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Faxen für die Netzneutralität

Im Vorfeld der entscheidenden EU-Abstimmung zur Netzneutralität sind schon über 20.000 Protest-Faxe gegen ein Zweiklassen-Internet nach Brüssel verschickt worden.
Bild: Shutterstock

Das gute alte Fax mag ein langsam aussterbendes Medium sein. Aber es ist immer noch in der Lage den diskreten Charme einer bedeutenden Botschaft zu vermitteln. So auch in den vergangenen Wochen als zahlreiche Faksimile nicht aus geschäftlichen Gründen, sondern aufgrund eines persönlicheren Anliegens versandt wurden: Als Ausdruck von Protest.

Schon über 20.000 Faxe gingen seit dem Beginn der Kampagne SaveTheInternet.eu beim EU-Parlament ein—im Vorfeld der möglicherweise entscheidenden Sitzung zum Thema Netzneutralität morgen Mittag.

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Nachdem der Industrieausschuss vor zwei Wochen den Weg für ein Zweiklassen-Internet frei gemacht hat, wird das EU-Parlament nun am Donnerstag über einige wichtige Änderungsanträge entscheiden, die zu einer Aushöhlung des Prinzips eines gleichberechtigten und freien Internets führen würden.

Die drohende Kräfteverschiebung ist dabei mehr als nur ein infrastrukturelles Detail. Es braucht gar keine Internet-Utopie à la Jacob Applebaum, um zu erkennen, wie problematisch es ist, wenn es plötzlich europaweit erlaubt wäre Daten privilegiert durch das Web zu leiten.

Als Sprecher des Digitale Gesellschaft e.V., einem der Initiatoren der Kampagne, erklärte Markus Beckedahl die Probleme der zur Abstimmung stehenden Regelung:

„Wenn einzelne Partnerdienste bevorzugt werden, werden automatisch alle anderen benachteiligt. Das geht zu Lasten von Meinungsfreiheit, Meinungsvielfalt und Innovation. Damit wird der Einstieg in ein Zweiklassen-Netz geschaffen."

Ein solches Zweiklassen-Internet wäre letztlich eine kommerzielle und weitreichende Umsetzung der berüchtigten Drosselkom-Aktionen der Telekom—gegen einen Aufpreis könnten Provider einen dauerhaft schnelleren Datenverkehr anbieten. Das könnte nicht nur innovationshemmend wirken, sondern auch zur Etablierung einer größeren ökonomischen Schere im Web beim Zugriff auf bestimmte Informationen und Dienste führen.

Es wird befürchtet, dass Dienste wie z.B. Netflix, Spotify, YouTube und andere etablierte datenintensive Web-Anwendungen ihre Vormachtstellung weiter festigen könnten, während im schlimmsten Fall auch einer gewissen Zensur durch die bevorzugte Durchleitung bestimmter Informationen Vorschub geleistet werden könnte. (Netzpolitik.org hat übrigens einige fluffig-dystopische Erklärvideos zu dem Thema und den Hintergründen zusammengestellt).

Die Kampagne SaveTheInternet.eu fordert daher dazu auf, dass du deine gewählten Vertreter in Brüssel kontaktierst und sie von der Dringlichkeit einer gesetzlich verankerten Netzneutralität überzeugst, so dass sie morgen für die Anträge 234-246 stimmen.

Auf der Webseite der Kampagne zählt mittlerweile eine Uhr die Stunden und Minuten, und du spürst die Zeit förmlich durch deine Finger rinnen. Vielleicht kommst du ja bei dem Anblick auch auf die Idee mal wieder ein Fax zu verschicken—selbst wenn du dafür vielleicht inzwischen den teuren Versand aus einem Tele-Internet-Shop in Anspruch nehmen musst.

E-Mails oder Anrufe an das EU-Parlament werden aber auch akzeptiert.