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Goldene Biertrinker-Regel: Deshalb solltet ihr nie nach dem ersten Bier pinkeln

Die biologische Erklärung einer äußerst praktischen Alltagsweisheit.
Bild: imago/ Guido Krzikowski

Jeder wahre Bierliebhaber sollte eine wichtige Regel beim Konsum seines Lieblingsgetränks beachten: Geh nie schon nach dem ersten Bier pinkeln. Solltet ihr beim hastigen Genuss des Gerstensafts naiv genug sein, dieses güldene Gesetz zu missachten, müsst ihr damit rechnen, einen Großteil des Abends auf der Toilette zu verbringen—fast so als würde der Dreischluchten-Staudamm auf eure Blase drücken.

Eine hartnäckige Biertrinker-Legende besagt jedoch, dass jeder von der unangenehmen Plage verschont bleibt, dem es gelingt, erst zwei Stunden nach dem ersten Schluck auf die Toilette zu gehen. Doch lässt sich diese Faustregel auch wissenschaftlich belegen?

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Zunächst sollten wir uns die Grundlage des Biergenuss-Dilemmas ins Gedächtnis rufen: Der Konsum von Bier wird immer dazu führen, dass ein menschlicher Körper mehr Urin als im Normalbetrieb produziert. Durch die Zufuhr von Alkohol reduziert sich für eine gewisse Zeit die Ausschüttung von ADH. Das Hormon sorgt eigentlich dafür, dass der Körper bestimmte Flüssigkeiten länger bei sich behält, um daraus so viele für ihn nützliche Substanzen wie möglich zu extrahieren.

Eine Unterdrückung von ADH sorgt nun auch dafür, dass der Urin-Pegel, der die Blase erreicht, höher ausfällt als wenn du die gleiche Menge Wasser getrunken hättest. Die Menge an gelassenem Wasser überschreitet dann den Durchschnitts-Output, der, auf einen Tag gerechnet, pro Person eigentlich bei 1,5 bis 2 Litern liegt.

Es dauert allerdings einen Moment, bis der Alkoholkonsum Auswirkungen auf das ADH-Level hat, was auch erklärt, dass dich der Harndrang beim Trinken so plötzlich und überraschend überkommt. Zu allem Überfluss sorgen kohlensäurehaltige Getränke für zusätzlichen Druck auf die Blase. Das ist auch der Grund, warum Wein für weniger Harndrang sorgt—er enthält schlicht weniger Kohlensäuregas als Bier.

Doch warum kann die erste abendliche Entleerung der Blase solch fatale Auswirkungen haben? Unser Körper ist so gebaut, dass ihn ein Aufschub des Harndrangs nicht sofort vor große Probleme stellt—und so zwingt auch nicht jeder biologische Vorgang oder jeder negative Impuls das Gehirn zu einer Handlung. Ein Phänomen, das in der Psychologie als Desensibilisierung bekannt ist.

Tatsächlich gewöhnt sich das Blasengewebe bis zu einem gewissen Grad an die Situation—ähnlich wie dein Hautgewebe auch kein großes Aufhebens darum macht, dass es in dem selben Augenblick vermutlich in Berührung mit Kleidung kommt. Der restliche Organismus, den du ohnehin gerade in Richtigung sanftes Bierdelirium steuerst, schenkt dem Problem also schlicht keine große Aufmerksamkeit und so ist dein Harndrang auch neurologisch für eine gewisse Zeit soweit desensibilisiert, dass du dir das Austreten sparen kannst.

Wenn du dich aber das erste Mal auf der Toilette erleichtert hast, schaltet sich dein Gehirn wieder rein. Der Impuls zu pinkeln wird zwar von den Mechanorezeptoren in der Blase ausgelöst—allerdings muss dieses erste Signal, das laut aktuellen Studien an mindestens fünf Areale im menschlichen Gehirn gesendet wird, vorerst neurologisch verarbeitet werden, erst daraufhin kommt es zu einer Handlung. Nach dem ersten Toilettengang wird den neurologischen Vorgängen in deinem Körper die Existenz der Blase also erst einmal wieder bewusst und damit geht die Erkenntnis einher, dass dieses kleine Organ ja auch regelmäßig entleert werden will. So wird dich dein Gehirn den Rest des Abends nun regelmäßig daran erinnern und schön auf die Toilette schicken.

Dieser Text ist zuerst bei Motherboard Niederlande erschienen.