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So isst du gesund und günstig und bremst nebenher den Klimawandel

Bio-Produkte sind nur was für Reiche? Ein Mythos, der so nicht stimmt. Mit diesen sechs einfachen Tipps stellst du dir für wenig Geld gesunde und nachhaltige Ernährung zusammen.
Frau beim Einkauf von Gemüse, vorgekochte Speisen
Bild: Shutterstock || Einkauf: lightpoet || Mealprepping: Brent Hofacker ||  Sandwich: Estrada Anton || Collage: Motherboard

Du gehst am Bioladen vorbei und denkst, wenn du hier jeden Tag einkaufst, wird das nichts mit dem nächsten Urlaub. Also holst du dir die günstigen Eier, Steaks und Bananen aus dem Discounter, doch neben dem Hunger nagt auch noch das schlechte Gewissen an dir: Schließlich belastet konventionelle Landwirtschaft die Umwelt. Und Obst, das um den halben Globus geflogen wurde, ist streng genommen Gift fürs Klima.

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Die gute Nachricht: Auch abseits von Bioläden bekommst du gesunde und preiswerte Nahrungsmittel. Und du kannst eine Menge tun, um gleichzeitig Geld zu sparen und das Klima zu schonen. Fünf Tipps, mit denen du das beste für Körper, Klima und Konto rausholst.

1. Besorge dir lokale und saisonale Waren

Je weniger weit dein Essen durch die Gegend transportiert wird, desto weniger CO2 wird beim Transport in die Atmosphäre gepustet. Auch Bio-Label helfen hier nicht weiter. Schließlich kommt eine Bio-Kiwi genauso mit dem Flugzeug vom anderen Ende der Welt wie eine konventionell angebaute Kiwi. Manche schwören deshalb auf Bananen, weil die nicht eingeflogen werden, sondern auf Containerschiffen nach Deutschland gelangen, wo sie während der Reise reifen. Doch das ist leider ein Trugschluss: Containerschiffe treiben ihre Motoren mit Schweröl an und verpesten dadurch die Umwelt auf ihren Routen. Am besten, du erklärst alles, was nicht aus der Region kommt, zum Luxusgut, das nur ausnahmsweise eingekauft wird.

Sogar typisch deutsches Obst wie Erdbeeren oder Äpfel stammt aus fernen Ländern, wenn du es zur falschen Jahreszeit kaufst. Einen Überblick, was in Mitteleuropa gerade frisch auf den Feldern geerntet wird, bekommst du in einem Saisonkalender. Mit dem bewaffnet kannst du dich auch an die Obst- und Gemüsetheke beim Discounter wagen, wo erstaunlich viele regionale und saisonale Früchte finden wirst – oft sogar mit einem Bio-Label. Ganz sicher gibt es sie auch auf dem guten alten Wochenmarkt. Besonders in den letzten Stunden bevor der Markt schließt, findest du dort viele Schnäppchen.

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Wenn es darum geht, die besten Sattmacher für möglichst wenig Geld zu bekommen, sind Nudeln, Kartoffeln und Reis unschlagbar. Während Reis noch etwas fragwürdig ist, weil er aus weit entfernten Ländern importiert werden muss, wachsen Kartoffeln und das Getreide für die Nudeln auf heimischen Äckern. Und alle drei sind auch mit Bio-Label noch sehr günstig zu bekommen.

2. Neues Outdoor-Hobby gefällig? So einfach baust du Essen selbst an

Die vielleicht billigste Art, an frische Tomaten zu kommen, ist der eigene Garten. Dann weißt du ganz genau, woher das Gemüse auf deinem Teller kommt und kannst sicher gehen, dass es nicht um die halbe Welt transportiert wurde. Allerdings ist der Einstieg gar nicht so einfach, wenn du nicht sowieso schon in den Gärten von Eltern oder Freunden herumgebuddelt hast. Deshalb hat die Stiftung Warentest angesichts der unüberschaubaren Flut von Webseiten und Büchern selber einen Ratgeber für Einsteiger veröffentlicht.

Allerdings kann sich nicht jeder einen eigenen Garten leisten und mit den paar Tomaten, die so ein Blumenkasten auf dem Balkon hergibt, kommst du nicht besonders weit. Auch hierfür gibt es eine Lösung: Wenn du in einer größeren Stadt wohnst, kannst du nach Urban-Gardening-Projekten Ausschau halten – zum Beispiel der große Gemeinschaftsgarten, den der Berliner Verein Almende-Kontor auf dem Tempelhofer Feld angelegt hat. Während ein weiteres Projekt mal eben eine komplette Kreuzberger Wohnung in ein Gewächshaus verwandelt, versuchen andere beim Guerilla-Gardening öffentliche Flächen zu erobern. Und wer keine Zeit oder Lust für die Buddelei hat, kann sich ein Gartenstück via Internet buchen, das dann von anderen Leuten nach den eigenen Anweisungen beackert wird.

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3. Gönn dir seltener Fleisch, und dafür hochwertiges

Dass Fleisch nicht gut fürs Klima ist, hat sich mittlerweile wohl herumgesprochen. Unter anderem liegt es daran, dass Kühe beim Verdauen viel Methan produzieren, das als Klimagas noch stärker als CO2 wirkt und die Erderwärmung verschlimmert. Außerdem fressen die Tiere für einen relativ kleinen Ertrag an Fleisch enorme Mengen an Getreide, das Menschen auch direkt essen könnten. Daran ändert auch ein Bio-Label nicht viel sondern belegt vor allem, dass das Tier okay behandelt und hoffentlich vernünftig gefüttert wurde. Gleichzeitig ist Fleisch im Vergleich zu vielen Obst- und Gemüsesorten auch relativ teuer.

