FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Lavabit-Gründer 'crowdfundet' sein Gerichtsverfahren

Dem Webmail Anbieter, den auch Edward Snowden nutzte, steht ein Verfahren bevor, das entscheidend sein könnte für das Recht auf digitale Privatsphäre in den USA.

Foto via Flickr

Lavabit war ein E-Mail Anbieter, der besonders auf die Datensicherheit und Anonymität seiner Nutzer achtete, und dessen wohl prominentester Nutzer Edward Snowden war. Es war klar, das etwas faul war als der Lavabit Gründer Lader Levinson einige Wochen nach den ersten Prism-Enthüllungen im August mit einem trotzigen Statement gegen staatliche Überwachung auf seiner Website, ebenso plötzlich wie knapp, die Einstellung seines Dienstes verkündetet.

Anzeige

Jetzt hat Lader Levinson erstmals ausführlicher über den Kriminalfall, dem er sich stellen muss, Auskunft geben können. Neue öffentliche Dokumente aus dem Gericht bringen Licht in die Auseinandersetzung, die schließlich zur freiwilligen Abschaltung des E-Mail Provider führte.

Levinson wurde angeklagt, da er sich, entgegen der FBI „Pen Order“ weigerte, Informationen über die E-Mails eines in den Anklagedokumenten geschwärzten Nutzers an die Regierung zu geben. Konkret geht es um die Daten zum Absender und Empfänger, und um die IP Adressen und Schlüssel, die die Regierung braucht, um die Nachrichten des Nutzers aufzuzeichnen. Da diese angeforderten Informationen sich nur auf Metadaten beziehen, ist es möglich, einen solchen Beschluss zu erwirken, ohne dass ein Anfangsverdacht gegen die Zielperson vorliegt. Für Levinson hätte sich eine solche Herausgabe von Nutzerdaten angefühlte, als ob er seine eigene Kunden betrügen würde.

Levinson beharrt auf der Meinung, dass die Regierung keine rechtliche Grundlagen hätte, um solche vertraulichen Informationen zu verlangen. Er stellte außerdem klar, dass die FBI mit den Daten Zugänge zu Passwörtern, Kreditkarteninformationen und den Inhalten von E-Mails und Chats gehabt hätten.

Levinson war durchaus kreativ im Kampf gegen das FBI. Nach einigem Hin und Her war er sogar bereit der geforderten Herausgabe des privaten SSL-Verschlüsselungscodes Folge zu leisten: Er überreichte also eine ausgedruckte Version dieses 2560 Stellen langen Codes in Schriftgröße 4 und in einer obskuren Schriftart. Der Herausforderung eines absolut fehlerfreien Abtippens sah sich das FBI nicht gewachsen und forderte erwartungsgemäß eine elektronische Ausgabe.

Anzeige

Ausschnitt aus den im ersten Anhang der Gerichtsdokumente aufgeführten vom FBI angeforderten SSL-Code.

Nachdem ein Gericht ihm eine Strafe von 5000 Dollar auferlegte für jeden weiteren Tag, den er die angeforderten Schlüssel nicht übergeben würde, schaltete Levinson seinen E-Mail Dienst ab, und verhinderte die drohende Entanonymisierung der Nutzerkommunikation. Damals gab Levinson an, dass er sich weigere, „sich an Verbrechen gegen das amerikanische Volk und die Verfassung der USA zu beteiligen.“ Nun zieht er mit diesem Kampf vor Gericht. Gestern sagte er dazu in einer Pressemitteilung, „dass die Verteidigung der Verfassung teuer ist.“

Levinson nimmt nun die öffentliche Rolle eines Verteidigers der Privatsphäre in den USA an, und hofft das Geld für die Gerichtskosten durch eine Crowdfunding-Kampagne zu sammeln. Einen ähnlichen Weg geht auch die gestern beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereichte Beschwerde gegen die Nutzung der Überwachungssoftware Tempore: Die renommierte britischen Bürgerrechtsorganisationen rufen begleitend zu ihrer Klage mit der Kampagne ,Privacy not Prism' zu Spenden auf. Lader Levinson jedenfalls hat dank zahlreicher finanzieller Unterstützung sein ursprüngliches Ziel von 40 000 Dollar schon überschritten und hofft jetzt 96 000 Dollar zu sammeln..

In einem Statement erklärte Levinson, dass er durch das Schließen des E-Mail Provider seine Haupteinkommenquelle verloren hat: „Ohne die zahlreichen Spenden an die Lavabit Legal Defense Fund durch soviele unterschiedliche Menschen, hätte es keine Möglichkeit für mich gegeben, vor Gericht zu ziehen, geschweige denn gewinnen zu können. Ich habe Angst, dass Lavabit ein Präzedenzfall wird, der unserer Regierung erlaubt das intellektuelle Eigentum von amerikanischen Internetanbietern und die Privatsphäre von einfachen Bürgern zu verletzen.“

Levinson hat errechnet, dass es ihn die Angelegenheit mindestens 250 000 Dollar alleine an juristischen Ausgaben kosten würde, sollte es die Auseinandersetzung bis vor den Supreme Court schaffen. Außerdem versprach er im Falle eines Sieges das Angebot von Lavabit als einen verschlüsselten E-Mail Providers mit Sitz in den USA wieder herzustellen. Na, wenn das keine guten Argumente für eine kleine Spende sind.