Sex für Geld: Das ist mit der App Ohlala möglich
„Es geht um Geld für deine Zeit". Bild: Screenshot Ohlala

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Mit der neuen App Ohlala können Frauen sich für alles bezahlen lassen

Sex für Geld? Die Gründerin von pepper.it hat ein neues Projekt, bei dem Berliner Männer Frauen für „bezahlte Dates“ buchen können.

Als Pia Poppenreiter letztes Jahr mit Peppr.it aufmachte, das Lieferando-Prinzip auf Sexarbeit zu übertragen, ließ der Vorwurf der Start-up-Zuhälterei nicht lange auf sich warten. Nachdem die App zur Vermittlung von Prostituierten, mit dem das älteste Gewerbe der Welt von seinem Schmuddelimage befreit werden sollte, aber vorerst floppte, geht die 28-Jährige jetzt mit dem Peppr-Nachfolger Ohlala an den Start.

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Auch bei Ohlala können Männer für ein privates Treffen mit einer fremden Frau zahlen. „Wir sind doch ganz ehrlich: Es geht um Geld für deine Zeit", preist Poppenreiter Frauen jeglichen Backgrounds die digitalisierte Warenwerdung ihres Privatlebens an. Gemeinsam mit Torsten Stüber hat sie nämlich ein neues Startup namens Spreefang gegründet, doch dessen erste App unterscheidet sich auf den ersten Blick höchstens durch die etwas verschämte Sprachregelung von Poppenreiters altem Projekt.

Die Frauen können sich auf diese Inserate mit Profil und Fotos bewerben und anschließend ihre genauen Dienstleistungen irgendwo zwischen Abendessen und Analsex mit dem Kunden abstimmen.

Und so funktioniert Ohlala: Männer, die bereit sind, gut zu zahlen, bieten Frauen in ihrer Nähe Geld für Dates mit Extrawünschen. Die Frauen können sich auf diese Inserate mit Profil und Fotos bewerben und anschließend ihre genauen Dienstleistungen irgendwo zwischen Abendessen und Analsex mit dem Kunden abstimmen. Hat die Frau einen Schalter in der App auf „Jetzt verfügbar" gestellt, kann der Mann die Frau sofort buchen. Wer will schon lange warten, wenn es eilig ist.

Im Unterschied zu peppr.it, das offensiv als Plattform für erotische Dienstleistungen beworben wird (und mittlerweile unter anderer Leitung weitergeführt wird), spricht Ohlala statt von Escort oder Prostitution von „bezahlten Dates"—bei denen der Mann von vornherein den Preis und den Leistungsumfang festlegt. „Wir wollen niemandem einen Stempel aufdrücken", versichert mir Poppenreiter am Telefon.

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Warum sie nun explizit die Entscheidung getroffen habe, nur Frauen buchbar zu machen, möchte ich wissen: „Wenn wir Bedarf sehen und Frauen auch gerne für Dates bezahlen würden, würden wir die App auch für Männer öffnen." Die Inklusion von männlichen Prostituierten bei peppr.it habe aber damals nun mal zu Irritationen unter den Kunden geführt.

„Freie Auswahl des Datingpartners."

Daher fällt die Rollenverteilung bei Ohlala auch eindeutig aus, wenn man der Bildsprache auf der Startup-typischen Website im Hochglanzformat folgt: Angesprochen wird der reiche Macker mit Zigarre und Anzug auf der einen Seite—großbürgerlich über eine Skyline blickend—und die einsame, in einen viel zu großen Kaschmirpulli eingewickelte Schönheit mit Smartphone, der das Angebot unter anderem mit folgenden Vorteilen schmackhaft gemacht wird: „Freie Auswahl des Datingpartners". Das ist doch mal was.

