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Diese niedersächsische Anti-Terror-Sperre funktioniert viel zu gut für den Testfahrer

Eine sinnvolle Entwicklung im Kampf gegen Lastwagen-Terrorangriffe könnte aus Niedersachsen kommen. Der Testvorgang muss aber unbedingt noch verbessert werden.

Es ist nicht ganz klar, ob die Worte "Hi, willkommen zu Jackass – Uslar-Edition", gefallen sind, bevor der weiße Laster in Niedersachsen gegen einen speziellen Poller schmetterte und seinen Fahrer schwer verletzt zurückließ. An Dummheit ließ sich die Aktion allerdings schwer überbieten.

Ein Unternehmer aus Uslar, dessen Name in keinem Medienbericht genannt wird, wollte eine spezielle Barriere testen, die er entwickelt hat. Die Barriere, eine etwa hüfthohe schwere Metallabsperrung, wird auch als "Nizzasperre" bezeichnet und soll helfen, Anschläge mit LKWs wie in Nizza zu verhindern. Diese Sperre ist nicht die erste ihrer Art, aktuell werden vor allem Sperren aus Beton eingesetzt, die von verschiedenen Herstellern, auch in Deutschland, vertrieben werden.

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Wie das Video zeigt, das Zeugen vor Ort gedreht haben und dann unter anderem der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen zugespielt haben, funktioniert die Sperre scheinbar bestens. Der weiße Laster wird von der Sperre in die Luft gerissen und kommt nur wenige Meter danach zum Stehen.

Das ist (aus technischer Perspektive) durchaus bemerkenswert. Denn wie Tests vom MDR zeigen, sind die Anti-Terror-Sperren aus Beton, die aktuell in deutschen Städten zum Einsatz kommen, eben nicht gut genug dafür geeignet, schwere Laster aufzuhalten. Sie durchbrechen die Betonabsperrungen einfach und werden nur minimal von ihnen gebremst.

Der Test hat aber ein großes Problem: Warum zum Teufel setzt man einen echten Fahrer in ein Fahrzeug, das – bei idealem Ausgang – völlig geschrottet werden soll!? Bei dem Fahrer, der für eine Not-OP per Hubschrauber abtransportiert werden musste, handelt es sich zwar laut HNA um einen Stockcar-Fahrer (er ist also sowas wie Uslars eigener Daredevil), der die Kabine des Laster mit einem Überrollkäfig ausgestattet hat, aber…warum!? Bei den MDR-Tests wurden die Laster auf einer Schiene entlanggezogen. Es ist nicht unbedingt zu erwarten, dass ein Fahrer in der Kabine den Versuchsausgang stark beeinflussen sollte. Und darum hat laut Morgenpost die Staatsanwaltschaft in Göttingen auch schon ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet.

Bleiben also zwei große Takeaways: Nein, es ist keine gute Idee, Menschen brutal gegen Metallpoller fahren zu lassen. Und: Am Uslarer Anti-Terror-Poller könnte was dran sein. Ob das tatsächlich stimmt, muss aber unbedingt in einer kontrollierten Umgebung getestet werden. Das Video selbst gibt dazu zu wenig Preis: Was ist die genaue Geschwindigkeit des Fahrzeugs? Wie spielt der Straßenbelag der Landstraße mit rein? Was hat der Fahrer in den Momenten kurz vor und nach dem Aufprall getan? Das alles bleibt völlig unklar. Und darum bleibt vom dämlichen Privattest der Metallbarriere eigentlich nur ein virales Video, das dem Unternehmer aus Uslar – so das Strafverfahren glimpflich ausgehen sollte – Kunden einbringen könnte, die genau solche Bilder erwarten, wenn sie öffentliche Plätze mit Barrieren schützen wollen.