FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Dubai baut sich ein alpines Outdoor-Europa mit Schneekanonen und Budenzauber

Nächstes Großprojekt in Dubai: Ein Winterwunderland unter der sengenden Sonne am Golf.
​Bild: The Heart of Europe 

Wo fahren die Polizisten Bugatti Veyrons? Wo wird gerade die größte Mall der Welt gebaut, die neben die aktuell größte Mall der Welt gesetzt werden soll? Genau: In Dubai, dem Emirat, in dem das Wort „sparsam" einen obszönen Beigeschmack hat.

Im ewigen Bemühen, das Klima am Golf auf ein schwitzbefreites Spaziergänger-Niveau herunterzukühlen, zielt eines der nächsten Großprojekte am Golf auf einen klimatisch akkuraten Nachbau eines winterlichen Europas ab. Wir erinnern uns: Klein-Paris gibt es in den Emiraten schon länger, aber dieser lästige arabische Dauerhochsommer trübte bislang das authentische Bild.

Anzeige

Auf dem menschengemachten Archipel „The World", das vor der Küste Dubais mit 300 Inseln das perfekte Welt-Simulakrum anstrebt, soll sich ab Ende kommenden Jahres dann ein verschneites, alpines Wunderland namens „Heart of Europe" eröffnen. Europa besteht in Dubai übrigens aus der Schweiz, St. Petersburg, Deutschland, Österreich, Schweden und Monaco.

Bild: Screenshot ​The Heart of Europe

Vor wenigen Wochen gab es nun passend zur Jahreszeit einen ersten Schneetest im neuen Ferienparadies. Die verantwortlichen Immobilienentwickler der Kleindienst Group aus Österreich versprechen, dass das System nicht nur für Schnee sondern auch für Regen auf den klimakontrollierten Inseln sorgen wird.

Der Vorstandsvorsitzende Josef Kleindienst glaubt fest daran, dass eine solch ambitionierte Wettersimulation ein ernstes Ziel ist. Um auch andere davon zu überzeugen, hat er ein lustiges Video gedreht, in dem er einen Schneemann baut, mitten am Strand in Dubai:

Und siehe da, Winter am Golf ist so fantastisch wie überall sonst auf der Welt: „Wir wollten, dass ihr die ersten seid, die einen Schneemann aus künstlichem Schnee sehen können. Hier ist er, ich kann ihn essen. Alles nur Wasser, keine Chemie!"

Das Herz Europas soll zu einem exklusiven Tourismusort werden, wenig überraschend „ikonisch und luxuriös". Die Pläne für einen klimaunabhängigen Städtebau unter künstlerischen Prinzipien sind dabei nicht ganz neu—der Schweizer Designer Camillo Sitte hatte diese mutige Idee schon vor circa 150 Jahren.

Anzeige

Die Fläche des neuen Europas ist umgerechnet einen halben Quadratkilometer groß. Auf den Inseln sollen sich Besucher nur zu Fuß oder per Segway fortbewegen können—nicht aus übertriebenem Umweltbewusstsein, sondern damit die heißen Abgase den schönen Schnee nicht vorzeitig wegschmelzen.

Ansonsten sei die Umsetzung doch gar nicht so verrückt, findet Kleindienst: „Wenn man einen Pool im Winter beheizen kann, warum sollte man dann nicht ein Außenareal herunterkühlen können?"

Tatsächlich ist das Prinzip der Beschneiung technisch gar nicht so schwierig umzusetzen. Es frisst allerdings Ummengen an Energie: Der Regen und der Schnee werden wie an den Sets von Hollywoodfilmen durch ein Pumpsystem in die urbane Kulisse gejagt. Und zwar in derartigen Mengen, dass der herunterfallende Schnee nicht nur die Straßen säumen soll, sondern auch nach und nach die Umgebung herunterkühlen würde. Wie viel Schnee dafür kontinuierlich im trockenen Wüstenklima am arabischen Golf produziert werden muss—darüber gibt es leider noch keine Zahlen.

Kleindienst meint jedenfalls: „Der Energiebedarf ist nicht größer als bei einer Mall."

Das kommt sicherlich auch auf die Relationen an, die man an hier zu Rate zieht: Die Mall of the World, ebenfalls in Dubai, hat als gigantische Energieschleuder das wenig bescheidene Ziel, die erste vollklimatisierte Stadt der Welt zu werden.

Von dem 850-Millionen-Dollar-Projekt „The World" wurden bisher übrigens erst zwei Inseln (Grönland und Libanon) fertiggestellt, nachdem das Unterfangen im Rahmen der Immobilienkrise 2009 vorübergehend auf Eis gelegt werden musste. Kleindienst jedenfalls will seine Schneekanonen spätestens Ende 2016 aufgestellt und zum Laufen gebracht haben.

Als Zahlungsmittel auf der Europainsel sollen stilecht nur Euros in den Restaurants akzeptiert werden, denn „wir wollen ein authentisches Erlebnis, als sei man in Europa", so Kleindienst. Und wie lässt sich Authentizität besser transportieren als mit Geld? Richtig: Mit viel Geld.

So atemberaubend wie für den Pariser Touristen, der einen kleinen Eiffelturm am Golf besuchen kann, wird es dann für den Allgäuer sein, in einem künstlich heruntergekühlten Mini-Oberstdorf einen Germknödel mit den mitgebrachten Zahlungsmitteln aus der Heimat zu kaufen.