Geld für Sex: Das ist mit der App Ohlala möglich

Peppr, aus dem Poppenreiter mittlerweile ausgestiegen ist, nennt die Dinge etwas deutlicher beim Namen. Doch das Konzept funktionierte zunächst nicht, weil es an der Terminierung scheiterte: „Die Buchung aus Lust heraus ist schwer planbar. Wir brauchten ein On-Demand-Prinzip, bei dem die Treffen rasch stattfinden. Sofort verfügbare Frauen können sich deshalb jetzt aktiv auf ein Angebot bewerben. Männer bezahlen für die Zeit und die abgesprochenen Extrawünsche und beide können sich sofort treffen."

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Wieder mal ein Berliner Startup, das ein Problem dieser Welt mit einem tollen, disruptivem Service gelöst hat—oder?

Denn dass es immer noch zum größten Teil Frauen mit wenig Geld sind, die ihren Körper eben aus wirtschaftlichen Gründen anbieten, dieses Verhältnis wird durch die App Ohlala nicht umgekehrt, sondern schon vorausgesetzt.

„Ich war bei meiner Recherche überrascht, wie viele Menschen sich für Sex bezahlen lassen wollen."

Das sieht Pia Poppenreiter freilich ganz anders: Durch Ohlala würde der Sexarbeiterin die Kontrolle über ihr Geschäft zurückgegeben. Denn nur derjenige, der auch ein Angebot macht, das die Frau annehmen will, sieht ihr Profil. Für beide Seiten ist der Dienst vorerst kostenlos. Die gestärkte Verhandlungsposition der Frauen, auf ein verfügbares Angebot eingehen zu können statt sich zuerst anbieten zu müssen, kann man durchaus als Empowerment von Sexarbeiterinnen sehen.

Auch der Mittelmann, der in Deutschland trotz liberaler Gesetze häufig noch immer zum Nachteil der Sexarbeiterinnen eingesetzt wird, wird hierdurch zumindest bis zur Monetarisierung der App ausgeschaltet. Allerdings scheint sich Ohlala zumeist an Frauen im gehobenen Escortbereich zu richten—ob das Startup die Umstände der Sexarbeit insbesondere im Billig-Bereich verändern kann, bleibt noch sehr fraglich.

„Ich war bei meiner Recherche überrascht, wie viele Menschen sich für Sex bezahlen lassen wollen", erzählt Poppenreiter. „Wir bringen Menschen zusammen, die an bezahlten Dates interessiert sind, geben dabei Menschen ihre Privatsphäre zurück und machen diese Treffen sicherer für alle."

„Sicherer für alle" bedeutet in diesem Fall: Es gibt keine öffentlichen Profile (zumindest bis zum ersten Hack, nicht wahr, AshleyMadison.com?). Letztlich ist auch der Verantwortungsbereich um einiges deregulierter als in einer typischen Bordellsituation: Es gibt keinerlei Sicherheitsvorkehrungen außer einer Meldungsfunktion für schwarze Schafe—und verifiziert werden ausschließlich die Frauen durch einen einmaligen kurzen Kontrollanruf seitens der Firma.

Dass Ohlala, egal von wem die Gebühr nun kommt, letztlich damit Geld verdient, dass Frauen ihren Körper zur Verfügung stellen und ihnen dafür ein niedrigschwelliges Scharnier als Einstiegsangebot (nach dem Motto: Lass dich bequem für alles bezahlen!) entwickelt hat, scheint die Sorglosigkeit des Startup-Solutionism nicht zu stören. Wer nur vermittelt, der gibt die Verantwortung für alles andere schließlich elegant ab.

Wenn Ohlala doch angeblich ganz neutral gleichgesinnte Menschen und ihre Interessen zu „Traumdates" zusammenführt—was ist dann eigentlich mit den Schüchternen, die wenig Geld haben? Darauf hat Brandon Wade, der (nach eigenen Angaben als junger Mensch enorm unbeliebte) CEO des Konkurrenzdienstes WhatsYourPrice.com, eine ebenso erhellende wie eiskalte Antwort: „Liebe ist ein Konzept, das von armen Leuten erfunden wurde."