ihr euch in irgendwelchen Posts wiederfindet und wollt, dass ich sie lösche, lasst es mich wissen. Ich bin immer gern behilflich." Auf seinen Bildern sieht Methkonsum jedoch noch immer aus wie ein Pornogenre—mit der Gefahr, dass es zur Nachahmung animiert. Gemeinsam mit Fremden Meth zu nehmen und anschließend ein Wochenende lang Sex zu haben, ist kein erstrebenswerter Lebensstil. Oder wie Taylor sagt: „Meth macht nichts und niemanden besser."


* Der Name der Quelle wurde geändert, um ihre Identität zu schützen.