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Kann eine DNA-Analyse diesen 300 Jahre alten Hannoveraner Mordfall lösen?

Ein Knochenfund könnte endlich Licht in die tragischste Liebesgeschichte des 17. Jahrhunderts bringen.
Die Porträts zeigen von Königsmarck (links) und Sophie Dorothea (rechts). Bild: Lund University

Es ist eine der tragischsten Liebesgeschichten des 17. Jahrhunderts: Ein junger Mann und eine junge Frau lernen sich kennen und verlieben sich ineinander—doch dann verschwindet der junge Mann spurlos, vermutlich ermordet vom königlichen Ehegatten seiner Geliebten. Die junge Frau wird daraufhin geschieden und für den den Rest ihres Lebens verbannt. Das ist die dramatische Geschichte von Philipp Christoph Graf von Königsmarck und Prinzessin Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg. Ihrer unglücklichen Liebesgeschichte wurde allgemeinen Vermutungen nach durch Sophies Ehemann ein gewaltsames Ende gesetzt—ein fieser Typ, der später König Georg I. von England wurde.

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Nun wurde möglicherweise endlich das Skelett von Graf Philipp entdeckt, 332 Jahre nach seinem spurlosen Verschwinden vom Leineschloss in Hannover.

Der 29-jährige Liebhaber der Prinzessin wurde zuletzt im Juli 1694 gesehen, als er sich zu einem nächtlichen Stelldichein mit seiner Geliebten im Schloss treffen wollte. Die beiden planten, bald gemeinsam durchzubrennen, um Sophies gewaltsamer, unglücklicher Ehe zu entfliehen. Die Details dieses Plans und der heimlichen Beziehung können noch heute in den 300 Liebesbriefen nachgelesen werden, die Sophie und Philipp über zwei Jahre hinweg austauschten. Die Briefe befinden sich inzwischen in der Sammlung der Universität Lund in Schweden.

Damals gestanden verschiedene Bedienstete, für den Mord an Philipp verantwortlich zu sein. Am Hof war es zu diesem Zeitpunkt ein offenes Geheimnis, dass die Prinzessin den künftigen König von England betrog. Dass der Graf gewaltsam zu Tode kam, gilt daher als sicher. Einige Berichte deuten jedoch darauf hin, dass die Leiche in die Leine geworfen oder anderweitig außerhalb des Schlosses entsorgt worden sei.

Diese Theorie wurde jedoch am 11. August 2016 in Frage gestellt, als Bauarbeiter während Umarbeiten im Schloss einen grausigen Fund machten. Sie stießen auf das Skelett eines Mannes, von dem viele annehmen, dass es sich um Sophies unglücklichen Liebhaber handeln könnte. Erste Untersuchungen haben bestätigt, dass die Überreste tatsächlich mehrere Hundert Jahre alt sind. Nun versuchen Forscher der Göttinger Universität, die DNA aus den gefundenen Knochen mit Proben von Königsmarcks heutigen Nachkommen abzugleichen.

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„Wenn es sich wirklich um von Königsmarcks Gebeine handelt, wäre das eine Sensation", berichtete Thomas Schwark, Direktor des Historischen Museums in Hannover, der Hannoversche Allgemeine Zeitung.

Die tragische Liebesgeschichte von Philipp und Sophie diente bereits als Inspiration für zahlreiche Bücher und Filme. Sie ist auch deshalb so lebendig, weil ihre leidenschaftliche Romanze die Jahrhunderte in Form ihrer dramatischen Liebesbriefe überdauert hat. Trotz ihrer Untreue empfindet man Sympathie für Sophie—weil Georg ein so ausgesprochen fürchterlicher Ehemann war.

Zum einen betrog Georg seine Frau schon lange, bevor Sophie ihm fremdging, und er verschmähte sie gern öffentlich zugunsten seiner Mätresse Melusine von der Schulenburg. Ganz abgesehen von dieser offensichtlichen Doppelmoral war Georg auch als absolutes Scheusal bekannt, der alles und jeden drangsalierte— allen voran seine Ehefrau Sophie, die er regelmäßig physisch und verbal misshandelte.

Um das volle Ausmaß von Georgs unsympathischem Wesen begreifen zu können, sollte man bedenken, was niemand geringeres als seine eigene Mutter über ihn zu sagen hatte. Laut Eleanor Hermans Buch Sex with the Queen beschrieb sie ihren Sohn als den bockigsten und stursten Jungen der Welt. Er habe um sein Gehirn eine so dicke Kruste, dass wohl niemand jemals herausfinden könne, was darin vor sich ginge.

Wenn also schon die Frau, die ihm das Leben schenkte, so über ihn redete, kann man sich nur vorstellen, wie es Sophie erging. Diese Charakterisierung lässt uns erahnen, welche Qualen Sophie in ihrer Ehe erlitt und warum sie sich in eine glücklichere Beziehung flüchten wollte.

Georg hatte jedoch andere Pläne. Nachdem er die Ermordung von Königsmarck angeordnet hatte, ließ Georg Sophie für die verbleibenden 32 Jahre ihres Lebens in Schloss Ahlden einsperren. Nach ihrem Tod wurde sie zuerst dort beerdigt, bis ihre sterblichen Überreste zur letzten Ruhestätte ihrer Eltern nach Celle überführt wurden.

Sollte sich die Vermutung bewahrheiten, dass es sich bei dem Knochenfund am letzten Treffpunkt des Liebespaares um Philipp handelt, so könnten die Liebenden doch noch für die Ewigkeit vereint werden—und der 300 Jahre alte ungelöste Fall voller Ehebruch, Intrigen und Mord würde zu einem zufriedenstellenden Abschluss kommen.