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Popkultur

Diese Eltern terrorisieren ihre Kinder für "Prank"-Videos

Wie narzisstisch muss man sein, um den eigenen Nachwuchs für ein paar Klicks so zu missbrauchen und zu demütigen?

Screenshot vom YouTube-Kanal DaddyOFive

Wie weit würdest du gehen, um kurz im Rampenlicht zu stehen? Nutztiere absamen, Maden und Hoden essen oder Brechmittel einnehmen – all das sind Dinge, die Menschen schon für ihre 15 Minuten Ruhm getan haben. Manche erniedrigen dafür aber nicht nur sich selbst, sondern ziehen auch ihr soziales Umfeld ihn diese gefährliche Jagd nach Internet-Prominenz mit rein.

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Vergangene Woche hat ein solcher Zwischenfall für besonders viel Aufsehen gesorgt – mehr als Schweine-Masturbation oder ein Känguruhoden-Festschmaus. Der Grund: Ein Pärchen versucht verzweifelt, berühmt zu werden, und schreckt dabei nicht mal davor zurück, die eigenen Kinder zum Gespött zu machen.

Ich habe schon mehrfach darüber geschrieben, wie sehr ich YouTube-"Prank"-Videos hasse. Meistens sind diese Clips sowieso komplett gestellt: Viele YouTuber lassen bezahlte Schauspieler geschockte Passanten mimen und bei Prank-Paaren sind häufig alle Involvierten eingeweiht. Manchmal werden die Pranks auch unter dem Deckmantel der "sozialen Experimente" durchgezogen. Diese sind in vielen Fällen allerdings unglaublich rassistisch oder frauenfeindlich.

Letztendlich lassen sich die Videos relativ einfach als Fakes entlarven. Die engagierten "Schauspieler" schaffen es eben nur selten, eine überzeugende Leistung abzuliefern. Bestes Beispiel ist dieses Video. Da wirkt selbst so mancher Fußballer bei seinen Schwalben souveräner.

Beim etwas trotteligen Prank-Prinzen Roman Atwood muss die Familie als Bauernopfer herhalten. Häufig bekommt seine Partnerin Brittney Smith das meiste ab. Aber egal ob Atwood nun so tut, als würde er sein Kind über ein Geländer werfen oder es auf einem Quad-Bike in den Tod brausen lassen, der Sprössling weiß immer Bescheid und nur Smith fängt vor Angst oder Wut das Weinen an. Im Falle von Mike und Heather Martin sind es jedoch die Kinder, bei den "Pranks" einstecken müssen.

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Die Martins betreiben den YouTube-Kanal DaddyOFive. Nach der großen Aufregung wurde dort jedoch alles gelöscht und es lässt sich nur noch ein Entschuldigungsvideo finden. Aber was genau ist überhaupt vorgefallen?

Der anfängliche Aufschrei folgte auf ein Video namens "Ink Prank", in dem Mike und Heather ihren Sohn Cody mit Kraftausdrücken bombardieren und ihm (zu Unrecht) vorwerfen, Tinte auf dem Schlafzimmerteppich verschüttet zu haben. Das tun die beiden so lange, bis das Kind unter Tränen verzweifelt auf seine Unschuld pocht. Ein anderes Kind der Familie wird in den "Prank" mit reingezogen und beginnt ebenfalls zu weinen. Und als Cody am Ende mit hochrotem Kopf seine Tränen wegwischt, bittet Mike seinen Sohn darum, das altbekannte "Click, like, subscribe, leave a comment, etc."-Mantra herunterzubeten.

Wie der selbsternannte YouTube-Nachrichtensprecher Phillip DeFranco in seinem vernichtenden Video erklärt, handelt es sich beim "Ink Prank"-Video nicht um das erste Mal, dass die Martins ihre Kinder emotionalem Stress aussetzen. Vor allem auf Cody scheint es die Familie abgesehen zu haben: Es ist besonders häufig zu sehen, wie er schreit, weint und von seinen Geschwistern tyrannisiert wird. Die Reaktion seiner Stiefmutter Heather: Cody solle doch mal "einen Spaß mitmachen" und "sich nicht wie ein Arschloch aufführen", er sei ja "der einzige in der Familie, der keinen Spaß versteht". Der Junge schaut in die Kamera und bittet verzweifelt darum, dass die Filmerei aufhört. Natürlich vergebens. In einem Video weist Cody seinen Vater an, die Kamera auszumachen. Die Antwort: "Nein, ich muss mein Leben vloggen. Das weißt du ganz genau."

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Und genau hier liegt die Krux: Mike und Heather haben kein Problem damit, ihre Kinder leiden zu lassen, nur um die eigene narzisstische Gier nach Ruhm zu befriedigen. Sie sehen in ihrem Nachwuchs nur Figuren, mit denen sie machen können, was sie wollen. Und für die Kinder gibt es keinen Ausweg: Wenn Mama und Papa ihre "Pranks" filmen, dann müssen sie das über sich ergehen lassen.

Das zeigt, wie der Wunsch nach Ruhm – selbst wenn es sich nur um ein wenig YouTube-Fame handelt – einen komplett einnehmen kann, bis man sich selbst vergisst. Auf jeden Kommentar, der ihr Handeln verurteilt, kommen für die Martins zehn andere, in denen sie verteidigt werden. Und nur auf diese Kommentare wird das Paar hören, denn sie rechtfertigen den Weg, den sie für ihre Jagd nach Anerkennung eingeschlagen haben. Die Kinder sind dabei lediglich Mittel zum Zweck.


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In ihrem ersten Entschuldigungsvideo redeten Mike und Heather noch davon, wie Cody Schauspieler werden wolle (das Video wurde inzwischen gelöscht und durch einen noch emotionaleren Ausbruch ersetzt). Außerdem versuchten sie, die Zuschauer davon zu überzeugen, dass die Videos nur gestellt seien. In anderen Worten: Sie suggerierten, dass die Tränen und die Verzweiflung ihres Sohns nur außergewöhnliches schauspielerisches Talent sind.

Natürlich wissen wir, dass das alles nur eine Farce ist. Codys Tränen sind in Wahrheit das Ergebnis erdrückender sowie filmisch festgehaltener Schikane. Und das alles nur, damit sich seine Eltern in ihren 15 Minuten YouTube-Ruhm sonnen können.

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