FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Warum dieser Typ per Drohne Sexarbeiterinnen ausspäht und an die Polizei meldet

Für all die Kritiker der modernen Technik, die befürchten, Drohnen seien nichts weiter als Überwachungsgeräte für Privatpersonen, ist Brian Bates ein lebendiger Albtraum.
Screenshot aus einem von der Drohne aufgenommenem Beweisvideo.

Brian Bates patrouilliert schon seit Jahrzehnten in den Straßen von Oklahoma City. Immer mit dabei: Sein Camcorder, mit dem er Sexarbeiterinnen und deren Freier filmt und das Filmmaterial anschließend auf seiner Website hochlädt.

Neuerdings setzt Bates dazu auch eine Drohne ein.

Dementsprechend ist aus seinem bisherigen Spitznamen „Video-Überwacher" nun der „Drohnen-Überwacher" geworden. So nennen ihn zumindest die Medien in den Berichten über seinen jüngsten „Erfolg": Bates hatte die 27-jährige Amanda Z. beim Sex mit einem 75-jährigen Mann gefilmt, es auf seiner Website hochgeladen und den Film auch an die Polizei weitergegeben. Daraufhin wurde die Frau laut Berichten der BBC zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Auf seiner Seite bezeichnete Bates den Fall als einen „historischen Moment", da es sein erster Film gewesen war, den er mit einer Drohne aufgenommen hatte. Für all die Kritiker der modernen Technik, die befürchten, Drohnen seien nichts weiter als günstige Überwachungsgeräte für Privatpersonen, sind Bates und seine Drohne natürlich ein lebendiger Albtraum. In den USA müssen Drohnen bei der FAA, der Bundesbehörde für Luftfahrt, registriert sein, die den gesamten Flugraum verwaltet. In manchen Bundesstaaten, wie unter anderem in Oklahoma, wurden jedoch sogar Richtlinien in Erwägung gezogen, die über die Bundesrichtlinien hinausgegangen wären. Laut eines Gesetzentwurfs von 2015 hätten Leute somit Drohnen, die über Privateigentum fliegen, legal abschießen dürfen. Das Gesetz wurde allerdings doch nicht verabschiedet.

Anzeige

Aktivistinnen liefern Abtreibungspillen mit Drohnen über die polnische Grenze

Bates' Aktivitäten sind aber vor allem aus einem anderen Grund heftig umstritten: Zwar begründet er sein „Hobby" auf seiner Website damit, dass er die Freier und Zuhälter von Sexarbeiterinnen bloßstellen wolle. Doch der Fall Z. zeigt deutlich, dass es oft genug auch die Frauen selbst sind, die die Konsequenzen von Bates fragwürdiger Selbstjustiz tragen müssen. In vielen seiner Videos erklärt er hingegen, dass er voll und ganz hinter der „Entkriminalisierung einvernehmlicher, privater und unorganisierter Prostitution stehe."

Da uns die Vorstellung eines selbsternannten Ordungshüters, der mit seiner Drohne in den Straßen Amerikas patrouilliert, ziemlich dystopisch erscheint, habe ich Bates angerufen und ihn nach seinen moralischen Maßstäben und seiner Motivation gefragt, Sexarbeiterinnen durch Drohnen ins Gefängnis zu bringen.

Motherboard: Sind deine Aktivitäten dank Drohnen einfacher geworden?

Brian Bates: Ich würde nicht sagen, dass es einfacher geworden ist. Drohnen bringen eine ganz andere zivil- und strafrechtliche Verantwortung mit sich. In diesem speziellen Fall habe ich mich unter ganz bestimmten Umständen für den Einsatz der Drohne entschieden. [Die Prostituierte und ihr Freier] befanden sich auf Privateigentum, auf dem ich mich—im Gegensatz zu ihnen—aufhalten durfte. Es handelt sich um Eigentum, dessen Besitzer kriminelle Handlungen darauf unterbinden wollte. Das Gelände war relativ offen, in der Nähe befanden sich keine anderen Fußgänger oder Hindernisse, und, viel wichtiger noch, ich kannte die junge Frau, die an diesem Tag der Prostitution nachging.

Anzeige

Warum auch immer—ich glaube, weil sie wusste, dass ich auch da draußen war—war die Dame an diesem Tag mit ihrem Zuhälter unterwegs. Es war also für mich um einiges sicherer, die Drohne zu benutzen, statt selbst zum Fahrzeug zu laufen.

Du sagst, du willst die Freier und Zuhälter „bloßstellen"—bereust du es überhaupt, dass dein Drohnen-Filmmaterial viel dazu beigetragen hat, die Sexarbeiterin Z. für ein Jahr ins Gefängnis zu bringen?

Nein. Die Leute sind selbst für ihre Handlungen verantwortlich. Sie kennt die Regeln, sie kennt mich, und sie weiß, dass sie ins Gefängnis kommt, wenn sie erwischt wird. Es ist bedauerlich. Ich wünschte, dass man den Leuten, die in unserer Gegend der Straßenprostitution nachgehen, mehr anbieten könnte. Ich bin nur ein Bürger. Mehr als die Schuldigen in der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen, kann ich nicht tun. Ich versuche mit meinen Videos, das soziale Bewusstsein zu bewegen und einen Dialog über das Problem in Gang zu setzen. Wenn ich [der Polizei] meine Videos übergebe, kann ich aber leider schlecht sagen „Verfolgt den Freier, die Prostituierte aber bitte nicht."

