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Wie uns unser Gehirn austrickst, damit wir monogam bleiben

Psychologen haben herausgefunden, dass deine Wahrnehmung auf der Seite deines Partners ist und dich ziemlich fies überlistet.
Bild: Shutterstock

Monogamie ist in westlichen Gesellschaften noch immer die Norm—obwohl das eigentlich evolutionär gesehen kaum Sinn ergibt, wenn man die eigene Population maximieren will. Wie auch immer: Menschen in einer Beziehung tun zumeist relativ viel, um sie auch zu erhalten. Neben gesellschaftlichen Vorstellungen, die die monogame Beziehung als Idealbild propagieren, gibt es natürlich auch psychologische Ursachen für dieses Phänomen. Unser Geist scheint uns also mit einem Trick zu helfen, unseren Partner möglichst nicht zu betrügen.

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Wie aber schafft es unser Gehirn, uns so auszutricksen, damit wir möglichst weiter nach Monogamie streben? Das wollten zwei Psychologinnen aus New York und New Jersey herausfinden und unterzogen Probanden einem kleinen Test.

Dafür erzählten die Forscherinnen 131 heterosexuellen Collegestudenten, dass sie bald eng mit einer Person des anderen Geschlechts zusammenarbeiten würden, und übergaben ihnen ein Merkblatt für diese fiktive Person. Darauf: dessen Hobbys, Beziehungsstatus und ein Passbild.

Anschließend sollten die Probanden das Bild des fiktiven Kollegen aus einer Reihe Fotos wiederfinden. Die Teilnehmer dachten, dies sei Teil eines Erinnerungstests. In Wirklichkeit befanden sich in den Fotos aber nicht nur das Originalgesicht vom Merkblatt, sondern auch manipulierte Bilder, die das Gesicht des fiktiven Kollegen etwas hässlicher oder hübscher machen. Das Ergebnis ist erstaunlich:

In etwa so sahen die Gesichter im Fototest aus. Das Originalbild eines Mannes ist in der Mitte, die veränderten und von Amazon-Crowdworkern als „hässlicher" und „hübscher" wahrgenommenen Versionen sind jeweils links und rechts von ihm in der Skala zu sehen. Bild: Balcetis et al

Wenn du in einer glücklichen Beziehung bist, flüstert dir dein Gehirn nämlich ein, dass andere potentielle Partner weniger attraktiv sind als dein aktueller und filtert so die Auswahl. Genau das geschah auch im Fototest: Befanden sich Probanden in einer Beziehung, nahmen sie die fiktiven Kollegen unbewusst als weniger attraktiv wahr—sie lagen meist daneben und glaubten, eins der „hässlicheren" Gesichter gesehen zu haben.

Bemerkenswerterweise wählten die Testpersonen, die sich in einer Beziehung befanden, vor allem ein „hässlicheres" Gesicht aus, wenn der fiktive Kollege auf dem Merkblatt angegeben hatte, Single zu sein. So schafft es unsere Wahrnehmung, das potentielle Risiko eines Seitensprungs zu verkleinern.

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In einem zweiten Test sollte eine andere Gruppe aus 114 heterosexuellen Studenten zunächst einen Fragebogen darüber ausfüllen, wie glücklich sie in ihrer aktuellen Beziehung sind (sofern sie sich in einer befanden). Dann wurde ihnen der Fototest vorgelegt.

Auch diesmal tippten die vergebenen Testpersonen bei der Foto-Zuordnung der fiktiven Kollegen auf die Bilder der weniger attraktiv wahrgenommenen Gesichter. Insbesondere die fiktiven Kollegen, die sich in ihrem „Bewerbungsschreiben" als Single vorgestellt hatten und die Forscher als „Hochrisikoperson" für's Fremdgehen bezeichnen, wurden im Bildertest nicht korrekt wiedergefunden. Ganz anders die Teilnehmer, die sich zuvor selbst als Single bezeichnet hatten: Sie konnten die Gesichter akkurater zuordnen und entschieden sich weniger häufig für die unattraktiver wahrgenommenen Gesichter.

Bild: Shutterstock

Die Untersuchung wurde von der renommierten Psychologin Emily Balcetis und Shana Cole an der Rutgers University in New Jersey geleitet und vergangene Woche im Fachblatt „Personality and Social Psychology Bulletin" veröffentlicht.

Natürlich hat die Studie auch einige Schwächen: Das Laborumfeld kann wohl kaum eine Situation simulieren, in der wir normalerweise über einen Seitensprung nachdenken würden. Zudem ist auch eine Stichprobe aus Studenten nicht repräsentativ für ein möglichst genau verkleinertes Abbild der Bevölkerung. Nichtsdestotrotz bestätigt die Untersuchung frühere Forschungsergebnisse in der Wahrnehmungsforschung im Bezug auf Monogamie. Es war allerdings das erste Mal, dass Forscher auch die Attraktivitätswahrnehmung von Gesichtern untersucht haben.

Aber wer entscheidet denn, ob ein Gesicht nun als hässlich oder schön wahrgenommen wird? Um herauszufinden, ob die Foto-Skala überhaupt in Bezug auf die Attraktivitätswahrnehmung funktioniert, baten die Forscher ganz zeitgemäß Crowdworker von Amazon's Mechanical Turk um Hilfe, die die für die Skala verwendeten Gesichter bewerten sollten. Tatsächlich nehmen Menschen Gesichter, die nach der Methode der Forscher verändert wurden, als mehr oder weniger gutaussehend wahr, ohne zu wissen, inwiefern die Fotos manipuliert wurden.

Die Beteuerung „Ich habe nur Augen für dich" bekommt mit diesen Ergebnissen unterfüttert jedenfalls etwas mehr Überzeugungskraft.