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Arbeitsbedingungen

Warum Fußballprofis die serbische Fußballliga boykottieren sollen

Die internationale Spielergewerkschaft warnt Fußballprofis nun offiziell, nach Serbien zu wechseln. Im Schnitt muss jeder zweite Profi wegen seines fehlenden Gehalts vor Gericht ziehen.
Foto: Imago

Fußballprofi müsste man sein—davon träumt zumindest fast jeder kleine und auch große Fan. Du hast Millionen auf dem Konto, Tausende feuern oder himmeln dich sogar an und das (fast) Einzige, was du dafür tun musst, ist vernünftig gegen den Ball zu treten. Die Realität sieht oftmals anders aus und hat mit der Scheinwelt der millionenschweren Ronaldos und Müllers dieser Welt wenig zu tun. Die internationale Spielergewerkschaft FIFPro—die mehr als 50.000 Fußballer aus 56 Ländern vertritt—befragte 14.000 Kicker aus 87 Ligen zu ihren Arbeitsbedingungen und fand unter anderem heraus, dass alleine in Europa jeder dritte Profi weniger als 1.000 US-Dollar verdient. Besonders schlimm sollen die Arbeitsbedingungen in Serbien sein.

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Laut des FIFPro-Berichts haben in dem südosteuropäischen Land 68 Prozent der Spieler ihre Gehälter nicht pünktlich bekommen und ganze 89 Prozent der transferierten Spieler sollen zu ihrem Wechsel gedrängt worden sein. Deshalb sprach die Spielergewerkschaft nun auf ihrer Website eine Warnung für Wintertransfers in das Land aus und forderte die Spieler zu einem Boykott der serbischen Superliga („Super liga Srbije") auf. Zu dieser drastischen Maßnahme sah sich die FIFPro auch gezwungen, weil der serbische Fußballverband auch die Gebühren für Spieler, die einen Prozess gegen Klubs einleiten wollen, erhöht haben soll. „Das ist eine eklatante Missachtung fundamentaler Rechte professioneller Spieler in Serbien, die nun effektiv in einem gesetzlosen Umfeld spielen", erklärte FIFPro-Generalsekretär Theo van Seggelen in dem Statement. „Bis die Situation geklärt ist, raten wir Spielern dringend davon ab, in Serbien Fußball zu spielen."

Wie schlimm es um die Zahlungsmoral im serbischen Profifußball steht, zeigen auch Zahlen, die die serbische Spieler-Gewerkschaft Nezavisnost der FIFPRo zur Verfügung stellte: So habe sie in den vergangenen zwei Jahren in einer Liga mit 500 Spielern „unglaubliche 250 Fälle von Spielern" überwacht, die vor Gericht gezogen sind. „Wenn man einen Vertrag in Serbien unterschreibt, hat man eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit vor Gericht zu landen", zitierte FIFPro Mirko Poledica, den Präsidenten von Nezavisnost.

Die Zahlen der FIFPro sind in Serbiens Fußball leider kein großes Wunder. Noch immer bestimmen Gewalt, Korruption und krumme Geschäfte den Fußball des Landes. Die organisierte Kriminalität war lange Jahre sehr tief im serbischen Fußball verankert, dass zwischen 1995 und 2006 in Sopranos-ähnlichen Hinrichtungen insgesamt elf Vereinsvorsitzende ermordet wurden. Im November wurde erst einer der mächtigsten Köpfe aus der Fanszene von Traditionsklub Partizan Belgrad hingerichtet, im August erschoss ein Ultra-Capo des Klubs einen anderen anderen. Die FIFPro warnte gemeinsam mit der Nezavisnost übrigens schon im Jahr 2014 alle Spieler vor einem Engagement in Serbien. Damals erklärte van Seggelen: „Wir hassen es zwar, dies zu tun, aber es ist unser Job, um die Spieler zu schützen." Das diesjährige Winter-Transferfenster in Serbien wird am 23. Januar geöffnet und schließt am 17. Februar.