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Auch Beerdigungen werden jetzt 'crowdgefundet'

Die wohl stabilste Einnahmequelle der Welt bringt nun auch Crowdfunding-Kampagnen und die Bestattungsindustrie zusammen.

Online-Fundraising hat sich inzwischen auch der wohl stabilsten Einnahmequellen der Welt zugewandt: Beerdigungen.

Ungefähr 10 000$ kostet es momentan deinen toten Hintern zu beerdigen. Genau, ich spreche mit euch, ihr 18 bis 35 Jährigen, ihr solltet etwas aufmerksamer lesen jetzt. Wenn wir vom Mittelwert unserer werten Vice Leserschaft ausgehen, so wird irgendeiner, der das hier gerade liest, bald tot umfallen – statistisch gesehen. Und wenn du pleite stirbst, sollte sich deine Familie überlegen die Dienste von Seiten wie Giveforward, Donationto, oder Graceful Goodbye in Anspruch zu nehmen.

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10.000$ sind dabei nur der Durchschnittswert einer einfachen, amerikanischen Beerdigung. Die Summe beinhaltet, dass du einbalsamiert, in einen ausgekleideten Sarg gelegt in einem Besucherraum platziert, bei einer bescheidenen Zeremonie in einem Bestattungsinstitut betrauert, in einem Leichenwagen zum Friedhof gefahren, in den Boden herabgelassen und begraben wirst, und dass dann schließlich noch ein paar Blumen neben deinem bescheidenen, leeren Grabstein platziert werden. Amerikanische Bestattungsunternehmer kriegen dafür durchschnittlich 6.600$ und der Rest geht an den Friedhof.

Giveforward hat derzeit 325 aktive Spendenktionen für Beerdigungen am laufen, und die bieten eine illustre Vielfalt auf der Klaviatur der Trauer: Von Melancholie bis zu richtig, scheiße traurig und qualvoll deprimierend. Der dritte Link führt zu einer Spendenaktion für eine Frau in Windsor, Colorado, die im Laufe von drei Monaten alle drei Mitglieder ihrer unmittelbaren Familie an unterschiedliche Krankheiten verlor. Sie braucht $ 20.000, und bitte, um Gotteswillen, gibt es ihr. Ernsthaft.

Ursprünglich wurde Giveforward ins Leben gerufen um Menschen dabei zu helfen, ihre Arztrechnungen zu bezahlen (Ja, das gibt es auch nur in Amerika. Schon klar). Aber wenn nun also die Chemotherapie nicht anschlägt, erscheint es wie der nächste logische Schritt, die Spendenaktion weiterlaufen zu lassen.

Im Fall von Graceful Goodbye ist der Schritt der Logik, der zu dieser Genesis geführt hat, irgendwie weniger graceful, weniger ehrwürdig. Die Crowdsourcing-Website, die nur für Beerdigungen zuständig ist, behält 4 Prozent von jedem Dollar der gespendet wurde für sich. Der Gründer Josh McClung, der vorher bei Lehman Brothers und Morgan Stanley arbeitete, sagt folgendes:

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„Am 14. Dezember 2012 sah ich mir dir Nachrichten an als sich eine schreckliche Tragödie an der Sandy Hook Grundschule zutrug. Wie alle Menschen auf der Welt habe ich in völliger Ungläubigkeit gesehen und wollte dieser Gemeinschaft in ihrer Not helfen.

Dieses unfassbare Ereignis und die Tatsache, dass ich erst kürzlich über die enormen Kosten die im Zusammenhang mit Begräbnissen stehen, gehört hatte, hat ich zum Nachdenken gebracht. Die Community ist wichtig und es ist sehr wichtig, dass man Familien hilft, damit sie die finanzielle Belastung bewältigen können."

Ich sage ja nicht, dass damit etwas falsch ist. Es ist nur einfach so, dass mir keine profitable Idee aufkam, als ich über Sandy Hook in den Nachrichten hörte. Aber das ist mein Problem, nicht das von Josh McClung.

Vor dem Beginn einer Crowdfunding-Kampagne erscheint es verantwortungsvoll seine Familie darüber zu informieren, wie viel sie denn genau dafür zahlen müssen, um deine Leiche zu entsorgen. Dinge, die dabei obligatorisch erscheinen, sind es nämlich eigentlich gar nicht. In der jüdischen Tradition, zum Beispiel, wird auf das Einbalsamieren, Besichtigungen, die gesamte Zeremonie und die Blumen verzichtet. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass Juden trotzdem noch ziemlich gut trauern, auch ohne das ganze Zeug.

Einäscherung kosten durchschnittlich 3200$ weniger als die Hälfte der normalen Kosten, und das beinhaltet auch einen Holzsarg der mit dem Körper verbrannt wird. Kosten lasst sich auch noch weiter senken, wenn man dich einfach nur in einem Karton verbrennt.

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Urnen müssen auch nicht das teuerste an der ganzen Sache sein. Die günstigste, die man finden kann gibt es bei Costco für nur 89,99$; und die ist viel schicker als eine Dose.

Die Pappsarg-Option ist gar nicht so selten bei einer konventionellen Bestattung, aber die meisten Friedhöfe in den USA raten davon ab, weil das ansonst so fotogene Grab absinken kann, wenn der Sarg im Laufe der Zeit einstürzt. In Großbritannien können Pappsärge auch Aufdrucke von Wikingern und Sonnenblumen haben.

Auch ohne Trauerfeier und Bestattung wird eine trauernde Familie einige Kosten decken müssen. Sie müssen möglicherweise laufende Kosten decken, die der Verstorbene sonst übernommen hätte, ein Leichenschmaus mit ein wenig Schnaps nach der Beerdigung servieren, und eventuell müssen sogar Familienmitglieder für die Beerdigung eingeflogen werden. (Gehen wir mal davon aus, dass die Angehörigen noch nie von Skype gehört haben. Nein, war nur ein Witz! Oder vielleicht doch nicht?)

Wenn ich ein gieriger Bestatter wäre, würde ich diese neuen Fundraising-Option meinen Kunden präsentieren und als Alternative zu meinen sonstigen Dienstleistung der Marke „Für die Hinterbliebenen mit schlichteren Möglichkeiten" anpreisen. Warum sollte ich meinen Kunden was billigeres anbieten, wenn ich sie auch zu einer Geldquelle führen kann?

In einigen Fällen ist dies vielleicht ein ehrliche Win-Win-Szenario für diejenigen, die ihren Liebsten einen guten Abschied bereiten wollen ohne Schulden bei der Bank zu machen. Ich für meinen Teil, würde meiner Familie eher sagen, dass sie mich in eine Plastiktüte stecken und in den Wald werfen sollen – was in einigen Bundesstaaten der USA legal ist, bei uns in Deutschland dank des Friedhofszwang für Erdbestattungen aber verboten ist. Aber irgendwie immer noch besser als online nach Geld für meine Beerdigung fragen, nur um dann die Kassen eines Bestatters zu füllen.