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Wie sich die ukrainische Armee mit 3D-gedruckten Drohnen aufrüstet

Freiwillige einer Kiewer Computerakademie drucken rund um die Uhr Drohnen für ihr Vaterland aus.

Dass das in der vergangenen Woche mühsamst errungene Friedensabkommen Minsk II das Papier nicht wert ist, auf dem es verfasst wurde, ist spätestens nach dem Fall der strategisch wichtigen Stadt Debalzewe klar. Weil Krieg stets mit hohem Materialverschleiß verbunden ist, produzieren Freiwillige an der privaten Computerschule Step IT Academy in Kiev inzwischen 3D-gedruckte Drohnen, um die ukrainische Armee zu versorgen.

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Diese Drohnen können zur Luftraumaufklärung eingesetzt werden und haben Materialkosten von gerade mal 1056 Euro. Damit sind sie viel günstiger als die durchschnittlich über 26.000 Euro teuren militärischen Drohnen (vermutlich aber auch ein bisschen weniger stabil). Die fertigen Geräte kosten insgesamt und mit allen Komponenten zwar ungefähr 2600 Euro, doch der Löwenanteil dessen entfällt auf die Kosten der Arbeitszeit von Angestellten sowie Training und Tests der kleinen Flugobjekte.

Federführend in der Drohnenwerkstatt an der Step IT Academy ist der junge Dmytro Franchuk, der die extraleichten Drohnen eigens für die Armee entwirft (und auch ansonsten gern seine Drohne überall mit hinnimmt, wenn man seinen Facebook-Fotos Glauben schenken kann). Die Produktion im Labor der Akademie verschlingt bis zu 20 kg Kunststoff pro Tag.

Dmytry (links) und ein Freund posieren mit eigens entworfenen Drohnen. Bild: ​Facebook 

Rund eine Woche brauchen die Soldaten, um sich an das Handling zu gewöhnen und die Physik so zu verstehen, dass sie den Flug der Drohne beherrschen. Franchuk, der in Friedenszeiten gern selbst konstruierte Helikopter auf Wettbewerben fliegen lässt, musste den Soldaten auch selbst beibringen, wie man die Drohnen steuert und dafür eine Woche an der Front verbringen: „Wertvolle Zeit, die ich mit der Konstruktion hätte verbringen können", wie er der Kyiv Post erzählte.

Bislang tut sich Franchuk als einziger Drohneningenieur an der Akademie hervor. Allerdings werden aktuell schon 30 seiner gespendete Drohnen von der Armee an der Front eingesetzt.

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Die Regierung ist nicht interessiert an einer Massenproduktion für die Armee—das Geld fehlt.

Trotz ihres geringen Gewichts können die Drohnen bis zu 20 Minuten in der Luft bleiben und scharfe Bilder aus bis zu 2,5 km Höhe liefern. Damit ist die DIY-Drohne flexibel einsetzbar, aber vermutlich eher als fliegende Kamera als zum Transport von Bomben brauchbar.

Dass Drohnen in der Berichterstattung für Medien, Armeen und Regierungen wertvolle Perspektiven auf umkämpfte oder abgeriegelte Gebiete bieten können, wissen wir nicht zuletzt im Zusammenhang der Ukrainekrise am Beispiel des zerstörten Donetsker Flughafens:

Angeblich sei die Regierung aber nicht interessiert, die Drohnen von der Step IT Academy in Serie produzieren zu lassen, wie der Leiter der Akademie Ivan Dovgal der Journalistin der ​Kyiv Post mit Bedauern erzählt—und das in Zeiten, in denen die Bevölkerung der eigenen Armee über die NGO Army SOS sogar bei der Finanzierung ihres Krieges hilft, indem sie Gelder für die Versorgung der Soldaten einsammelt.

Dovgal schiebt dieses mangelnde Interesse auf fehlende Gelder und zu große bürokratische Hürden.

Ursprünglich steckte sich das Robotechnik-Labor an der Step IT Academy in Kiew eigentlich etwas flauschigere Ziele; so entwickelten die Mitarbeiter dort zum Beispiel Gadgets wie die ukrainische Haustierkamera Petcube.

Mit drei 3D-Druckern, von denen einer Dovgal selbst gehört, wird das Labor nun abseits seiner eigentlichen Bestimmung, vernetzte Heimanwendungen zu designen, im Dienste der Armee zweckentfremdet. Die Drucker werden rund um die Uhr eingesetzt, um Drohnenteile und Ersatzteile zu drucken.

„Ich hab vor zwei Jahren zum ersten Mal von 3D-Druckern gehört", so Dovgal. „Damals dachte ich schon, dass das ein Risentrend werden könnte. Mittlerweile weiß ich, dass ich damit Recht hatte; wir sehen sie überall. Alles, was sie hier sehen, ist entweder selbst ein Roboter oder wurde von einem gedruckt."

Dass eine Computerschule mit seinem Drucklabor aber nun Tag und Nacht gespendete Drohnen für den Krieg vor der Haustür drucken muss, hätte sich wahrscheinlich auch der abgebrühteste IT-Experte vor zwei Jahren kaum vorstellen können.