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Kommentatoren beleidigen Silk Road-Richterin—und werden vor Gericht geladen

Sollten die Drohungen ernst gemeint sein, müssen die User wohl mit einer Strafe rechnen. Aber wie beweist man das?
Bild: Shutterstock

Eine Woche, nachdem der ehemalige Silk Road-Betreiber Ross Ulbricht zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde, geht das US-Justizministerium nun aktiv gegen Beleidigungen vor, die nach dem Prozess im Netz auftauchten. So forderte die Behörde die libertäre Website reason.com auf, die Daten von sechs Onlinekommentatoren herauszugeben, die Drohungen gegen die Richterin der Silk Road-Verhandlung gepostet hatten.

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Ken White vom Blog Popehat erhielt letzte Woche eine Vorladung des Justizministeriums. Diese verlangte von der Website, „jede für eine Identifikation nötige Information" über die betreffenden Kommentatoren herauszugeben. Dazu zählen Emailadressen, Telefonnummern, IP-Adressen und mit den Accounts in Zusammenhang stehende Zahlungsdaten.

Die Vorladung der Justiz zielt auf User ab, die einen am 31. Mai veröffentlichten Artikel kommentiert hatten, welcher sich auf einen Brief Ulbrichts bezogen hatte. In diesem hatte der Gründer des Darknet-Schwarzmarkts auf mildernde Umstände plädiert. Die Kommentare wurden verfasst, nachdem die New Yorker Richterin Katherine Forrest Ross Ulbricht zu einer Freiheitsstrafe von zwei mal lebenslänglich für seine Taten verurteilt hatte.

„Es sind Richter wie diese, die man hinter's Haus bringen und erschießen sollte": Wie aus den Akten hervor geht, postete dies ein User namens Agammamon.

Die Kommentare sind „ganz offensichtlich keine echten Drohungen".

„Es sind Richter wie diese, die hinter's Haus gebracht und erschossen werden. FTFY [fixed that for you].", antwortete ein anderer, unter dem Synonym Alan auftretender User (Betonung aus der Anklage entnommen). Ein weiterer fügte hinzu: „Warum hinter's Haus? Erschießt sie vorne, direkt auf den Stufen des Gerichtsgebäudes."

In der Zwangsvorladung waren Vertreter von Reason.com dazu aufgefordert worden, am Dienstag um 10 Uhr in einem New Yorker Gericht zu erscheinen, falls sie nicht vorher bereits die angeforderten Dokumente bereit stellen sollten. Da Reason.com auf keine Anfrage von Motherboard reagierte, ist uns nicht bekannt, ob die User wirklich vor Gericht erschienen oder die geforderten Informationen über die Kommentatoern übergeben haben.

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Es ist nicht das erste Mal, dass Forrest wegen ihrer Arbeit als Richterin angegriffen wurde. Im Oktober letzten Jahres postete jemand (nachdem sie Anträge abgewiesen hatte, die zur Entlastung Ulbrichts hätten dienen können) eine Todesdrohung gegen sie im Darknet. Zur gleichen Zeit wurden ihre angebliche Sozialversicherungsnummer, ihr Geburtsdatum und ihre Adresse im Darknet veröffentlicht. Es könnte sein, dass diese Informationen noch immer dort zu finden sind.

Das Justizministerium äußerte sich nicht dazu, wie es auf die bedrohlichen Kommentare auf Reason.com aufmerksam wurde. Ein Vertreter der Behörde erzählte Motherboard jedoch, es sei „die Aufgabe des US Marshal Service, die Sicherheit des Supreme Court zu gewährleisten".

Seit dem Ende von Silk Road kaufen mehr Leute denn je Drogen im Darknet.

„Wir geben keine detaillierte Auskunft über unsere Methoden oder unser investigatives Vorgehen", erklärte der Vertreter in einer E-Mail. „Dennoch beobachten wir permanent die Sicherheitslage und können sehr schnell und aktiv auf alle Drohungen und unangemessenen Nachrichten reagieren."

Ulbrichts Verteidiger wollten sich nicht zu der Vorladung und den Kommentaren äußern, hatten jedoch bereits in der Vergangenheit solche Drohungen verurteilt.

White schrieb bei Popehat, dass letzte Woche ein ähnlicher Fall vor dem Obersten Gerichtshof entschieden worden war: ein bundesstaatliches Gesetz gegen Online-Bedrohungen. Der Gerichtshof entschied dabei, die Regierung müsse erst die Ernsthaftigkeit der Drohungen beweisen, bevor jemand verurteilt werden könne. Auf welche Weise die Ernsthaftigkeit bewiesen werden soll, wurde jedoch nicht festgelegt.

Es ist schwer zu beurteilen, ob die Online-Trolle auf Reason.com die Richterin wahrhaftig „in eine Häckselmaschine" stecken wollen—White schrieb, die Kommentare seien „ganz offensichtlich keine wirklichen Drohungen". Klar ist jedoch, dass die Regierung Online-Kommentare, die hohe Richter betreffen, sehr genau überwachen.