Mussten zuvor schon andere Frauen aufgrund deiner Videos ins Gefängnis oder vor Gericht?

Naja, theoretisch hat jedes Video, das ich einreiche, das Potenzial, Leute hinter Gitter zu bringen. Wenn Anklage erhoben wird, wird ein Haftbefehl ausgestellt, und Leute werden verhaftet. Wie lange sie dann einsitzen müssen, hängt davon ab, wie schnell sie die Kaution aufbringen können. Aber nur aufgrund meiner Videos wurde sonst noch niemand verurteilt, soweit ich weiß. Da muss es schon noch andere Vergehen gegeben haben, wie zum Beispiel Drogenbesitz oder Verstöße gegen Bewährungsauflagen.

Anzeige

Bates hat eine DJI Phantom II benutzt, um das Beweismaterial aufzunehmen. Er fliegt seine Drohne seit fünf oder sechs Jahren. Bild: Flickr/Walter

Manche werden einwenden, dass du Frauen—die sich teilweise auch freiwillig prostituieren und sowieso schon kriminalisiert werden—noch mehr gefährdest, da du sie einem unfreundlichen Rechtssystem auslieferst. Wie reagierst du auf solche Kritik?

Dieses Argument höre ich oft. Und am häufigsten höre ich diese Kritik von Leuten, die nicht von hier sind und die Frauen hier nicht kennen, auf die sie diese Lüge aus schmalzigen Filmen projizieren wollen. Ich mache das schon seit 20 Jahren und kenne die meisten Frauen, die sich prostituieren. Auf meiner Website gibt es eine Menge Interviews mit Frauen von der Straße, die ihre Geschichte erzählen. Ich habe von ihnen noch nie eine Gegenreaktion bekommen.

Über die Jahre hat sich meine Strategie auch verändert. Früher habe ich das Gesicht der Frauen in meinen Filmen unkenntlich gemacht und keinerlei Informationen über sie veröffentlicht. [Doch] oft kontaktieren mich Familienmitglieder der Frauen, die keinen Kontakt mehr zu ihnen hatten und nach ihnen suchten. Manchmal sagt auch die Strafverfolgung, dass es sich um einen gesuchten Ausreißer handelt. Ich habe einfach festgestellt, dass es keinen Grund gibt, die Anonymität der Frauen zu wahren.

Seltene Drohnen-Aufnahmen zeigen, wie eine Gruppe Wale einen Hai jagt

Wenn von Drohnen die Rede ist, fürchten viele Menschen scheinbar um ihre Privatsphäre. Was antwortest du denjenigen, die dich der Verletzung ihrer Privatsphäre beschuldigen?

Anzeige

Erstens sollten sie sich mit dem Gesetz vertraut machen. So wie ich meine Drohne einsetze, verletze ich keine Privatsphäre. Es wird auch immer viel Panik verbreitet, was im Fall von Drohnen aber total unnötig ist. Wenn ihr im Park seid und eine Drohne euch nah genug kommt, um euer Gesicht zu erkennen, werdet ihr das schon mitbekommen. Es könnte aber auch jemand aus einem mehrere Meter weit entfernten Haus ein Teleobjektiv benutzen und auf euch reinzoomen, und ihr würdet es nicht mal mitbekommen. Die Leute betrachten technische Neuheiten stets mit einer gewissen Skepsis, und nun sind sie eben Drohnen gegenüber skeptisch.

Fändest du es gut, wenn auch andere Leute ihre Drohnen einsetzen7, um ihre Nachbarschaft zu überwachen?

Meine pauschale Antwort ist nein. Drohnen sind erst relativ kurz auf dem Markt und die meisten haben kaum Erfahrung damit. Ich hingegen habe bereits hunderte Stunden Übung darin, meine Drohne fliegen zu lassen. Ich empfehle niemandem, mir diesen Aktivismus nachzumachen. Es kann ziemlich gefährlich werden, wenn man zu einem Auto rennt, die Tür aufreißt und plötzlich mit einer Kamera dasteht. Doch leider werden so manche die Drohnen unzweckgemäß einsetzen und ihnen damit einen schlechten Ruf verleihen. Es gibt für solche Leute ja die sogenannten Nachbarschaftswachen und ähnliches—aber wie es da dann zu laufen hat, das obliegt nicht meiner Entscheidung.

Ich habe meine Drohne stets gemäß den Regeln benutzt und somit kann mir niemand etwas Illegales vorwerfen.

Anzeige

Wirst du deine Drohne weiterhin fliegen lassen?

Ich hab sie bei mir, sie ist immer in meinem Auto, und seit dem jüngsten Vorfall wollte ich sie bisher nur ein Mal benutzen, um zu filmen. Bei diesem Mal habe ich dann festgestellt, dass es aber nicht sicher wäre und bin dann wieder zu Fuß losgezogen.

Also ja?

Wenn die Bedingungen es zulassen, werde ich sie definitiv wieder einsetzen. Ich bin zwar kein Hellseher, aber ja, ich würde sie wieder starten.

Das Interview wurde der Verständlichkeit halber gekürzt und überarbeitet.