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Das Manifest des John Doe: Quelle der Panama Papers meldet sich erstmals zu Wort

Und sie lässt—einen Monat nach Beginn der Veröffentlichungen—kein gutes Haar am Stand der Ermittlungen und desinteressierten Medien.
Bild: Imago

Die anonyme Quelle der Panama Papers hat sich einen Monat nach Beginn der Veröffentlichungen erstmals persönlich zu Wort gemeldet. In einem längeren Statement, das die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte, verriet der anonyme Whistleblower, der sich selbst John Doe nennt, was ihn zu dem Leak bewegte und verurteilte die bisherigen Ermittlungen als unzureichend.

Frustriert über die langsame, schleppende Aufdeckung der Steueroasen, den vielfältig ausgenutzten rechtlichen Schlupflöchern und ihrer Nutznießer, erklärte John Doe sich sogar bereit, sich zu einem gewissen Grad aus der Deckung zu wagen: „Das ICIJ und seine Partnermedien haben vollkommen zu Recht erklärt, die Dokumente nicht weiterzugeben. Ich bin jedoch bereit, mit den Behörden zusammenzuarbeiten—im Rahmen meiner Möglichkeiten." Wie genau eine solche Kooperation aussehen könnte, erklärte Doe nicht, klar ist jedoch, dass eine Kooperation mit staatlichen Stellen die Aufklärung der Vorgänge um Schwarzgeld, Steuerhinterziehung und geheime Geldtransfers enorm beschleunigen könnte.

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Interessantes hat die Quelle auch über das „Versagen der Medien" im Zuge der Enthüllungsstory zu berichten. Viele seien an der spektakulären Geschichte im Vorfeld nicht einmal interessiert gewesen: „Neben der Süddeutschen Zeitung und dem ICIJ hatten, entgegen anderslautenden Behauptungen, auch Redakteure großer Medien Dokumente aus den Panama Papers vorliegen—und entschieden, nicht darüber zu berichten. Die traurige Wahrheit ist, dass einige der prominentesten und fähigsten Medienorganisationen der Welt nicht daran interessiert waren, über diese Geschichte zu berichten."

Doch nicht nur bei manchen klassischen Medienhäusern probierte die Quelle vergeblich, Interesse zu wecken, sondern auch bei der Whistleblower-Plattform Wikileaks. Doch selbst dort habe man „wiederholt nicht auf meine Nachrichten reagiert." Das ist auch deshalb interessant, weil von Wikileaks nach der Veröffentlichung die an das ICIJ gerichtete Forderung laut wurde, alle Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

John Doe macht sich auch Gedanken um seine Sicherheit als Whistleblower. Explizit erwähnt er in seinem Text das Schicksal von Whistleblowern, die namentlich an die Öffentlichkeit getreten sind, wie das Edward Snowdens oder Bradley Birkenfeld (der den UBS-Leak auslöste) und verweist auf den prekären Quellenschutz den Leute wie er heutzutage genießen. In den Köpfen vieler Regierungen gelte eben noch immer das Prinzip „Shoot the messenger", so der Tenor John Does.

Zu einem vernichtenden Urteil kommt die Quelle vor allem über die mangelnde Verfolgung der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca selbst—und wirft Panama implizit vor, das System noch immer zu decken: „Selbst jetzt, wo Panama erklärt, nicht nur das Land sein zu wollen, aus dem die Panama-Papiere stammen, wird dort bequemerweise nur die Kanzlei Mossack Fonseca unter die Lupe genommen—also nur ein Pferdchen des sich weiterhin drehenden panamaischen Offshore-Karussells. Banken, Finanzaufsichts- und Steuerbehörden haben versagt. Es wurden Entscheidungen getroffen, die die Reichen verschont und die Mittel- und Geringverdiener getroffen haben.",

Nicht klar ist derweil nach wie vor, wie John Doe an die Dokumente gekommen sein könnte. Er oder sie stellte jedoch klar, niemals „für Regierungen oder Geheimdienste" gearbeitet zu haben. Doch vielleicht gibt ein kleiner Hinweis am Ende seines Textes Aufschluss: „Wir leben in einer Zeit günstiger, grenzenloser Datenspeicher und schneller Internetverbindungen, die nationale Grenzen überschreiten. Es sieht also sehr danach aus, dass die nächste Revolution digital sein wird. Vielleicht hat sie aber auch schon begonnen." Das ist die Sprache von Hackern, oder schlicht die eines modernen, kämpferischen Bürgers.