Und wirklich gesund ist Fleisch auch nicht, jedenfalls nicht in den Mengen, in denen wir es in den westlichen Industrienationen verputzen. Besonders rotes Fleisch vom Rind, Schwein oder Lamm und wird als ein beitragender Faktor für Zivilisationskrankheiten wie etwa Diabetes verantwortlich gemacht. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, nur etwa zwei mal die Woche Fleisch zu essen. Gebraten, gegrillt, geräuchert oder zu Wurst verarbeitet könnte Fleisch nach Auffassung der WHO das Krebsrisiko erhöhen. Trotzdem beantwortet die WHO die Frage, ob man aufhören sollte, Fleisch zu essen, mit Nein: "Fleischkonsum hat Vorteile für die Gesundheit", heißt es auf der englischsprachigen Website.

Du kommst deinem Ziel also ein gutes Stück näher, wenn du öfter mal auf Fleisch verzichtest oder weißes Fleisch kaufst – also Geflügel. Im Supermarkt an der Theke hast du kaum eine Chance, die Qualität wirklich zu begutachten. Deshalb ist neben Bio-Labeln und Herkunftsangaben der Preis immer noch der einfachste Hinweis: je billiger, desto wahrscheinlicher handelt es sich um minderwertiges Fleisch aus nicht optimaler Tierhaltung.

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4. Meal Prepping ist besser als Fast Food und Fertiggerichte

Einen kleinen Hamburger bekommst du zwar schon für einen Euro, aber satt wirst du davon nicht. Und für ein richtiges Menü legst du dann doch ein paar Euro mehr hin. Das ist praktisch, aber auf die Dauer weder gesund noch preiswert. Außerdem hat das Fast Food oft eine miese Klimabilanz.

Das gilt übrigens auch für Fertiggerichte. Sie enthalten ähnlich wie Fast Food zu viel Fleisch, zu viel Salz sowie zu viel Zucker und Konservierungsstoffe. Bei ihrer Herstellung wird verhältnismäßig viel Energie verbraucht und am Ende fällt auch nochmal besonders viel Verpackungsmüll an. All das vermeidest du und sparst auch noch Geld, wenn du dir dein Essen selber kochst.


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Das gute alte Vorkochen heißt heute Meal Prepping und gilt – zumindest gemessen an der Zahl der Online-Ratgeber – wieder als cool. Alles was du dafür brauchst, sind ein paar Einmachgläser oder Tupperdosen. Darin ist das Vorgekochte mehrere Tage haltbar und kann auch in der Büro-Mikrowelle aufgewärmt werden. Von Facebook bis Reddit gibt es zahlreiche Gruppen, die dich mit Tipps, Inspriation und schnellen Rezepten versorgen.

5. Lass dir nicht von Superfood den Kopf verdrehen

Viele schwören auf Chia-Samen, Acai-Beeren oder Quinoa. In Berichten von Koch- und Lifestyle-Magazinen heißt es, Superfood mache gesund, schön und schlank. Dabei sind viele der Wirkungen, die ihnen angedichtet werden, wissenschaftlich wenig bis gar nicht belegt. “Superfood” ist eher ein schwammiger Marketingbegriff, bei dem unklar ist, ab wann und warum ein Lebensmittel so gesund ist, dass es als "super" bezeichnet werden kann.

Zudem ist sogenanntes Superfood oft teuer, und muss weit transportiert werden. Tatsächlich kannst du fast alle dieser exotischen Nahrungsmittel einfach durch heimische Varianten vom Wochenmarkt ersetzen, die genauso gesund sind. Statt Acai-Beeren besorgst du dir Heidelbeeren, Leinsamen erledigen den Job von Chia-Samen pefekt und statt Quinoa kannst du ganz klassisch Hirse nehmen.

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6. Maximale Sparsamkeit: Rette Gutes vom Müll

Fast ein Drittel aller Nahrungsmittel werden in Deutschland weggeworfen. Und das nicht nur von Haushalten sondern von Supermärkten, die ihre Ware nicht mehr verkaufen, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist. Das bringt immer wieder Leute auf die Idee, bei Nacht und Nebel die Müllcontainer der Supermärkte zu durchforsten. Das ist aber nicht ratsam, denn Containern ist hierzulande illegal, auch wenn‘s Müll ist.

Die legale Variante zum Containern sind Lebensmittelretter. Sie klappern die Supermärkte, Bioläden und deren Lieferanten nach Resten ab. Da gibt es vieles, das eigentlich noch gut aber nicht mehr verkäuflich ist und sonst in der Tonne landen würde. Die meisten Leute kaufen halt die gerade Gurke und lassen die krumme liegen. Wer die Lebensmittel wo abholt und bei wem vorbeibringt, organisieren sie über ihre Webseite.

Die Idee hat eine Menge Charme: Du isst Dinge, die mal aufwändig produziert wurden und überhaupt nicht auf dem Müll landen müssten. Und du kannst dir auch weniger umweltfreundlich produzierte Waren gönnen, schließlich hast du das Zeug nicht gekauft und bringst keinen Hersteller dazu, es aus Profitgründen weiter herzustellen.

Fazit: Eine ganzheitliche Ernährung ist machbar, aber anstrengend

Gesund, billig und klimafreundlich: das geht, ist aber im Alltag ganz schön schwierig. Wenn du von einem Termin zum nächsten hetzt und dabei Hunger bekommst, ist so ein Burger schon verlockend. Aber wenn du dir das Fast Food ab und zu verkneifst, gewinnst du so einiges. Neue Rituale wie der Spaziergang über den Wochenmarkt, der Austausch mit anderen Lebensmittelrettern und sonntägliches Mealpreppen können nämlich auch einfach Spaß machen.

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