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Tor vermiest Cyberstalkern die Aussicht

Das Anonymisierungsnetzwerk bietet Opfern von Cyberstalkern die Chance sich unbemerkt Hilfe zu suchen und die Täter zu überführen.

Es kann erschreckend einfach sein jemanden online zu stalken. Und damit meine ich nicht das einfache Verfolgen von Social-Media-Seiten, sondern gezieltes Ausforschen von Online-Identitäten, während die Opfer (sei es ein verschmähter Liebhaber oder ein misstrauter Partner) davon gar nichts mitbekommen. Ironischerweise könnte ausgerechnet das Anonymisierungstool TOR für die Opfer virtueller Verfolgung das vielleicht beste Gegenmittel sein.

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TOR-Direktor Andrew Lewman hat im vergangenen Jahr beim World Bank Hackathon eindrücklich demonstriert, dass mit moderner Spyware wie mySpy nicht viel mehr als ein paar Euro und 20 Minuten Installationszeit für die Transformation in einen Cyber-Stalker nötig sind. Virtuelle Schnüffler könnten so an Informationen gelangen, die nie für die Öffentlichkeit oder ihre Ohren bestimmt waren—und in Erfahrung bringen, wo das Opfer mit wem über was online spricht.

Die mySpy monitoring App, wird zwar offiziell an paranoide Security-Eltern vermarktet, die ihre Kinder nicht aus den Augen lassen können. Aber mySpy „hat auch einen ganz schön grossen Kundenanteil unter Beziehungsspitzeln", bestäigte mSpy-Kommunikationsfrau Tatiana Ameri gegenüber Komo News.

Cyberstalker können mit Software dieser Art Handys, E-Mails und Social-Media-Konten hacken, um Ihre Opfer nicht nur auszuspionieren, sondern auch um sie umittelbar zu belästigen und zu bedrohen. Ein Artikel in Beta Boston weist nun jedoch noch einmal auf einen vielleicht unerwarteten Beistand hin: das Tor-Netzwerk, dieselbe Anonymisierungs-Software die Redefreiheit, Schwarzmarkt und spurloses Surfen erst ermöglicht.

„Wenn Opfer nur ein wenig Kontrolle über das eigene Leben zurückgewinnen, dann rasten die Täter häufig aus."

Seit Jahren schon arbeitet Tor mit Aktionsgruppen gegen häusliche Gewalt zusammen, um Opfern das Verbergen der eigenen Online-Identität beizubringen—so wie es längst auch Dissidenten, Whistleblower und Kriminelle tun. Unter den Partnern sind Gruppen wie Emerge, National Network to End Domestic Violence und Transition House. Nebenbei lernen auch deren Mitarbeiter, wie sie sich vor dem Wahn der Cyberstalker schützen können. „Tor Browser und Tails (ein Incognito-Betriebssysem) helfen Opfern dabei, zumindest für eine ausreichend lange Zeit, anonym zu surfen" berichtete mir Andrew Lewman per E-Mail.

Konkret heisst eine solche Zeitspanne: lang genug damit sich ein Stalking-Opfer unbemerkt Hilfe holen kann. Denn wenn die aufdringlichen Täter merken, dass sich das Objekt ihres Wahns zu entziehen versucht, dann endet dies nicht selten mit Todesdrohungen. „Wenn Opfer nur ein wenig Kontrolle über das eigene Leben gewinnen, rasten die Missbrauchenden oft aus", fügt Lewman hinzu.

Der Artikel in Beta Bosten berichtet von ganzen Online-Stalker-Communities, die sich gegenseitig Tipps zuschustern, wie sie am besten Handys anzapfen, um Gespräche mitzuhören oder den Aufenthaltsort von jemanden auszumachen. Andrew Lewman betont jedoch, dass nicht die Technologie selbst der Übeltäter sei, sondern dass wir die Cyber-Gegner mit ihren eigenen Waffen schlagen müssen.

„Technologie ist agnostisch" hält Lewman den Technologieskeptikern entgegen. Und wer sein Netzwerk an Kontakten so managen kann, dass er jeder Zeit für eine Person unsichtbar werden kann, der ist zumindest im Netz letztlich unstalkbar. So kann das virtuelle Fernglas umgedreht werden—und sich schließlich auf die Täter selbst richten.