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Lichtschwerter sind gerade ein wenig realistischer geworden

Physiker haben nun einen neuen Lichtzustand erschaffen. Das freut nicht nur 'Star Wars'-Fans, sondern auch Entwickler von Quantencomputern.
Star Wars Episode IV: A New Hope | Bild: imago

Es ist ohne Zweifel beeindruckend, mit welcher Sorgfalt George Lucas sein Star Wars-Universum voller Aliens und unglaublicher Technologie erschaffen hat. Bloß bei einer Sache hat er gepatzt: Physik. Der größte Übeltäter sind die berühmten Lichtschwerter der Jedi-Ritter. Die mächtigen Waffen sind eigentlich völlig unmöglich, da Lichtteilchen, Photonen, nicht auf die gleiche Weise miteinander agieren, wie es bei anderer Materie der Fall ist – und kommt jetzt bloß nicht mit Kristallen. Darum könnt ihr mit euren Freunden auch keine epischen Lichtschwertkämpfe mit Taschenlampen nachspielen. Es ist schlicht unmöglich.

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Doch es gibt eine neue Hoffnung: Eine Studie, die letzten Donnerstag in der Fachpublikation Science erschienen ist. Ein Physikerteam hat einen neuen Lichtzustand geschaffen, der es ermöglicht, bis zu drei Photonen miteinander zu verbinden. Diese Methode kann vielleicht noch nicht die Dunkle Seite der Macht im direkten Duell besiegen, aber sie könnte ein wahrer Segen für die Entwicklung von Photon-basierten Quantencomputern sein.

Das MIT schlägt zurück

Die leitenden Wissenschaftler der Studie sind die Physiker Vladan Vuletic vom MIT und Mikhail Lukin aus Harvard. Als Leiter des "Zentrums für ultrakalte Atome" haben sie in den letzten Jahren versucht, Photonen zur Interaktion zu bewegen. Ihren ersten großen Erfolg feierten sie 2013, als es ihnen gelang, zwei Photonen zu verbinden und so einen neuen Lichtzustand zu erschaffen. Das reichte ihnen jedoch nicht. Sie wollten versuchen, noch weitere Photonen zusammenzufügen.

Die meisten Teilchen gewinnen Masse, indem sie mit dem Higgs-Feld interagieren, einem omnipräsenten Energiefeld. Photonen interagieren hingegen nicht mit dem Higgs-Feld und haben auch keine Masse. Darum prallen Photonen auch nicht voneinander ab, wenn sie sich treffen, sondern gleiten durcheinander durch – zum Beispiel wenn die Lichtkegel von zwei Taschenlampen sich im simulierten Lichtschwertkampf kreuzen.

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Um die masselosen Lichtteilchen dazu zu bringen, sich zu verbinden, schickten Vuletic und Lukin unter anderem einen Laserstrahl durch eine Wolke ultrakalter Rubidiumatome, ihre Temperatur betrug nur noch ein Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt. Bei dieser Temperatur können sich die Atome kaum noch bewegen. Nun richteten sie einen schwachen Laserstrahl auf die Wolke und maßen die Photonen, die auf der anderen Seite wieder herauskamen.

Dabei stellen sie fest, dass die Photonen als Dreiergruppen aus der Wolke austraten und sogar eine sehr geringe Masse aufwiesen. Dadurch bewegten sich diese Photonen-Drillinge 100.000 Mal langsamer als die normale Lichtgeschwindigkeit, die 300.000 Kilometer pro Sekunde beträgt.

Aber das ist noch nicht alles.

Das Erwachen der Photonen

Vuletic, Lukin und ihre Kollegen haben auch eine Theorie, warum sich die Lichtteilchen überhaupt auf diese Art verbinden. Sie nehmen an, dass die Photonen quasi von einem Rubidiumatom zum nächsten hüpfen. Dabei kommt es zu einer Wechselwirkung zwischen dem Atom und dem Photon – ein sogenanntes Polariton entsteht. Entstehen in einer Wolke mehrere dieser Hybridteilchen, können sie sich miteinander verbinden. Wenn sie den "Rand" der Wolke erreichen, verbleiben die Rubidium-Atome in der Wolke und die immer noch verbundenen Photonen treten aus. Das alles passiert im Bruchteil einer Sekunde, glauben die Forscher.


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Dieser Prozess bringt die Photonen dazu, einen bislang unmöglichen Zustand einzunehmen: Sie interagieren miteinander. Nicht nur für den Traum von Lichtschwertern könnte dies bedeutsam sein. Die verknüpften Lichtteilchen könnten auch bei der Entwicklung von Quantencomputern helfen. Die Photonen-Dreier-Moleküle, die Vuletic und Lukin erschaffen haben, könnten selbst ultrakomplexe Quantenberechnungen durchführen, vermuten die Forscher.

Wahrscheinlich wird es noch eine Weile dauern, bis die Entdeckung eine praktische Anwendung findet. Als nächstes möchten die Physiker erforschen, ob sich Photonen noch zu weiteren Interaktionen wie etwa dem gegenseitigen Abstoßen bewegen lassen. Und Photonen, die sich gegenseitig abstoßen? Das klingt fast wie der erste Schritt zu epischen Duellen in Wolkenstädten. Die Forscher sagen, dass sie selbst noch nicht wissen, was sie von den Experimenten erwarten sollen, da es ein bisher "unerforschtes Gebiet" sei.