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Diese Region dreht Nestlé den Hahn zu—und will ihr Wasser selbst verwalten

In Kanada fürchtet man die Auswirkungen des Klimawandels und will deshalb die Grundwasserentnahme durch Großkonzerne wie Nestlé stärker regulieren.

Kanada verfügt über zahlreiche Bodenschätze, darunter Erdöl, Erdgas und Diamanten. Der Rohstoff jedoch, der dieser Tage für die meisten Schlagzeilen sorgt, ist für private Unternehmen spottbillig zu fördern und zugleich für den Menschen überlebenswichtig: Wasser.

Der kanadaschie Bundesstaat Ontario möchte sich nun gegen die übermäßige Ausbeutung des natürlichen Rohstoffs durch Großkonzerne wie Nestlé zur Wehr setzen—Grund dafür ist vor allem die Angst vor den Auswirkungen des Klimawandels.

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Ontario ist reich an Frischwasservorkommen und somit Objekt der Begierde vieler Privatunternehmen, die dieses Wasser abfüllen und teuer verkaufen. Nun möchte Ontario ein vorübergehendes Verbot neuer Abfüllung beantragen und gleichzeitig striktere Regulierungen für die Privatunternehmen entwickeln, die Grundwasser bereits zu einem Spottpreis abpumpen und dann teuer verkaufen. Nestlé zum Beispiel zahlt für eine Million Liter Wasser lächerliche 3,71 kanadische Dollar (CAD)—für diese Summe erhält man in einem kanadischen Supermarkt gerade einmal eine 24er-Packung Flaschen á 500 ml von Nestlé.

Laut der Nachrichtenagentur The Canadian Press (CP) reagiert die Regierung mit dem Verbot vor allem auf den Klimawandel und die damit verbundene erhöhte Gefahr von Dürreperioden. Die Maßnahme mag im Hinblick auf den Umweltschutz zwar ermutigend klingen, zeichnet gleichzeitig aber auch ein dystopisches Bild unserer Zukunft.

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Der CP zufolge will die Liberale Partei in Ontario die Wassermenge, die in Gebieten mit Wasserknappheit entnommen werden darf, per Gesetz reduzieren. Außerdem sollen wissenschaftliche Studien über etwaige Umweltauswirkungen herangezogen werden, bevor zukünftige Wasserentnahmeprojekte genehmigt werden.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Schutz der Wasserressourcen fügen sich laut CP gut in die allgemeine Umweltpolitik der Regierung ein, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen.

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„Wir unterstützen dieses Vorhaben voll und ganz und haben uns genauso wie Ontarios Regierung dem Schutz der Wasserressourcen verschrieben", erklärte Debbie Moore, Präsidentin von Nestlé Waters Canada, in einem Statement. „Dank der hochmodernen Kontrolluntersuchungen, die wir im Laufe der letzten 15 Jahre in Aberfoyle und Erin durchgeführt haben, konnten wir wichtige Erkenntnisse mit der Regierung und den Gemeinden teilen. Wir werden diese wissenschaftlichen und transparenten Daten weiterhin allen Stakeholdern zur Verfügung stellen, die unser Engagement für nachhaltige Wassernutzung und den Umweltschutz teilen."

Der Klimawandel trifft Kanada besonders hart: Während einige Gegenden Kanadas austrocknen, drohen andere angesichts des steigenden Meeresspiegel zu versinken. Die Waldbrände in Fort McMurray in Alberta, die im Mai begannen und Massenevakuationen zur Folge hatten, konnten erst zwei Monate später vollständig unter Kontrolle gebracht werden. Das extreme Ausmaß der Brände, die tausende Häuser zerstörten, kann dabei zum Teil auf die Trockenheit zurückgeführt werden, die durch die steigenden Temperaturen verursacht wurde.

Experten sind sich einig, dass Kanada zukünftig noch mehr Klimakatastrophen erleben wird. Einige Gemeinden werden durch den steigenden Meeresspiegel wohl komplett umsiedeln müssen. Weitere Auswirkungen des Klimawandels werden vermutlich Dürre und Trockenheit sein. Vielleicht ist das auch der Grund, warum es gegen Nestlés Wasserentnahmeprojekte so massive öffentliche Proteste und sogar Aufrufe zum Boykott gab.

Dabei ist es für Nestlé gar nichts Neues, seine Wasserförderung in Fällen von Wasserknappheit zu reduzieren. Als eine Gemeinde in Ontario, Wellington County, in diesem Jahr mit einer Trockenperiode konfrontiert war, schränkte Nestlé seine Aktivitäten freiwillig ein. Allerdings hat sich Nestlé in der Vergangenheit auch schon dagegen gewehrt, seine Wasserförderung bei schwerer Dürre komplett einzustellen.

Wenn die Trockenperioden jedoch in Häufigkeit oder Stärke zunehmen, so werden Nestlé und andere Unternehmen ihre Arbeiten in Ontario wohl massiv einschränken müssen. Der CP zufolge soll sich jedoch auch mit den neuen Regulierungen vorerst nichts daran ändern, dass Grundwasser für 3,71 CAD pro Mio. Liter abgepumpt und anschließend in Flaschen teuer verkauft werden kann.