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Mit diesen FBI-Tricks für Geiselnahmen wird jede Verhandlung zum Kinderspiel

Dank seiner rhetorischen Kniffe bekommt Chris Voss immer, was er will.
Bild: Wikipedia, FBI | Public Domain

Titelbild: Wikipedia | FBI | Public Domain

Was haben deine gescheiterte Urlaubsplanung und der darauffolgende Streit mit deinem Partner, deine frustrierende Gehaltsverhandlung und der beleidigte Handwerker mit dem FBI zu tun? Mehr als du denkst. Denn mit den Tricks der Agency kannst du dir nicht nur psychologisch deinen Willen stärken, sondern auch in Sachen Rhetorik und Verhandlungsführung einiges an praktischem Alltagswissen aneignen. Das FBI ist uns also manchmal näher als wir wahrhaben wollen.

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Chris Voss war von 2000 bis 2007 als leitender Special Agent für die Crisis Negogiation Unit des FBI tätig und somit DER Experte für Verhandlungen in Geiselnahmen. Er führte die Gespräche während der Geiselnahme von Jill Carroll im Irak, von Steve Centanni im Gaza-Streifen oder auch von Guillermo Sobero und Martin Burnham in den Dos Palmas-Kidnappings durch Abu Sayyaf auf den Philippinen.

Nachdem er aus seinem 24-jährigen Dienst im Bereich der Extremverhandlungen ausgeschieden war, blieb er seinem besonderen Talent treu und gründete seine eigene Verhandlungsberaterfirma Black Swan. Wenn es also einen Profi gibt, der dich aus jeglicher Verhandlung mit einem zufriedenen Lächeln herausgehen lässt, dann ist es Chris Voss.

Ex-Agent Chris Voss. Bild: Wikimedia, 80Phoenix | CC BY-SA 3.0

Hier ist die Essenz seines Geschickes, das er nicht nur in seinem Unternehmen einsetzt, sondern auch schon dem Blog bakadesuyo ausführlich offenbarte, und das dich in deinem Alltag zukünftig vor faulen Kompromissen und üblen Abfuhren bewahren soll:

FBI-Wissen Teil 1: Was ist dein BATNA?

Allein das Wort klingt schon nach einer coolen FBI-Strategie und es sollte von nun an Teil deines persönlichen Lexikons werden. Ein BATNA ist die Beste Alternative einer verhandelten Vereinbarung (Best Alternative to a Negotiated Agreement). Es handelt sich dabei nicht um einen Kompromiss, sondern eine Alternative, die ok für dich ist, wenn dein ursprünglich erhoffter Verhandlungsausgang nicht erreicht wird. Scheint jedoch nur ein unbefriedigendes Gesprächsziel möglich zu sein, besteht zu diesem Zeitpunkt kein Grund, die Verhandlung noch weiter zu führen.

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Nehme dein BATNA jedoch auch nicht allzu wichtig, denn wenn dich der Gedanke an die Wunschalternative vom eigentlichen Gespräch ablenkt, lass es lieber bleiben. Mache dich nicht zum Sklaven deines BATNA, stecke es dir einfach nur als lässige Idee in den Ärmel.

FBI-Wissen Teil 2: Bloß keine Kompromisse

Kompromisse sind die Pest des Verhandlungsgeschicks, so Voss. Auch wenn sie als wunderbar, friedensstiftende Allheilmethode für jegliche Dramen von Beziehung bis Jobstress gepredigt werden, sollten sie in Verhandlungsgesprächen mit Samthandschuhen angefasst werden. Ein Kompromiss macht keinen glücklich und ist eine verlogene Scheinlösung.

„Wenn ein Ehemann möchte, dass seine Frau sich die Brüste operieren lassen soll und sie das nicht möchte, wäre der Kompromiss, dass sie sich nur ein Implantat machen lässt", erklärt Voss in einem Interview mit dem Blog bakadesuyo das Dilemma. An einem Kompromiss ist seiner Meinung nach also nicht nur manchmal, sondern meistens irgendetwas faul.

FBI-Wissen Teil 3: Vergiss nicht das Gefühl

Der allgemeine Tenor geht davon aus, dass man in Verhandlungen am besten mit eisigem Pokerface knallhart seine Position vertritt—was aus krisensicherer FBI-Sicht allerdings völliger Humbug ist. Kein Mensch kann seine Gefühle abschalten und sogar in vermummten Geiselnehmern schlägt ein Herz. Damit stützt sich die Agency auf die wissenschaftlich abgesicherte These, dass kein Mensch eine Entscheidung ohne Einfluss seiner Emotionen treffen kann. Wir treffen unsere Wahl je nachdem, was uns wichtig ist.

Voss und seine Kollegen setzen also vollständig aufs Gefühl. Da gespielte Emotionen ebenso sinnlos und leicht zu entlarven sind, legen sich die Unterhändler einfach besonders ins Zeug und haben damit sogar eine Methode entwickelt, mit Gefühlen Situationen beeinflussen zu können. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um Ausbrüche in Form von Weinkrämpfen oder Wutanfällen—das FBI bewahrt trotz aller Sensibilität immer noch seine seriöse Haltung.

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FBI-Wissen Teil 4: Die Frage-Antwort-Erlebnisreise

Das Spiel mit der Beeinflussung stellt den spannendsten Aspekt der Verhandlung dar und könnte einen längeren, psychologischen Prozess zur Folge haben. Hierbei handelt es sich um einen permanenten Feedbackstrom, den der Unterhändler dem Geiselnehmer (oder im Alltagsfall vielleicht eher Vater, Freundin, Arbeitskollege, Handwerker) spiegelt.

Finde zuerst einmal heraus, was deinem Gegenüber überhaupt wichtig ist, wie er das erreichen will und ob das eigentlich alles irgendeinen Sinn ergibt. Mit Hilfe der richtigen Fragestellungen versucht ihr nun, gemeinsam die Lösungen zu finden, die zu den jeweiligen Problemen passen. Hilfreich sind zum Beispiel Fragen, die den Verhandlungspartner erklären lassen, was ihr gemeinsam erreichen wollt und wie er seinem Ziel mittels der gestellten Forderungen näher kommen will.

So erforscht ihr gemeinsam die Untiefen und Hintergründe des Problems und erörtert, was hier eigentlich kompletter Unsinn ist und was nicht. So offenbaren sich dem Gesprächspartner im besten Fall nach einiger Zeit selbst die lächerlichen Aspekte seines Standpunktes.

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FBI-Wissen Teil 5: Die Stimmen im Kopf

Das erfolgreichste Gespräch verläuft in Aufmerksamkeit für die Worte und Gefühle des anderen. Denke nicht über deine Argumente nach, verschwende deine Gedanken nicht daran, was deine Position stärken könnte, nimm den Moment wahr und agiere danach. Voss benutzt hier den Vergleich mit einem Schizophrenen, der Stimmen in seinem Kopf hört. Schalte diese Stimmen ab und höre, was dein Gegenüber zu sagen hat und welche Emotionen es aussendet, das ist der größte Trick der FBI-Verhandlungstechnik.

Wer hätte erwartet, dass die geschicktesten Tricks der härtesten Hunde einfach aus einer Portion zur Schau gestellter Ehrlichkeit und Menschlichkeit rühren.