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Ein Aufklärungsspiel zu weiblicher Masturbation?

Ist dieses Videospiel ein Statement gegen Stigmatisierung oder macht es Frauen doch nur ein schlechtes Gewissen?
Bild: Screenshot

Die Designerin Tina Gong verfolgt die Mission, die Welt von der „bescheuerten sozialen Stigmatisierung“ der weiblichen Masturbation zu befreien. Und das tut sie mittels ihres Computerspiels HappyPlayTime.

Das hat Gong mir allerdings nicht direkt mitgeteilt—diese Leitlinie findest sich auf der Website des Spiels, auf der uns auch eine animierte ausgelassen aussehende Vulva begrüßt. Als ich mit Tina Gong telefonierte erzählte sie mir, dass sie in einem konservativen sozialen Umfeld aufgewachsen ist und als „schwarzes Schaf“ gebrandmarkt wurde, nachdem sie ihren Freunden erzählt hatte, dass sie masturbiert.

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„Sie nannten mich widerlich, was damals für mich ziemlich verletzend war. Niemand sollte so etwas durchmachen müssen“, sagte Gong. Im ,sexpositiven' feministischen „Meinungs-Kampf“, der für Gong vor allem „wegen seiner Ernsthaftigkeit problematisch“ ist, hat sie sich dafür entschieden, mit „verrückt tanzenden Vaginen und unangemessenen Witzen“ zu kämpfen. Denn Humor ist gewöhnlich „der erste Schritt“ zu einer Auseinandersetzung mit kontroversen Themen. Daher HappyPlayTime.

Doch nicht viele Menschen können über die Idee eines Aufklärungsspiels zu weiblicher Masturbation lachen. Und nein, es handelt es sich bei ihnen nicht um Horden konservativer Religiöser—sowohl Patricia Hernandez vom Computerspiele-Blog Kotaku und die Transgender-Indie-Entwicklerin Anna Anthropy (alias Auntie Pixelate) haben am Wochenende erhebliche Einwände gegen das Spielkonzept geäußert. Sie schreiben, dass es Frauen ein schlechtes Gewissen über die eigenen Masturbationsgewohnheiten einjagen würde—ein Argument, das sie aus Gongs Info-Graphik zu den niedrigen Statistiken ableiten, in der es heißt:  „Gals, you can do better“ („Mädels, ihr könnt es besser!“). Außerdem finden beide Autorinnen, dass weibliche Masturbation nicht zum Spiel werden sollte. So schreibt Auntie Pixelate:

„Es gibt dieses unglückliche Konzept des ,Sexpositivismus‘, dem ich ständig begegne und das im Grunde nichts anderes tut, als Menschen einzureden, sie hätten nicht genug Sex, und sie dazu zu drängen, mehr Sex zu haben. Wenn man Masturbation zu einem universellen Wettbewerb macht, wird man nur eines bewirken: einen Zwang, den eigenen Körper in einer willkürlich als Norm festgelegten Weise zu benutzen.“

In unserem Telefoninterview sagte Gong, dass sie sowohl Kotaku als auch Auntie Pixelate darin zustimmt, dass der Satz „Gals, you can do better“, bei dem es sich um einen um 2 Uhr nachts entstandenen Schnellschuss handle, geändert werden muss. „Der Satz klingt, als würde ich Leute zum Masturbieren drängen, was nicht meine Absicht ist.“ In ihrem Spiel gehe es nicht darum „jemanden zu einer bestimmten Handlung zu zwingen oder zu manipulieren.“ Vielmehr stehen Entdeckungen und Erkenntnisse im Mittelpunkt.

Zur Frage, ob es aufklärerische Computerspiele zur weiblichen Masturbation geben sollte oder nicht, kann ich nur sagen: „Ja! Bitte mehr davon!“ Da es sich beim Computerspiel um ein äußerst populäres und experimentelles Medium handelt, ist es das perfekte Mittel, um Frauen zu einer besseren Beziehung zu sich selbst zu verhelfen. Zu behaupten, dass Videospiele für diese Art des Lernens oder der Diskussion nicht angemessen seien, verschärft die Stigmatisierung masturbierender Frauen nur noch. Was meine Masturbationsgewohnheiten und sexpositive Einstellungen betrifft, so waren es eigentlich erst die Gegenreaktionen zu Gongs Spiel und zu ihrem Sinn für Humor, die mein schlechtes Gewissen auslösten, nicht die kontroversen Worte auf ihrer Info-Graphik.

Gong ist keine berufliche Designerin oder Entwicklerin von Computerspielen. Offensichtlich richten immer mehr Menschen ihre Aufmerksamkeit auf Computerspiele, um eine Botschaft zu verbreiten, und es ist erfreulich, dass Gong die Grenzen der Gaming-Community sprengt. Das Computerspiel ist derzeitig noch nicht mehr als eine Idee. Doch Gong gab bekannt, dass sie das Spiel angesichts der kontroversen Diskussion und der Aufmerksamkeit der Presse nun höchstwahrscheinlich entwickeln wird.